SRI AUROBINDO
Briefe über den Yoga
Band 3
Die dreifache Umwandlung:
die Seelische – die Spirituelle – die Supramentale
II.
All das ist durchaus in Ordnung. Die Ausübung dieses Yoga hat zwei Seiten – auf der einen Seite ein Anstieg des Bewusstseins zu den höheren Ebenen, auf der anderen ein Herabkommen der Macht der höheren Ebenen in das Erd-Bewusstsein, um die Macht der Finsternis und Unwissenheit auszutreiben und die [menschliche] Natur umzuwandeln.
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Das ganze Bewusstsein des Menschen, der das in der lebenden Materie verkörperte Mental ist, muss aufsteigen, um dem höheren Bewusstsein zu begegnen; das höhere Bewusstsein aber muss in das Mental, das Leben, die Materie herabkommen. Auf diese Weise werden die Schranken beseitigt, und das höhere Bewusstsein kann die ganze niedere Natur ergreifen und durch die Macht des Supramentals umwandeln.
Die Erde ist ein stoffliches Evolutionsfeld. Mental und Leben, Supramental, Sachchidananda sind im Prinzip hier im Erd-Bewusstsein involviert; als erstes aber wurde nur die Materie aufgebaut, dann kam das Leben von der Lebens-Ebene herab und gab dem Lebens-Prinzip in der Materie Form, Ordnung und Aktivität – es brachte Pflanze und Tier hervor; dann kam das Mental von der Mental-Ebene herab, was zur Erschaffung des Menschen führte. Jetzt ist das Supramental im Begriff herabzukommen, um eine supramentale Rasse zu erschaffen.
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Die Sadhana gründet sich auf der Tatsache, dass eine Herabkunft von Kräften von den höheren Ebenen und ein Aufsteigen des niedrigeren Bewusstseins zu den höheren Ebenen die Umwandlung der niederen Natur ermöglichen – natürlich dauert es lange Zeit, und die vollkommene Umwandlung kann nur durch die supramentale Herabkunft kommen.
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Es gibt keine feste Regel in solchen Dingen. Bei vielen kommt die Herabkunft zuerst und dann das Aufsteigen [des Bewusstseins], bei anderen ist es umgekehrt; bei manchen finden die beiden Vorgänge gleichzeitig statt. Wenn man das Bewusstsein über sich festigen kann, umso besser! Ich habe dir erklärt, warum es nicht geschah.
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Ich meine nicht ein bloßes Aufsteigen [des Bewusstseins] nach oben. Dem Aufsteigen nach oben muss die Herabkunft des höheren Bewusstseins in die verschiedenen Teile des Wesens folgen. Das wandelt die äußere Natur, wobei die seelische Entwicklung förderlich wirkt und gleichzeitig selbst gefördert wird.
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Ja. Aufzusteigen ist leichter als etwas herabzubringen. Das höhere Bewusstsein verstrickt sich sowohl im Physischen als auch im Mental und Vital und wird dort behindert.
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Für das physische Bewusstsein ist die Herabkunft das Wichtigste. Ein Teil des Feinstofflichen kann immer aufsteigen, – das äußere physische Bewusstsein kann es aber nur dann, wenn die Kraft von oben herabkommt und es erfüllt. Es erfolgt dann so etwas wie eine Zusammenschließung, die zustandekommt, wenn das höhere und das physische Bewusstsein ein ungeteiltes Bewusstsein geworden sind und ein Aufsteigen von Kräften von unten und eine Herabkunft [von Kräften] von oben stattfindet, die sich gleichzeitig und gegenseitig durchdringen.
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Die Aufwärtsbewegung und das Schweigen sind für die Offenbarung der Wahrheit unerlässlich.
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Das Aufsteigen oder die Aufwärtsbewegung findet dann statt, wenn vom [menschlichen] Wesen ein ausreichendes Streben ausgeht, das heißt von seinen verschiedenen Ebenen, den mentalen, vitalen und physischen. Jede steigt der Reihe nach über das Mental hinaus zu dem Ort auf, wo sie dem Supramental begegnet und dann den Ursprung all ihrer Bewegungen von oben empfangen kann. Das Höhere kommt herab, wenn du eine aufnahmefähige Ruhe in den verschiedenen Ebenen deines Wesens für seinen Empfang vorbereitet hast. Auf jeden Fall – sei es in einem aufwärts gerichteten Streben, um sich zum Höheren zu erheben, oder indem man passiv und offen bleibt, um das Höhere zu empfangen – ist eine völlige Ruhe in den einzelnen Wesensteilen die wahre Voraussetzung.
Wenn du in einem ruhigen Streben oder Willen nicht die erforderliche Kraft findest, aber eine genügend große Bemühung dir hilft, dich zu erheben, kannst du sie als zeitweiliges Hilfsmittel einsetzen, bis ein natürliches Offensein vorhanden ist, in der ein schweigender Ruf oder ein einfacher, müheloser Wille ausreicht, um das Wirken der Höheren Shakti auszulösen.
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In der Sadhana hat während einer bestimmten Zeit alles im adhara die Neigung, sich zu erheben und mit seinem Ursprung oben zu verbinden.
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Der adhara ist das [Gefäß], worin das Bewusstsein gegenwärtig enthalten ist – Mental, Leben, Körper.
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Auf einer höheren Ebene zu leben und von dort die Tätigkeit im Physischen als etwas Getrenntes zu sehen, ist ein entscheidendes Stadium in der Bewegung auf die Umwandlung hin.
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Es ist das Ziel der Sadhana, dass sich das Bewusstsein aus dem Körper erhebe und darüber festige – sich überallhin in Weite ausbreitend, vom Körper nicht begrenzt. Auf diese Weise befreit, öffnet man sich allem, was über diesem Standpunkt ist, über dem gewöhnlichen Mental, empfängt dort alles, was von den Höhen herabkommt, und beobachtet von dort alles, was unten ist. So kann man in voller Freiheit alles betrachten und überwachen, was sich darunter befindet, und ein Empfänger oder Kanal für das sein, was herabkommt und in den Körper drängt, den es vorbereitet, das Instrument einer höheren Manifestation zu werden – umgeformt in ein höheres Bewusstsein und eine höhere Natur.
Was in dir geschieht, ist der Versuch des Bewusstseins, sich in dieser Befreiung zu festigen. Dort auf jenem höheren Standpunkt findet man die Freiheit des Selbstes, das weite Schweigen und die reglose Stille – diese Stille aber muss auch in den Körper herabgebracht werden, in alle niedrigeren Ebenen, und sich dort festigen als etwas im Hintergrund Befindliches, das alle Bewegungen enthält.
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Etwas in dir hat das höhere Bewusstsein wahrgenommen und ist nach dort aufgestiegen – über den Kopf, wo das gewöhnliche Bewusstsein und die höheren Ebenen einander begegnen. Das muss weiterentwickelt werden, bis sich der ganze Ursprung des Bewusstseins dort befindet und alles übrige von dort gelenkt wird – und gleichzeitig eine Befreiung der Seele, damit sie im Mental, Vital und in den physischen Teilen das Wirken von oben unterstützen kann.
Es ist der Atman, das spirituelle Wesen über dem Mental – man erfährt ihn zuerst als Schweigen und Ruhe (die man später als unendlich und ewig erkennt), unberührt durch die Bewegungen des Mentals, Lebens und Körpers. Das höhere Bewusstsein lebt immer in Fühlungnahme mit dem Selbst – das niedrigere ist davon durch die Tätigkeiten der Unwissenheit getrennt.
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Wenn sich dein Bewusstsein über den Kopf erhebt, bedeutet dies, dass es sich vom gewöhnlichen Mental in das Zentrum darüber verlagert, welches das höhere Bewusstsein empfängt, oder aber zu den aufsteigenden Ebenen des höheren Bewusstseins selbst. Das erste Ergebnis ist das Schweigen und der Friede des Selbstes, die Grundlage des höheren Bewusstseins; sie können später in die niedrigeren Ebenen herabkommen, in den eigentlichen Körper. Auch Licht kann herabkommen und Kraft. Der Nabel und die Zentren darunter sind vitale und physische Zentren; etwas von der höheren Kraft muss nach dort herabgekommen sein.
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Und wie soll sich die äußere Natur in die höhere Prakriti erheben, bevor du das Selbst verwirklicht hast? Die höhere Natur ist die des höheren Bewusstseins, dessen wichtigste Grundlage der Friede und die Weite und die Verwirklichung des Selbstes ist, des Einen, das alles ist.
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Es gibt zwei Bewegungen – die eine ist ein Aufsteigen des niedrigeren Bewusstseins, um dem höheren zu begegnen, die andere ist eine Herabkunft des höheren Bewusstseins in das niedrigere. Deine erste Erfahrung war ein Emporschießen des niedrigeren Bewusstseins aus allen [Wesens-] Teilen, das deshalb so stark war, um das Lid des inneren Mentals zu sprengen – das war das Bersten des Schädels –, und um die Vereinigung der beiden Bewusstseinsarten oben zu ermöglichen. Das Ergebnis war eine Herabkunft Das erste, was vom höheren Bewusstsein herabkommt, ist gewöhnlich sein tiefer und vollkommener Friede; das zweite ist das Licht, hier das weiße Licht der Mutter. Wenn das höhere Bewusstsein herabkommt oder intensiv gefühlt wird, erfolgt meist ein Sich-Öffnen des begrenzten persönlichen Wesens für das kosmische Bewusstsein – man fühlt ein weites und unendliches Sein, allein bestehend, die Identifizierung mit dem Körper, ja sogar das Körpergefühl geht verloren, und das begrenzte persönliche Bewusstsein löst sich auf im kosmischen Dasein. All das hast du zuerst auf die unpersönliche Weise erfahren; nachdem aber das seelische Feuer brannte, fühltest du die Persönliche Weite, das kosmische Bewusstsein der Göttlichen Mutter und empfingst ihren Segen.
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Das ist sehr gut so. Die Ideen und Gefühle, die aus dem Inneren aufsteigen, waren die der neugeborenen seelischen Natur.
Deine Empfindung vom Nachmittag, dass das Denken aufhört, sowie das Gefühl, dass sich etwas in deinem Inneren über den Kopf hinaus erhebt, gehört zur Bewegung der Sadhana. Es gibt ein höheres Bewusstsein über dir, nicht im Körper, sondern über dem Kopf, das wir das höhere, spirituelle oder göttliche Bewusstsein oder das Bewusstsein der Mutter nennen. Wenn sich das Wesen öffnet, beginnt alles in dir, das Mental (Kopf), das emotionale Wesen (Herz), das Vital, sogar ein Teil des physischen Bewusstseins, aufzusteigen, um sich mit diesem größeren, höheren Bewusstsein zu verbinden. Wenn man mit geschlossenen Augen dasitzt und meditiert, hat man das Gefühl des Aufsteigens, wie du es beschreibst. Es wird das Aufsteigen des niederen Bewusstseins genannt. Später beginnen die Dinge von oben herabzukommen, Friede, Freude, Licht, Stärke, Wissen usw., und eine große Veränderung in der [menschlichen] Natur nimmt ihren Anfang. Es ist das, was wir die Herabkunft des höheren Bewusstseins (dem der Mutter) nennen.
Das Unbehagen, das du empfandest, entstand aufgrund des ungewohnten Charakters der Bewegung. Es ist ohne Bedeutung und verschwindet schnell.
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Die von dir beschriebenen Erfahrungen stehen miteinander in Zusammenhang und sind sehr leicht zu erklären. Die erste zeigt, dass ein Teil deines Mentals offen war, wodurch du, unterstützt von einem öffnen in der Seele, in der Lage warst, in die Regionen darüber aufzusteigen – die Bereiche des befreiten spirituellen Mentals mit dem unendlichen Pfad des Spirits, der zur höchsten Verwirklichung führt. Aber die übrige Natur war nicht dazu bereit. Dich angestrengt darum zu bemühen, die Erfahrung wiederzuerlangen, war in diesem Augenblick nicht die richtige Sache; du hättest nach Läuterung und Vorbereitung der Natur streben sollen, dem andauernden seelischen Sich-Öffnen und dass das höhere spirituelle Sich-Öffnen über dir wachse bis die vollkommene Befreiung des Wesens möglich wäre. Die Gewalt des Wirkens der Kräfte wurde durch den Widerstand ausgelöst, das Durchtrennen der Knoten im Kopf und in verschiedenen Teilen der Natur durch ihr [der Kräfte] Wirken auf die Befreiung hin. Die „Elektrizität“, die die Wirbelsäule durchlief, war der Durchgang der [Göttlichen] Kraft, die sich ihren Weg hinab durch die Zentren bahnte. Offensichtlich ist es die dunkle, widerstrebende Kraft des Vitals, der Begierden-Natur, die sich erhebt und alles bis hinauf zum Herzen umwölkt. Auf der anderen Seite ist das Herabströmen und die Befreiung, die es auslöst, ein Zeichen dafür, dass das Sich-Öffnen darüber noch besteht; denn das Schweigen und die Ruhe der [menschlichen] Natur sind eine Berührung von oben und für die Läuterung und Befreiung äußerst notwendig. Was fehlt, ist das volle Sich-Öffnen des seelischen Wesens hinter dem Herzen – denn hierdurch könnte das Herz von der dunklen Kraft befreit und eine Läuterung der übrigen Natur durch ein ruhiges und stetiges Wirken eher ermöglicht werden als durch ein ungestümes, das von chaotischer Tätigkeit und chaotischem Kampf begleitet wird. Wenn ein Sich-Öffnen im spirituellen Mental stattfindet ohne eine ausreichende seelische Wandlung, stellen sich dieses ungestüme Wirken der Kraft und dieser Widerstand ein; wenn sich die Seele öffnet, wirkt sie auf die ganze Natur ein, auf Mental, Vital und das Physische, lenkt sie von innen, damit sie sich umwandeln und für das volle spirituelle Sichöffnen und spirituelle Bewusstsein bereit werden. Hingabe und eine immer vollständigere innere Weihung sind der beste Weg, um die Seele zu öffnen.
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Das ist gut – das Erwachen des seelischen Bewusstseins und seine Kontrolle über das übrige [Bewusstsein] ist eines der unerlässlichsten Elemente der Sadhana.
Es ist das, was wir das höhere oder spirituelle Bewusstsein nennen – es enthält oder stützt all die höheren Ebenen, die höheren Welten. Wenn du beginnst, es immer über dir zu fühlen, bedeutet das einen großen Schritt vorwärts in der Sadhana; dann kann sich das Bewusstsein nach dort erheben und alles, was im Mental, Vital und Körper stattfindet, von dort aus sehen, unterscheiden und kontrollieren. Es ist, wie du siehst, der Treffpunkt der aufsteigenden und herabkommenden Kräfte.
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Was du über dir siehst, ist natürlich das wahre oder höhere Bewusstsein, das Bewusstsein der Mutter, in welchem man die ganze Welt als eins sieht, ein weites, unbehindertes Bewusstsein voller Freiheit, Frieden und Licht – es ist das, was wir als höheres oder göttliches Bewusstsein bezeichnen. Selbst wenn es kommt und geht, zeigt seine Auswirkung auf das Herz, dass durch die Seele dennoch eine Verbindung damit hergestellt wurde – denn die Seele ist hinter dem Herzen. Dorthin, über den Kopf, muss das Bewusstsein aufsteigen und dort muss es bleiben; dann kommt es auch in den Kopf und das Herz und das niedere Vital und Physische herab und bringt dorthin seine Weite, sein Licht, seinen Frieden, seine Freiheit.
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Deine Empfindung war durchaus keine Einbildung, sondern die übliche Erfahrung, die man hat, wenn sich das Bewusstsein aus dem Körper erhebt und sich über dem Kopf festigt. Dann ist man nicht länger durch das physische Bewusstsein oder das Körpergefühl gebunden – der Körper wird lediglich zu einem Instrument, einem kleinen Teil des Bewusstseins, der vervollkommnet werden muss. Man tritt in ein größeres, freies, spirituelles Bewusstsein ein, das an die Stelle des gegenwärtigen gebundenen und begrenzten physischen Bewusstseins tritt. Wenn dieses Sich-Erheben aus dem Körper bis zu seinem Andauern wiederholt werden kann, wird das ein wichtiger Markstein in deinem Fortschreiten sein. Es ist die Beschränkung im physischen Bewusstsein, die dich (und jeden anderen) kleinlich, selbstsüchtig und elend macht. Bislang ist das höhere Bewusstsein mit seinem Frieden usw. nur mit großer Schwierigkeit und unter Ausfechtung des vitalen und physischen Widerstandes in dich herabgekommen. Wenn diese Befreiung nach oben in das höhere Bewusstsein aufrechterhalten werden kann, wird es diese Schwierigkeit nicht länger geben. Viel wird noch zu tun übrigbleiben, aber die Grundlage ist geschaffen worden.
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Das Bewusstsein ist meist im Körper eingeschlossen, zentralisiert in den Gehirn-, Herz- und Nabel-Zentren (mental, emotional, nervlich); wenn du fühlst, wie es ganz oder teilweise aufsteigt und sich über dem Kopf festigt, dann ist das die Befreiung des eingekerkerten Bewusstseins von der Fessel des Körpers. Es ist das Mental in dir, das nach dort aufsteigt und mit etwas Höherem als dem gewöhnlichen Mental in Berührung kommt und von dort den höheren mentalen Willen zur Umwandlung auf das übrige [die übrigen Wesensteile] richtet. Das Zittern und die Hitze rühren von einem Widerstand her, einer fehlenden Gewöhnung des Körpers und Vitals an diesen Anspruch und diese Befreiung. Wenn sich das mentale Bewusstsein auf diese Weise dauernd oder nach Wunsch über einem festigen kann, wird diese erste Befreiung vollendet sein (siddha). Von dort kann sich das mentale Wesen frei den höheren Ebenen oder dem kosmischen Dasein und seinen Kräften öffnen und kann auch mit größerer Freiheit und Macht auf die niedere Natur einwirken.
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Manchmal fühlt man ein Ansteigen [des Bewusstseins] über den Kopf hinaus. Ich glaube, dass es das bei ihm war, das heißt, dass das Mental sich in die höheren mentalen Ebenen erhob (wenn es nicht ganz einfach ein Verlassen des Körpers ist). Um bewusstseinsmäßig über dem Mental zu sein, muss man erst das Selbst über dem Mental verwirklichen und dort leben.
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Das Befreitsein von Sorgen, die Leichte von Mental und Körper sind sehr gute Ergebnisse. Sie sind meist nicht sofort von Dauer – es genügt, wenn sie häufig oder allgemein vorhanden sind.
Das Gefühl, dass Brust und Kopf sich erheben, gehört dem feinstofflichen Körper an – es bedeutet, dass das Mental- und das Herz-Bewusstsein (das denkende Mental und das Emotional) aufsteigen, um der Ebene des spirituellen Bewusstseins über dem Kopf zu begegnen.
Der Ton ist ein Zeichen, dass sich das Bewusstsein öffnet und die innere Kraft wirkt. Solche feinen Töne werden sehr häufig von Menschen wahrgenommen, die den Yoga ausüben.
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Wenn das Bewusstsein über einem zentriert ist, kann man sagen, dass es dort seinen Standort hat. Das heißt nicht, dass in den niederen Teilen des Wesens kein Bewusstsein mehr übriggeblieben sei.
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Man kann Einflüsse von oben empfangen, solange aber das Mental nicht voll ist von höherer Ruhe, Frieden, Stille, kann man keinen direkten Kontakt haben. Diese Einflüsse werden vermindert, mentalisiert, vitalisiert und sind nicht die Mächte der höheren Ebenen in ihrem ursprünglichen Charakter. Ebensowenig genügt es, über die verborgenen Kräfte aller Bewusstseinsebenen die Kontrolle zu erlangen – was vielleicht das ist, was er unter Okkultismus versteht.
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Die höheren Ebenen sind nicht Ebenen, auf denen man auf natürliche Weise bewusst ist, und er ist nicht einmal für ihren direkten Einfluss offen – lediglich für einen indirekten Einfluss von jenen Ebenen, die dem menschlichen Mental am nächsten sind. Er kann sie nur in einem tiefen inneren Zustand oder einer Trance erreichen und je höher er aufsteigt, desto weniger einfach ist es für ihn, sich ihrer, selbst in der Trance, bewusst zu werden. Wenn du dir deines inneren Wesens nicht bewusst bist, ist es umso schwieriger, in der Trance bewusst zu sein.
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Eine indirekte Verbindung mit dem Göttlichen besteht, wenn man im gewöhnlichen Bewusstsein lebt, ohne sich darüber erheben zu können, und wenn man Einflüsse von oben empfängt, ohne zu wissen, woher sie kommen, oder ihren Ursprung zu fühlen.
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Erkennst du das höhere Wesen in deinem [Bewusstseins-] Aufstieg als weit und unendlich? Fühlst du, wenn du dort bist, wie es sich in der Unendlichkeit ausbreitet? Fühlst du das ganze Universum in dir und dich selbst eins mit dem Selbst aller Wesen? Fühlst du, wie die eine kosmische Kraft überall wirkt? Fühlst du, dass dein Mental eins ist mit dem kosmischen Mental? Dein Leben eins mit dem kosmischen Leben? Deine Substanz eins mit der kosmischen Substanz? Ein gesondertes Ego eine Unwirklichkeit? Dass der Körper nicht länger eine Beschränkung ist? Was nützt es, bloß zu sagen, dass das höhere Wesen weit und unendlich ist? Finden diese Verwirklichungen statt, wenn du dich im höheren Wesen befindest, und wenn nicht, warum nicht? Das innere Wesen öffnet sich ohne weiteres diesen Verwirklichungen, das äußere dagegen nicht? Solange du dir deines inneren Wesens nicht bewusst wirst, vermittelt das bloße Aufsteigen [des Bewusstseins] lediglich Höhe oder ein undeutliches Gefühl von anderen Ebenen, nicht aber diese konkreten Verwirklichungen.
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Ich meinte, dass es (das innere Bewusstsein) dort gefestigt sei, selbst wenn es verdeckt ist. Wenn es einmal dort ist, wird die Herabkunft der Kraft usw. anhaltender oder zumindest häufiger. Mit den Schwierigkeiten der äußeren Natur muss man sich noch auseinandersetzen, aber mit diesem inneren Bewusstsein als Grundlage kann es sicherer und wirksamer geschehen.
Es gibt zwei verschiedene Dinge. Eines davon ist, dass das Bewusstsein tatsächlich den Körper verlässt – das aber bringt tiefen Schlaf oder eine Trance mit sich. Das andere ist, dass sich das Bewusstsein aus dem Körper erhebt und seinen Standort einnimmt – darüber und ausgebreitet in der Weite. Das kann ein Wachzustand des Yogi sein – er fühlt sich nicht im Körper, aber er fühlt den Körper in seinem weiten, freien Selbst, er ist von der Begrenzung im Körperbewusstsein befreit.
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Deinem Bericht nach haben scheinbar zwei verschiedene Erfahrungen gleichzeitig stattgefunden.
1. Das Bewusstsein hat den Körper verlassen. Ein Teil des Bewusstseins – mental, vital oder feinstofflich oder alles zusammen – erhebt sich aus dem Körper und lässt ihn in einem stark verinnerlichten Zustand zurück – im Schlaf oder in der Trance; es kann für sich allein auf anderen Ebenen oder innerhalb und außerhalb des Zimmers auf der Erdebene umherwandern. Dann kann der Körper gesehen werden, wie er unten oder im Zimmer liegt – so deutlich, wie man ein gesondertes Objekt mit physischen Augen sieht. Bei einem solchen Verlassen des Körpers kann Furcht aufkommen, so wie bei dir, wodurch das Bewusstsein ruckartig in den Körper zurückkehrt.
2. Ein Aufsteigen des Bewusstseins zu einem Ort, der sich nicht mehr im Körper befindet, sondern darüber. Das Bewusstsein kann auf diese Weise aufsteigen, sich höher und höher erheben und dabei wahrnehmen, dass es Regionen betritt, die über dem gewöhnlichen Mental liegen; im allgemeinen kommt es zunächst nicht sehr weit, erwirbt aber die Fähigkeit, sich in Wiederholungen dieser Erfahrung immer höher zu erheben. Am Ende der Erfahrung kehrt es in den Körper zurück. Es kommt aber auch zu einem endgültigen Aufsteigen, bei dem das Bewusstsein seinen Standort dauernd oben einnimmt. Es ist nicht länger im Körper oder wird durch ihn beschränkt; es fühlt sich nicht nur als über ihm befindlich, sondern in den Raum ausgedehnt – der Körper ist unterhalb seines hohen Standorts und ist in sein erweitertes Bewusstsein eingehüllt. Manchmal wird die Ausdehnung tatsächlich nur oben auf der höheren Ebene gefühlt, und die einhüllende Ausdehnung darunter kommt erst als spätere Erfahrung. Sie muss aber von endgültiger Art sein; es ist nicht nur eine Erfahrung, sondern eine Verwirklichung, eine dauerhafte Wandlung. Das bringt eine Befreiung von der Identifizierung mit dem Körper mit sich, der lediglich zu einem Begleitumstand in der Weite des Wesens wird, sein instrumentaler Teil; oder er wird als etwas sehr Geringes oder gar als etwas Nicht-Vorhandenes empfunden, und kein anderes Gefühl scheint zu bestehen als ein weites, praktisch unendliches Bewusstsein, das man selbst ist – oder wenn nicht gleich unendlich, dann doch das, was man jetzt ein grenzenloses Endliches nennt.
Dieses neue Bewusstsein ist offen für alles Wissen von oben, aber es denkt nicht mit dem Gehirn, wie das gewöhnliche Mental es tut – es hat andere und größere Mittel der Wahrnehmung als das Denken. Ein systematisches Sich-Öffnen der Zentren ist nicht notwendig – tatsächlich sind die Zentren [bereits] offen, sonst wäre dieser Aufstieg nicht möglich. In diesem Yoga öffnen sie sich automatisch – was wir unter „Sich-Öffnen“ verstehen ist nicht dies, sondern eine Fähigkeit des Bewusstseins, auf den verschiedenen Ebenen das Höhere Bewusstsein bei seiner Herabkunft zu empfangen. Durch den Aufstieg kann man tatsächlich Wissen von oben herabbringen. Die größere Bewegung jedoch ist, es [das Höhere Bewusstsein] von oben zu empfangen und in das niedere Mental und die anderen Ebenen einfließen zu lassen. Ich möchte hinzufügen, dass sich auf all diesen Ebenen, in Mental, Herz und darunter, eine Befreiung von der physischen Begrenzung einstellt, eine Weite, die eine Identifizierung mit dem Körper nicht länger zulässt.
In dieser Erfahrung gibt es im allgemeinen nicht die Furcht, die du empfandest, außer im Körperbewusstsein, das gleichsam durch die Ungewohntheit der Bewegung erschreckt wird und fürchtet, im Stich gelassen oder abgeworfen zu werden. Das aber kommt selten vor und wiederholt sich meist nicht. Es ist daher wahrscheinlich, dass es sich gleichzeitig um ein Verlassen des Körpers handelte. Du sprichst von deiner Fähigkeit, nach Belieben den Körper verlassen und wieder in ihn zurückkehren zu können; aber diese Fähigkeit ist nur für das Phänomen der Exteriorisierung kennzeichnend – beim Aufstieg des Bewusstseins werden Aufsteigen und Herabkommen zu einfachen und gewöhnlichen Vorgängen, und in der endgültigen Verwirklichung eines höheren: Standortes oben gibt es tatsächlich kein Zurückkommen mehr, außer mit einem Teil des Bewusstseins, der herabkommen kann, um im Körper oder auf den niederen Ebenen zu wirken, während das Wesen, das immerfort oben verankert ist, alles lenkt, was erfahren und getan wird.
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Es gibt verschiedene Stadien der Erfahrung, bei denen man den Ausdruck „aus dem Körper herausgehoben“ anwenden könnte. Bei einem von ihnen erhebt man sich aus den Zentren des Körpers zu einem Bewusstseins-Zentrum, das sich über dem physischen Kopf ausdehnt, und nimmt dort seinen Standort ein, wo man vom Gefühl des Körpers und seiner schweren Herrschaft befreit ist – was sicher von einem allgemeinen Gefühl des Leichterwerdens begleitet wird. Man kann dann mit dem höheren Bewusstsein und seiner Macht und seinem Wirken in direktem Kontakt sein. Ob es das ist, was geschah, geht aus der Beschreibung nicht klar hervor. Nochmals, es gibt Erscheinungsformen des Atmens, welche die Stadien der Befreiung oder des Aufsteigens begleiten. Aber hier bedeutet Atem vielleicht ganz allgemein das Lebensprinzip.
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Es ist eine sehr allgemeine Erfahrung. Sie bedeutet, dass du einen Augenblick lang nicht mehr in deinem Körper warst, sondern irgendwie entweder oberhalb beziehungsweise außerhalb des Körperbewusstseins. Das geschieht manchmal, wenn das vitale Wesen über den Kopf aufsteigt oder, was seltener ist, indem es sich aus der physischen Verhaftung in seine eigene Hülle (die Teil des feinstofflichen Körpers ist) projiziert. Es kann aber auch durch eine plötzliche, wenn auch nur vorübergehende Befreiung von der Identifizierung mit dem Körperbewusstsein kommen – und diese Befreiung kann sich wiederholen und immer länger anhalten oder überhaupt andauern. Der Körper wird als etwas Gesondertes empfunden oder als ein geringfügiger Begleitumstand im Bewusstsein oder als etwas, das man mit sich herumträgt usw. usw. – die jeweilige Erfahrung ist verschieden. Viele Sadhaks hier hatten sie. Wenn man daran gewohnt ist, kommt sie einem nicht mehr seltsam vor.
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Es sind die feinstofflichen Teile des Physischen, die aufsteigen. Auch das äußere Bewusstsein kann sich erheben, dann aber findet eine vollkommene Trance statt. In dieser Sadhana hingegen nützt einem die vollkommene Trance nicht viel.
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Wenn alles nach oben aufsteigen würde, gäbe es kein Dasein im Körper. Ein gewisses Bewusstsein ist immer vorhanden und damit etwas vom Selbst, das den Körper stützt.
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Nein, der Körper selbst kann nicht aufsteigen – wie sollte er? Der Körper hat die Aufgabe, das Bewusstsein mit der physischen Welt zu verbinden.
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Wenn einmal das Wesen oder seine verschiedenen Teile zu den höheren Ebenen aufzusteigen beginnen, ist jeder Teil des Wesens dazu in der Lage, ob er sich im Vordergrund befindet oder nicht. Von der Vorstellung, dass man nicht zurückkommen könne, muss man sich befreien. Man kann die Erfahrung des nirvana am höchsten Punkt des Mentals haben oder irgendwo auf jenen Ebenen, die gegenwärtig für das Mental überbewusst sind; das Mental, das durch den Aufstieg in das Selbst spiritualisiert ist, hat das Gefühl der laya, der Auflösung seiner selbst, seiner Gedanken, Bewegungen, samskaras, in ein überbewusstes Schweigen, eine überbewusste Unendlichkeit, die zu erkennen es unfähig ist – das Nicht-Erkennbare. Dies aber würde nur dann eine Art nirvana mit sich bringen oder dazu führen, wenn man sich nirvana zum Ziel gesetzt hat, wenn man mit dem Mental verhaftet ist und seine Auflösung in das Unendliche als die eigene Auflösung akzeptiert, oder wenn man nicht die Fähigkeit hat, die Erfahrung auf einer höheren als der mentalen Ebene neu zu gestalten. Andernfalls wird das, was überbewusst war, bewusst, man beginnt, sich die, Dynamik der höheren Ebenen anzueignen oder aber ihr Instrument zu sein, und die Bewegung, die stattfindet, ist nicht die der Befreiung in das nirvana, sondern die der Befreiung und Umwandlung. Man kann immer zurückkehren, wie hoch man auch aufsteigt, es sei denn, man will es nicht.
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Dies sind die üblichen, normalen Erfahrungen der Sadhana, wenn ein Sich-Öffnen von oben stattfindet – der Kontakt mit dem Frieden des Brahman, des Selbstes oder Göttlichen und der Kontakt mit der höheren Macht, der Macht der Mutter. Er erkennt sie nicht, was ganz natürlich ist; seine Empfindung aber ist sehr richtig und seine Beschreibung ganz genau. „Wie schön, ruhig und still alles erscheint, wie Wasser, in dem sich nicht die kleinste Welle regt. Es ist aber nicht das Nichtsein. Ich fühle in der Meditation eine [Göttliche] Gegenwart, die von Leben durchdrungen ist, doch vollkommen schweigend und ruhig“ – es kann kaum eine bessere Beschreibung dieser Erfahrung geben, der Erfahrung des Göttlichen Friedens und Schweigens oder des Göttlichen selbst in seinem eigenen, essentiellen Frieden und Schweigen. Auch was er über die Kraft empfindet, ist durchaus richtig, „etwas von oberhalb der manifestierten Schöpfung (Mental-Materie), eine Kraft im Hintergrund, die sich deutlich von dem unterscheidet, was die Emotionen, wie Ärger und Lust, aufsteigen lässt, die allmählich alle geläutert und umgewandelt werden“, in anderen Worten, die Göttliche oder Spirituelle Kraft, die sich von der kosmisch-vitalen [Kraft] unterscheidet, welche das gewöhnliche, verkörperte Bewusstsein stützt; auch das ist durchaus klar. Ich vermute dass es zunächst nur ein Kontakt ist, aber ein sehr echter und lebendiger Kontakt, wenn er ein so lebendiges und echtes Gefühl entstehen lässt. Es sieht so aus, als hätte er einen sehr guten Start.
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Die in deinem Brief beschriebene Erfahrung ist ein flüchtiger Einblick in die Verwirklichung des Selbstes, das vom Körper unabhängig ist. Wenn sie sich festigt, so bedeutet das die Befreiung (mukti). Nicht nur der Körper, sondern auch das Vital und Mental werden als bloße Instrumente empfunden, das eigene Selbst dagegen als ruhig, selbst-bestehend und frei, weit oder unendlich. Für das seelische Wesen ist es dann möglich, in dieser Freiheit die volle Umwandlung der Natur auszulösen. All deine früheren Erfahrungen waren eine Vorbereitung hierfür, doch mischte sich das physische Bewusstsein ein. Nun, da du einen flüchtigen Eindruck von dem vom Körper getrennten Selbst hattest, kann diese physische Schwierigkeit bald überwunden werden.
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In der ersten Verwirklichung des Schweigens im höheren Bewusstsein gibt es keine Zeit – es gibt nur ein Gefühl des reinen Daseins, Bewusstseins, Friedens oder eines starken, eigenschaftslosen Anandas. Alles andere ist eine unbedeutendere Bewegung an der Oberfläche dieses zeitlosen Selbst-Bestehens. Dieses und das Gefühl der Befreiung, das damit verbunden ist, sind auf die Ruhe des Mentals zurückzuführen. Auf einer höheren Ebene bleiben dieser Friede und diese Befreiung erhalten, können aber mit einer größeren und freien dynamischen Bewegung vereint werden.
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Im Selbst oder reinen Dasein gibt es weder Zeit noch Raum – außer spirituellen Raum oder Weite.
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Ja, im Schweigen des Selbstes gibt es keine Zeit – es ist akāla.
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Deine Erfahrung, dass etwas wie ein Pfeil den Kopf verließ, weist vermutlich darauf hin, dass etwas das mentale Bewusstsein verläßt und sich auf ein bestimmtes Ziel oder einen Gegenstand zubewegt. Manchmal ist es ein Teil des Mental-Bewusstseins selbst, das sich auf diese Weise entweder aufwärts zu einer höheren Ebene oder irgendwohin in der Welt um uns bewegt – und später zurückkehrt. Manchmal ist es eine Gedanken-Kraft oder eine Willens-Kraft. Es gehen immer Kräfte von uns aus, sogar ohne unser Wissen, und häufig haben sie dort [wo sie hingehen] eine Auswirkung. Wenn wir an eine Person oder einen Ort denken und an Dinge, die sich dort ereignen, kann auf diese Weise zu jener Person oder jenen Ort etwas ausgehen. Wenn wir einen Willen haben oder einen starken mentalen Wunsch, dass sich etwas Bestimmtes ereignen soll, kann eine Willenskraft heraustreten und versuchen, das geschehen zu lassen. Es können aber auch Kräfte vom inneren Mental ausgehen ohne jede bewusste Veranlassung an der Oberfläche.
Bei der Vision des Yogi kann es sich um ein bestimmtes Wesen der höheren Ebenen gehandelt haben oder um eine Erscheinungsform Sivas. Die Lotosse zeigen ein voll entwickeltes Bewusstsein an den jeweiligen Stellen an.
Dein Wunsch hinsichtlich des Selbstgebens, frei von Forderung, wird sich mit Sicherheit erfüllen, wenn das volle Sich-Öffnen der Seele eingetreten ist.
Die Haltung, die du schließlich gegenüber den Ereignissen des heutigen Tages eingenommen hast, ist in Ordnung – es ist immer die richtige Einstellung, sich um die eigene Vollkommenheit zu bemühen und sich durch keinen Fehler in anderen stören zu lassen, vielmehr mit einem schweigenden Willen zu reagieren, der ihrer Vervollkommnung dient.
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Die Erfahrung der großen Ausbreitung von goldenem Licht auf einem Berggipfel fand deshalb statt, weil ich sie aufgefordert hatte, nach den höheren Erfahrungen des Bewusstseins über uns zu streben. Das symbolische Bild des Berges mit dem Licht auf seinem Gipfel erscheint den meisten Sadhaks, die überhaupt die Fähigkeit der inneren Schau besitzen. Der Berg bedeutet das Bewusstseins, das von der Erde (dem Physischen) durch die aufeinanderfolgenden Höhen (Vital, Mental, Über-Mental) zum spirituellen Himmel aufsteigt. Das goldene Licht ist immer das Licht der höheren Wahrheit (Supramental, Obermental oder, ein wenig tiefer, die reine Intuition) und zeigt sich als eine große, leuchtende Ausdehnung auf den Gipfeln des Wesens. X, indem er sich auf das Licht konzentrierte, trat in Kontakt mit den höheren Bereichen, und das hat immer diese Auswirkungen: Friede, Freude, Stärke, ein Bewusstsein, das sich sicher in der Macht des Göttlichen weiß. Natürlich hat die Seele diesen Kontakt in ihr bewirkt, aber an sich ist es eher eine Erfahrung des höheren spirituellen Bewusstseins über dem Mental als eine seelische Erfahrung.
Die Art der Meditation ist von dem Wesensteil abhängig, in welchem man zu der betreffenden Zeit zentriert ist. Im Körper (eher im feinstofflichen Körper als im Physischen, doch verbunden mit den entsprechenden Teilen im grob-physischen Körper) gibt es Zentren, die mit jeder Ebene des Wesens korrespondieren. Es gibt ein Zentrum am Scheitelpunkt des Kopfes und darüber, das des Über-Mentals oder höheren Bewusstseins; ein Zentrum in der Stirn zwischen den Augenbrauen, welches das des denkenden Mentals, des mentalen Willens, der mentalen Schau ist; ein Zentrum im Hals, welches das des sich ausdrückenden oder nach außen gewandten Mentals ist: dies sind die mentalen Zentren. Darunter liegt das Vital – das Herz (Emotional), der Nabel (das dynamische Lebens-Zentrum), ein weiteres unterhalb des Nabels im Unterleib, welches das niedere oder sinnliche Vital-Zentrum ist. Zuletzt, am Grunde der Wirbelsäule, folgt das muladhara oder physische Zentrum. Hinter dem Herzen ist das seelische Zentrum. Wenn man sich im Kopf konzentriert, wie es viele tun, sucht man eine mental-spirituelle Meditation, im Herzen ist es eine seelische Meditation; dies sind die üblichen Orte der Konzentration. Was sich aber zuerst erhebt oder zuerst öffnet, braucht nicht das Mental oder die Seele zu sein, es kann ebenso das Emotional oder Vital sein; das hängt von der betreffenden Natur ab – denn was immer sich am leichtesten in ihr öffnet, öffnet sich voraussichtlich zuerst. Wenn es das Vital ist, entsteht in der Meditation die Neigung, das Bewusstsein auf die Vital-Ebene mit ihren Erfahrungen zu projizieren. Doch von dort können wir zur Seele gelangen, indem wir uns mehr und mehr nach innen wenden, uns nicht von den vitalen Erfahrungen absorbieren lassen, vielmehr uns davon loslösen und sie mit Distanz betrachten, so als wäre man tief im Inneren und würde Dinge außerhalb von einem betrachten. Auf ähnliche Weise kann man mentale Erfahrungen erlangen, indem man sich auf das Denken konzentriert und dadurch eine entsprechende Erfahrung herbeiführt, zum Beispiel auf den Gedanken, dass alles Brahman sei; oder man kann sich auch vom Denken zurückziehen und seine eigenen Gedanken als etwas Äußeres beobachten, bis man in das Schweigen und die reine spirituelle Erfahrung eintritt.
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Das Leuchten über dem Kopf, wie es in diesem Yoga im allgemeinen gesehen wird, ist das Licht der Göttlichen Wahrheit. Der Göttliche Friede, die Kraft, das Licht, das Wissen, der Ananda in ihrer Vollkommenheit befinden sich über dem Kopf. Sie beginnen in den Körper herabzukommen, wenn das persönliche Bewusstsein hinreichend vorbereitet ist. Die Vorbereitung ist meist voller Schwankungen, so wie diese, man muss aber geduldig ausharren, sich mehr und mehr öffnen, bis es [das Bewusstsein] bereit ist.
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Wenn man immer im höheren Bewusstsein bleiben kann, umso besser. Warum aber bleibt man nicht immer dort? Weil das niedrigere [Bewusstsein] noch immer ein Teil der Natur ist und dich zu sich herunterzieht. Wenn hingegen das niedere umgewandelt ist, verschmilzt es mit dem höheren, und es gibt nichts Niederes mehr, das herabziehen könnte.
Umwandlung bedeutet, dass das höhere Bewusstsein oder die höhere Natur in das Mental, Vital und den Körper herabgebracht wird und den Platz des niedrigeren [Bewusstseins] einnimmt. Es gibt ein höheres Bewusstsein des wahren Selbstes, welches spirituell ist, es ist aber über uns; wenn man in dieses aufsteigt, ist man frei, solange man dort verweilt; wenn man aber in das Mental, Vital oder den Körper herabkommt oder sie gebraucht, und wenn man irgendeine Verbindung mit dem Leben aufrechterhält, ist folgendes zu tun: Man kommt entweder herab und handelt vom gewöhnlichen Bewusstsein aus, oder man verweilt im Selbst, gebraucht aber Mental, Leben und Körper – in diesem Fall muss man den Unvollkommenheiten dieser Instrumente entgegentreten und sie verbessern – dies kann nur durch die Umwandlung geschehen.
Du sagst, dass du ein wenig nach oben in das höhere Bewusstsein aufsteigst, aber wohin steigst du auf? über das Vital in das ruhige Mental oder über das Mental als solches in etwas immer Ruhiges und Reines und Freies?
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Nein. In meiner Frage war kein Sarkasmus enthalten. Du hattest geschrieben, dass man von der Schwierigkeit befreit sei, wenn man sich ein wenig über das gewöhnliche Bewusstsein erhebt, und dass man es so empfinden würde. Ich hatte dich dahingehend verstanden, dass dies deine eigene Erfahrung sei. Daher stellte ich die Frage – weil die Erfahrung des ruhigen Mentals durch das Unbehagen des Vitals oder die Trägheit des physischen Wesens leicht unterbrochen werden kann. Die Erfahrung der tieferen Freiheit und Ruhe des Selbstes bleibt bestehen, kann aber durch das niedere Bewusstsein verdeckt werden.
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Man kann im höheren Bewusstsein weilen und sich dennoch mit der Wandlung der niederen Natur assoziieren. Kein Zweifel, es ist die Kraft der Mutter, die das Notwendige tun wird, aber die Zustimmung des Sadhaks, die Verbindung seines Willens mit ihrem Wirken oder zumindest seine Betrachter-Haltung ist ebenso notwendig.
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Du hattest die Neigung, aufzusteigen und es dem höheren Bewusstsein zu überlassen, sich mit der niedrigeren Natur ohne irgendeine persönliche Bemühung deinerseits auseinanderzusetzen. Das hätte unter zwei Voraussetzungen geklappt: 1. wenn der Friede und die Kraft herabgekommen wären und alles bis hinunter zum Physischen eingenommen hätten, 2. wenn es dir gelungen wäre, das innere Wesen von der äußeren Natur freizuhalten. Das Physische konnte den Frieden nicht absorbieren, statt dessen erhob sich die Trägheit; die Kraft konnte nicht herabkommen; die Suggestionen der äußeren Natur erwiesen sich als zu stark für dich und zwischen ihren Suggestionen und der Trägheit wurde die Sadhana unterbrochen.
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Ich habe nicht gesagt, dass du einen Fehler begangen hättest. Ich habe einfach das geschildert, was sich ereignet hat, und die Ursachen aufgezeigt. Wenn es dir möglich gewesen wäre, [mit dem Bewusstsein] oben zu bleiben und die Kraft herabkommen und handeln zu lassen, solange du von der äußeren Natur losgelöst warst, wäre es in Ordnung gewesen. Du warst deshalb fähig aufzusteigen, weil der Friede herabkam. Du warst aber nicht fähig, oben zu bleiben, weil der Friede vom Physischen nicht ausreichend Besitz ergreifen konnte und die Kraft nicht in ausreichendem Maße herabkam. In der Zwischenzeit erhob sich die Trägheit; du wurdest durch die vitalen Suggestionen in der äußeren Natur und durch plötzliche Trägheit mehr und mehr beunruhigt; aus diesem Grund warst du unfähig, distanziert zu bleiben und immer mehr die Kraft herabkommen zu lassen oder immer stärker herabzurufen. Daher das Absinken in das physische Bewusstsein.
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Dass du fähig gewesen bist, das Bewusstsein oben zu halten, ist schon ein gewisser Fortschritt. Was das Sich-Öffnen anbelangt, so ist dazu zu sagen, dass sein Kommen und scheinbares Gehen eine ganz normale Erfahrung ist – es bedarf eines verschiedentlichen Sich-Öffnens, bevor die Sache durch ein dauerndes Gleichgewicht zwischen dem Bewusstsein oben und einer sich verstärkenden Herabkunft in den Kopf und darunter gefestigt ist. Es ist der Sog von unten, dem nicht nachgegeben werden sollte – denn es ist, obzwar die meisten ihm nachgeben, ein falscher, verworrener Weg. Man muss oben einen festen Standort eingenommen haben, bevor man ohne Sturz herabkommen kann. Nicht dass der mögliche Sturz ein Wiederaufsteigen ausschließen würde – das ist nicht der Fall –, doch ist es kein Grund dafür, es geschehen zu lassen.
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Selbst wenn das anhaltende Offensein nicht gleich kommt, brauchst du nur zu warten, es muss zwangsläufig kommen. Es ist sicher bedauerlich, dass die Rastlosigkeit des Vitals so sehr gegen die Leere des Bewusstseins stößt; denn wenn du es aushalten könntest, würde diese Leere, die jetzt neutral und daher für das Vital nicht interessant ist, positiv werden und der machtvolle Empfänger des Strömens von oben sein. Die Schwierigkeit ist, dass das Vital immer daran gewöhnt war, entweder etwas zu tun oder geschehen zu lassen und, wenn es nichts tut oder wenn nichts geschieht (oder es oberflächlich so scheint), langweilt es sich und beginnt Unsinn zu fühlen, zu reden oder zu tun. Dennoch, trotz dieses Hindernisses kann die Herabkunft stattfinden – sie braucht nicht auf das Supramental zu warten.
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Ich möchte behaupten, dass das Sich-Öffnen nach oben, der Aufstieg in das Licht und die nachfolgende Herabkunft in das gewöhnliche Bewusstsein und normale menschliche Leben als erste entscheidende Erfahrung in der Ausübung des Yoga etwas sehr Allgemeines ist und durchaus auch ohne Yoga-Praxis in all jenen stattfinden kann, die für die spirituelle Wandlung ausersehen sind – besonders wenn irgendwo eine Unzufriedenheit mit dem gewöhnlichen Leben und ein Trachten nach etwas mehr, nach Größerem oder Besserem besteht. Es geschieht häufig in der Weise, wie sie es beschreibt, auch die Beendigung der Erfahrung und die Herabkunft Dieser ersten Erfahrung kann eine sehr lange Zeitspanne folgen, während welcher sie sich nicht wiederholt oder keine weitere Erfahrung stattfindet. Bei einer fortwährenden Ausübung des Yoga braucht die Pause nicht so lang zu sein; aber selbst dann ist sie oft lang genug. Die Herabkunft ist unumgänglich, weil sich nicht das ganze Wesen erhoben hat, sondern nur ein Teil im Inneren, während die ganze übrige Natur unvorbereitet, vom gewöhnlichen Leben gefangen genommen oder damit verhaftet ist und von Bewegungen geleitet wird, die nicht mit dem Licht in Einklang stehen. Dennoch, das Etwas im Inneren ist etwas Zentrales im Wesen, und daher ist die Erfahrung gewissermaßen eindeutig und entscheidend. Denn sie kommt als ein deutliches Zeichen der spirituellen Bestimmung und als ein Hinweis darauf, was im Leben noch erreicht werden muss. Wenn sie einmal stattgefunden hat, muss sich etwas ereignen, das den Weg öffnen, das rechte Wissen und die rechte Haltung bestimmen wird, die dich befähigen, auf dem Weg voranzukommen und die einen helfenden Einfluss bringen. Nachher kann die Arbeit der Beseitigung der Hemmnisse beginnen, welche die Rückkehr zum Licht und das Aufsteigen des ganzen Wesens verhindern, sowie – was gleichermaßen wichtig ist – die Herabkunft des Lichtes in das ganze Wesen kann ihren Anfang nehmen und der Vollendung entgegengehen. Es kann lange dauern oder schnell gehen, was sowohl vom inneren Antrieb als auch von den äußeren Umständen abhängt; inneres Streben und Bemühen aber haben mehr Gewicht als äußere Umstände – diese können sich dem inneren Erfordernis anpassen, wenn es sehr stark ist. Die Zeit ist gekommen für sie und auch das nötige Streben und Wissen und der Einfluss, die ihr helfen können.
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Die Kraft, die du fühltest, muss zweifellos ein Sich-Erheben der kundalini gewesen sein, die aufstieg, um sich mit der [Göttlichen] Kraft über uns zu verbinden und die erforderliche Energie zur Linderung der Depression herabzubringen, und dann abermals aufstieg, um die Verbindung zwischen dem Oben und den niederen Zentren zu erzwingen. Die scheinbare Ausdehnung des Kopfes wird durch die Verbindung des Mentals mit dem Bewusstsein des Selbstes oder Göttlichen über uns verursacht. Jenes Bewusstsein ist weit und unbegrenzt, und wenn man sich in es erhebt, durchbricht auch das individuelle Bewusstsein seine Grenzen und fühlt sich weit und unbegrenzt. In solchen Zeiten hat man häufig die Empfindung, als hätte man keinen Kopf und Körper, sondern alles wäre ein weites Selbst mit seinem Bewusstsein, oder aber Kopf oder Körper wäre nur eine Begleiterscheinung in ihm [im Selbst]. Der Körper oder das physische Mental ist bei diesen Erfahrungen manchmal erschreckt oder beunruhigt, weil sie ihm abnorm erscheinen; es besteht aber keine Ursache zur Beunruhigung – dies sind übliche Erfahrungen im Yoga.
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Die Wirbelsäule ist der Hauptkanal für die Herabkunft und den Aufstieg der Kraft, durch welchen sie das niedrigere mit dem höheren Bewusstsein verbindet.
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Die Wahrnehmung in der Wirbelsäule und an ihren beiden Seiten ist ein Zeichen für das Erwachen der kundalini-Macht. Sie wird als ein herabkommender und aufsteigender Strom empfunden. Für diese Ströme gibt es zwei hauptsächliche Nervenkanäle entlang den beiden Seiten des Zentralkanals in der Wirbelsäule. Der herabkommende Strom ist die Energie von oben, welche die schlafende Macht im untersten Nervenzentrum am Grunde der Wirbelsäule berührt; der aufsteigende Strom ist das Freiwerden der Energie, die von der erwachten kundalini nach oben geht. Diese Bewegung öffnet im Maße ihres Fortschreitens die sechs Zentren des feinstofflichen Nervensystems, und durch dieses Sich-Öffnen entrinnt man den Begrenzungen des Oberflächen-Bewusstseins, das an den grobstofflichen Körper gebunden ist, und weite Bereiche von Erfahrungen, die dem unterschwelligen Selbst, [dem unterschwelligen] Mental, Vital und Feinstofflichen angehören, tun sich dem Sadhak auf. Wenn die kundalini bei ihrem Aufsteigen durch den Scheitelpunkt des Kopfes dem höheren Bewusstsein begegnet, öffnen sich die höheren, überbewussten Bereiche über dem normalen Mental. Indem man durch diese [Bereiche] in unserem Bewusstsein aufsteigt und die Herabkunft ihrer Energien empfängt, wird es schließlich möglich, das Supramental zu erreichen. Das ist die Methode des Tantra. In unserem Yoga ist es nicht notwendig, der systematischen Methode zu folgen. Es findet entsprechend dem Erfordernis spontan durch die Kraft des Strebens statt. Sobald ein Sich-Öffnen erfolgt, kommt die Göttliche Macht herab, leitet die erforderliche Arbeit, tut, was nötig ist, und alles zu seiner Zeit – damit zeichnet sich die Geburt des yogischen Bewusstseins im Sadhak ab.
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Sri Aurobindo kann es nicht übernehmen dich als dein Guru anzuleiten, und zwar deshalb, weil er nur jene als Jünger annimmt, die seinem speziellen Yoga-Weg folgen; deine Erfahrungen liegen auf einer anderen Linie. In seinem Yoga kann sowohl in der Wirbelsäule als auch in anderen Nervenkanälen oder verschiedenen Teilen des Körpers ein gelegentlicher Strom auftreten, jedoch kein Erwachen der kundalini in dieser charakteristischen und machtvollen Weise. Hier [in diesem Yoga] gibt es nur ein ruhiges Aufsteigen des Bewusstseins von den niederen Zentren, um sich mit dem spirituellen Bewusstsein oben zu verbinden, sowie ein Herabkommen der Göttlichen Kraft von oben, die ihre besondere Arbeit in Mental und Körper verrichtet – die Art und Weise und die [einzelnen] Stadien sind in jedem Sadhak anders. Vollkommenes Vertrauen in die Göttliche Mutter sowie Wachsamkeit, um alle falschen Suggestionen und Einflüsse zurückweisen zu können, sind das Hauptgesetz dieses Yoga. Da dein Sich-Öffnen einst so machtvoll auf der bekannteren tantrischen Linie stattfand, sogar ohne die Einmischung deines eigenen Willens, ist es kaum wahrscheinlich, dass es nun ohne weiteres zu einer anderen [Yoga-] Richtung überwechseln kann – jede derartige Bemühung könnte eine ernsthafte Störung auslösen. Wenn Sri Aurobindo von einem kompetenten Guru sprach, dann meinte er einen, der dieses öffnen der Zentren selbst praktiziert hat und auf dieser Linie des Yoga ein siddha geworden ist. Es müsste möglich sein, einen solchen zu finden – wenn man das Verlangen nach dem Guru hat, kommt der Guru früher oder später. In der Zwischenzeit ist es unerlässlich, die Furcht abzulegen und Vertrauen in das Göttliche Wirken zu haben; es sollte aber keine Anstrengung gemacht werden, durch konzentrierte Meditation den Schritt zu beschleunigen, wenn du nicht eine Führung hast, der du vertrauen kannst – entweder eine klare Führung von innen oder jemand, der dich von außen lenkt. Die Inspiration über den ida nadi und das darauffolgende Wirken der Shakti zeigen an, dass in einem kritischen Augenblick ein höheres Eingreifen stattfand, und der Ruf nach ihm, wann immer nötig, voraussichtlich erfolgreich sein wird.
An den Erfahrungen, über die du in deinem ersten Brief genau berichtet hast, ist absolut nichts Beunruhigendes; alles war durchaus normal – die üblichen Erfahrungen des Yogi zu solch einem kritischen Zeitpunkt, die durchaus gut und machtvoll waren und außer durch die Gnade des Göttlichen nicht stattfinden können. Vermutlich kam das Sich-Öffnen nach einer langsamen, unsichtbaren Vorbereitung als Ergebnis der Meditation über den Lotos am Scheitelpunkt des Kopfes zustande; denn das ist immer eine Aufforderung an die kundalini, zu erwachen oder an das niedere Bewusstsein, aufzusteigen, um dem höheren zu begegnen. Die störenden Faktoren kamen mit dem Gefühl des Unbehagens im Herzen, das durch einen Widerstand im physischen Wesen verursacht wurde (ein sehr häufig vorkommendes Gefühl, das durch das Wirken der Kraft selbst überwunden werden kann), und mit der Furcht, die sich später in den Zentren der vitalen Natur, Herz, Nabel usw. einstellte. Das aber gehörte nicht zur Erfahrung; es war eine Unterbrechung durch eine falsche Reaktion des niederen oder äußeren Bewusstseins. Wenn du dich nicht hättest beunruhigen lassen, hätte vermutlich nichts den Prozess ungünstig beeinflusst. Man darf sich durch ungewöhnliche Zustände, Bewegungen oder Erfahrungen nicht beunruhigen lassen; der Yogi muss furchtlos sein, abhī; es ist absurd, Furcht zu haben, weil man seinen jeweiligen Zustand kontrollieren kann. Das ist eine sehr wünschenswerte und willkommen zu heißende Fähigkeit im Yoga.
Die Krisen, von denen du im zweiten Brief berichtet hast, hätte es ohne diese Reaktion schwerlich gegeben; jedenfalls aber fand ein höheres Eingreifen statt, wodurch die Störung beseitigt wurde. Immerhin zeigen diese Reaktionen sowie die Tatsache, dass die Störung überhaupt auftrat, dass im äußeren Bewusstsein etwas nicht ganz vorbereitet ist; es ist besser zu warten und nach einer Führung zu suchen, damit nicht unkundige Schritte oder Reaktionen wiederum eine ernsthafte Gefahr oder Störung mit sich bringen. Das ist alles, was Sri Aurobindo klärend und beratend dazu sagen kann. Er greift im allgemeinen bei niemandem ein, der nicht zu seinen Jüngern gehört; weil aber dein Fall ungewöhnlich und dein Ruf [nach Hilfe] groß war, hat er, so gut er es vermochte, deine Erfahrung erhellt.
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Yoga bedeutet Einung mit dem Göttlichen – eine Einung entweder transzendental (über dem Universum) oder kosmisch (universal) oder individuell oder – wie in unserem Yoga – eine dreifache Einung. Yoga bedeutet auch, in ein Bewusstsein einzutreten, in dem man nicht länger durch das kleine Ego, durch das persönliche Mental, das persönliche Vital und den Körper begrenzt ist, sondern sich in Einung mit dem höchsten Selbst befindet oder mit dem universalen (kosmischen) Bewusstsein oder mit einem tieferen Bewusstsein im Inneren, in welchem man seine Seele wahrnimmt, sein inneres Wesen und die reale Wahrheit des Daseins. Im yogischen Bewusstsein nimmt man nicht nur Dinge wahr, sondern auch Kräfte, und nicht nur Kräfte, sondern auch das bewusste Wesen hinter den Kräften. Man nimmt all dies nicht nur in sich selbst wahr, sondern auch im Universum.
Es gibt eine Kraft, die das Wachsen des neuen Bewusstseins begleitet und zugleich mit ihm wächst und dazu beiträgt, dass es sich formt und vervollkommnet. Diese Kraft ist die Yoga-Shakti. Sie ist hier in allen Zentren (cakras) unseres inneren Wesens, zusammengerollt und schlafend, und ist im untersten das, was im Tantra die kundalini-Shakti genannt wird. Sie ist aber auch über uns, über unserem Kopf, als die Göttliche Kraft – dort aber nicht zusammengerollt, involviert und schlafend, sondern wach, wissend, machtvoll, ausgebreitet und weit; sie wartet darauf, sich zu offenbaren, und dieser Kraft haben wir uns zu öffnen – der Macht der Mutter. Im Mental offenbart sie sich als göttliche Mental-Kraft oder universale Mental-Kraft, und sie vermag alles zu tun, wozu das persönliche Mental nicht fähig ist; sie ist dann die yogische MentalKraft. Wenn sie sich auf die gleiche Weise im Vital oder Physischen offenbart und dort wirkt, tritt sie als yogische Lebenskraft oder yogische Körperkraft in Erscheinung. Sie kann in all diesen Formen erwachen, nach außen und oben ausbrechen und sich von unten her in die Weite ausdehnen; oder sie kann herabkommen und hier eine gezielte Macht für etwas [Bestimmtes] werden; sie kann in den Körper niederströmen, dort wirken und ihre Herrschaft errichten; sie kann sich von oben her in die Weite ausdehnen, das Niederste in uns mit dem Höchsten über uns verknüpfen und das Einzelwesen in eine Kosmische Universalität oder in die Absolutheit und Transzendenz befreien.
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Es gibt eine Yoga-Shakti, die zusammengerollt oder schlafend im inneren Körper liegt, die nicht tätig ist. Wenn man den Yoga ausübt, entfaltet sich diese Kraft und steigt auf, um dem Göttlichen Bewusstsein und der Göttlichen Kraft, die über uns warten, zu begegnen. Wenn dies geschieht, wenn die erwachte Yoga-Shakti sich erhebt, wird es oft so empfunden, als würde eine Schlange sich aufrollen und aufrichten und immer weiter nach oben aufsteigen. Wenn sie dem Göttlichen Bewusstsein über uns begegnet, kann die Kraft des Göttlichen Bewusstseins leichter in den Körper herabkommen, und man kann fühlen, wie sie dort wirkt, um die [menschliche] Natur zu wandeln.
Das Gefühl, dass dein Körper und deine Augen nach oben gezogen werden, gehört zur gleichen Bewegung. Es ist das innere Bewusstsein im Körper das sich aufwärts bewegt und das innere, feinstoffliche Auge im Körper, das nach oben blickt, und beide versuchen, dem göttlichen Bewusstsein und der göttlichen Schau über uns zu begegnen.
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Die Energie in der kundalini ist die der Mutter.
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Ich verstehe deine Schwierigkeit nicht. Dass es eine göttliche Kraft in der Materie gibt, die schläft oder durch die Unbewusstheit verhüllt ist, und dass die höhere Kraft herabkommen muss, um sie mit dem Licht und der Wahrheit zu erwecken, ist eine wohlbekannte Tatsache; sie gehört zur eigentlichen Grundlage dieses Yoga.
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Ich befürchte, dass die Anwendung von wissenschaftlichen Analogien auf spirituelle oder yogische Dinge eher zu Verwirrung als zu irgend etwas anderem führt – so wie es auch Verwirrung schafft, wenn sie der Philosophie aufgedrängt werden. Die kundalini schläft zusammengerollt im muladhara, versunken in Unbewusstheit und das Spiel der Unwissenheit unterstützend. Natürlich kann es, wenn sie sich von dort erhebt, zu einer Störung oder einem Aufbrechen des Unwissensheits-Zustandes kommen, was aber eher eine heilsame Umwälzung wäre, die für das Ziel des Yoga förderlich ist. Die bewusst werdende kundalini steigt empor, um Brahman im tausendblättrigen Lotos zu begegnen. Ihr bloßes Emporstoßen zur Einung mit dem höheren Bewusstsein würde kaum zu einer radikalen Veränderung führen. Natürlich braucht sie die Verbindung mit dem physischen Zentrum nicht völlig aufzugeben, doch ist sie dort nicht länger zusammengerollt: wenn das der Fall wäre, würde die große okkulte Kraft, die dort wohnt, nicht befreit werden. Ihre übliche Darstellung ist, soviel ich weiß, die einer aufgerichteten Schlange, deren Schwanz das niederste Zentrum und deren Kopf das höchste im brahmarandhra berührt. Auf diese Weise eint sie, während alle Zentren geöffnet und in Tätigkeit sind, die beiden Wesenspole, den oberen und den unteren, den Spirit mit der Materie.
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Dieses Sich-Erheben über den Kopf ist sehr gut. Es verhilft dazu, das Lid zwischen den höheren und niedrigeren Ebenen im Bewusstsein zu zerreißen, und bereitet die Weite vor.
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Was zu tun ist, hängt davon ab, wo die Blockierung liegt. Es sind zwei Bewegungen notwendig: die eine ist der Aufstieg durch den wachsenden Frieden, das stärker werdende Schweigen zu ihrem Ursprung über dem Mental, was angezeigt wird durch die Tendenz des Bewusstseins, sich aus dem Körper zum Scheitelpunkt des Kopfes und darüber zu erheben, wo es ein Leichtes ist, das Selbst in all seiner Stille, Befreiung und Weite zu erkennen und sich den anderen Mächten des Höheren Bewusstseins zu öffnen. Die andere [Bewegung] ist die Herabkunft des Friedens, des Schweigens, der spirituellen Freiheit und Weite sowie der sich entwickelnden Mächte des höheren Bewusstseins in das niedrigere bis hinab zum rein Physischen und selbst dem Unterbewussten. Diese beiden Bewegungen können blockiert werden – eine Blockierung oben durch das Mental und die niedere Natur, für die die Bewegung ungewohnt ist (tatsächlich ist es das und nicht Unfähigkeit), und eine Blockierung unten, die dem physischen Bewusstsein und seiner natürlichen Schwerfälligkeit sich zu verändern zuzuschreiben ist. Diese Blockierungen hat jeder, doch können sie durch beharrlichen Willen, durch Streben oder abhyāsa überwunden werden.
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Weite ist ein Zeichen der Bewusstseinsausdehnung über die gewöhnlichen Grenzen hinaus – die Weiße der Weite bedeutet, dass es das reine Bewusstsein ist, das man fühlt, wenn es sich nicht um das weiße Licht oder das leuchtende Licht handelt, welches das Bewusstsein der Mutter dort oder seinen Einfluss anzeigt. Die feine Barriere, die du fühltest, muss die gleiche Sache gewesen sein, die deinen Aufstieg vom Herzen aus verhindert und darüber hinaus dein Eintreten in die obenliegenden Regionen. Dort befindet sich immer eine Art Lid, und nur wenn es geöffnet wird oder verschwindet, kann man sich frei nach oben erheben. Man kann eine „noch nie gesehene Weite“ wahrnehmen, ist aber dort noch kein Selbst, solange das nicht geschehen ist.
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Weite ist notwendig für das Wirken des höheren Bewusstseins – wenn das Wesen in sich selbst eingeschlossen ist, können intensive Erfahrungen und ein Sich-Öffnen gegenüber Kontakten von oben stattfinden, es kann aber nicht die volle, solide Grundlage für die Umwandlung geschaffen werden.
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Die Leere und die Weite im Gehirn sind ein sehr gutes Zeichen. Sie sind eine Voraussetzung für das horizontale Sich-Öffnen in das kosmische Bewusstsein und aufwärts in das Selbst und das höhere spirituelle Mental über dem Kopf.
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Die Leichte, das Gefühl, dass der Kopf verschwindet und alles offen ist, ist ein Zeichen der Weite des mentalen Bewusstseins, das nicht länger durch das Gehirn und sein Körper-Gefühl begrenzt ist – nicht länger eingekerkert, sondern weit und frei. Dies wird zuerst nur in der Meditation gefühlt oder bei geschlossenen Augen; in einem späteren Stadium jedoch wird es gefestigt, und man empfindet sich immer als weites Bewusstsein, das durch kein Körper-Gefühl beschränkt ist. Von dieser Weite deines Wesens spürtest du etwas in der zweiten Erfahrung, als der Fuß der Mutter dein physisches Mental (Kopf) niederdrückte, bis es sich beugte und Platz machte für die Empfindung eines unendlichen Selbstes. Dieses weite Bewusstsein, das nicht vom Körper abhängt oder durch ihn begrenzt wird, nennt man im Yoga den atman oder das Selbst. Du hast im Augenblick lediglich erste Eindrücke davon, später aber wird es zu etwas ganz Normalen, und du fühlst, dass du immer dieser atman warst, unendlich und unsterblich.
Ich glaube nicht, dass die Schlaflosigkeit durch mangelnde Arbeit verursacht wird; denn selbst jene schlafen gut, die überhaupt nicht arbeiten. Es hat einen anderen Grund, muss aber überwunden werden.
Das fortwährende Sich-Erinnern der Mutter ist eine schwierige Sache und nur wenige können es, doch wird es zur gegebenen Zeit kommen. Inzwischen arbeitet ihre Kraft in dir und bereitet dein Bewusstsein hierfür vor.
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Dem Selbst begegnet man zuerst auf der Ebene des höheren Mentals, doch ist es nicht auf einen Ort beschränkt; es wird meist als etwas gefühlt, das in die Weite ausgebreitet ist, doch kann man auch ein zentralisierendes Bewusstsein im sahasrara oder darüber fühlen.
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Das Selbst beherrscht die Vielfalt seiner Schöpfung durch seine Einheit auf allen Ebenen vom Höheren Mental aufwärts, auf welchen die Verwirklichung des Einen die natürliche Grundlage des Bewusstseins ist. Doch in dem Maß wie man aufsteigt, verändert sich das Blickfeld, verändert sich die Macht des Bewusstseins, wird das Licht immer intensiver und mächtiger. Obwohl die statische Verwirklichung der Unendlichkeit und Ewigkeit sowie des Zeitlosen Einen die gleiche bleibt, wird das Wirken des Einen immer umfassender geschaut, begleitet von einer immer stärkeren Unterstützung durch die Kraft und einem immer vollständigeren Erfassen dessen, was erkannt und getan werden muss. Alle möglichen Formen und Gestaltungen von Dingen werden immer deutlicher sichtbar, werden auf den richtigen Platz gerückt und sind verwertbar. Außerdem wird das, was im Höheren Mental Verstandeswissen ist, zur Erleuchtung im Erleuchteten Mental und zur unmittelbaren inneren Schau in der Intuition. Die Intuition aber erfasst blitzartig und kombiniert durch ein ständiges Spiel von Licht – durch Offenbarungen, Inspirationen, Intuitionen, raschem Unterscheiden. Das Obermental sieht ruhig, stetig, in großen Mengen und weiten Ausmaßen von Raum und Zeit, global; und genauso erschafft und handelt es – es ist die Welt der großen Götter, der göttlichen Schöpfer. Nur dass jeder von ihnen auf seine eigene Weise erschafft, wobei er alles sieht, aber alles von seinem eigenen Standpunkt aus. Die absolute supramentale Harmonie und Gewissheit herrscht dort nicht. Dies sind grob formuliert einige der Unterschiede [zwischen den Ebenen über dem Mental]. Ich spreche natürlich von diesen Ebenen als solchen – wenn sie im menschlichen Bewusstsein arbeiten, sind sie notwendigerweise in ihrem Wirken stark vermindert, da sie von der menschlichen Instrumentierung, von Mental, Vital und dem Physischen, abhängig sind. Erst wenn diese zur Ruhe gelangt sind, erhalten sie eine vollere Kraft und enthüllen besser ihren Charakter.
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Die Wissens-Substanz ist auf allen Ebenen über dem Kopf die gleiche, und nur der Substanz und Form des Wissens verleiht das höhere Mental Gedanke und Wort; im erleuchteten Mental beginnt ein Licht, eine Energie, ein Ananda des Wissens von besonderer Art zu herrschen, die in dem Maß wachsen, wie man auf der Stufenleiter emporsteigt – oder auch wie das Wissen von einer immer höheren Quelle kommt. Dieses Licht usw. [diese Energie, dieser Ananda des Wissens] ist im erleuchteten Mental noch ziemlich abgeschwächt und zerstreut; auf den höheren Ebenen wird es immer intensiver, klarer umrissen, dynamischer und wirksamer, und zwar so sehr, dass es den Charakter und die Macht des Wissens ständig wandeln kann.
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Die Unwissenheit kann von oberhalb des Kopfes wirken, aber nicht als Teil der höheren Ebenen – sie kommt von außerhalb. Die höheren Ebenen direkt über dem Kopf sind jedoch nicht die absolute Wahrheit; die erhältst du allein im Supramental.
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Die Ebenen und der Körper sind nicht das gleiche. Über dem Kopf werden alle Ebenen vom Obermental bis hinab zum höheren Mental gesehen, es ist aber nur eine Wechselbeziehung im Bewusstsein und kein tatsächlicher Ort im Raum.
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In1 dem Maß, wie der Gedanke auf der Stufenleiter emporsteigt, hört er auf, intellektuell zu sein, er wird erleuchtet, dann intuitiv, dann obermental und verschwindet schließlich, das letzte Jenseitige suchend. Das Gedicht drückt jedoch keinerlei philosophische Gedanken aus; es ist einfach die Wahrnehmung einer bestimmten Bewegung – das ist alles.
„Blasses Blau“ ist die Farbe der höheren Ebenen des Mentals bis hinauf zur Intuition. Darüber beginnt sie mit dem supramentalen Licht golden zu werden.
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Das Denken vermittelt nicht das Wissen, sondern ist der Mittler zwischen dem Unbewussten und dem überbewussten. Es zwingt die Welt, die aus dem Unbewussten geboren wurde, ein Wissen zu erreichen, das sich von dem instinktiv vitalen oder bloß auf Erfahrung beruhenden unterscheidet – Wissen, das als solches das Denken überschreitet; es ruft nach jenem überbewussten Wissen und bereitet hier [auf Erden] das Bewusstsein vor, es zu empfangen. Es [das Denken] erhebt sich in die höheren Bereiche und wird sogar, wenn es in den supramentalen und Ananda-Ebenen verschwindet, in etwas umgewandelt, das deren Mächte in das schweigende Selbst herabbringen wird, welches nach seinem Stillstand zurückblieb.
Gold-Rot ist die Farbe des Supramentals im Physischen – das Gedicht beschreibt das Denken in dem Stadium, in dem es die Umwandlung erfährt und im Begriff ist, in das Unendliche über uns aufzusteigen und sich darin aufzulösen. „Die Rune des Flammenwortes“ ist das Wort der höheren Inspiration, Intuition und Offenbarung, welche die höchste Erreichung des Denkens darstellt.
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Mit dem intuitiven Selbst meinte ich das intuitive Wesen, jenen Teil, der zur intuitiven Ebene gehört oder damit in Verbindung steht. Die Intuition ist eine der höheren Ebenen des Bewusstseins zwischen dem menschlichen denkenden Mental und der supramentalen Ebene.
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Das intuitive Mental wird vom Supramental nicht unmittelbar berührt. Über ihm befindet sich das Obermental, in dem es eine höhere und größere Intuition gibt, und darüber sind die supramentalen Bereiche.
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Man kann, glaube ich, nicht sagen, dass es im intuitiven Mental gesonderte Sphären für Reinheit, Stärke und Schönheit gibt. Dies sind getrennte Mächte des Göttlichen, nicht getrennte Sphären. Sie können aber natürlich vom Mental auf diese Weise für einen bestimmten Zweck eingeordnet werden.
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Offenbarung ist ein Teil des intuitiven Bewusstseins.
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Es gibt eine Unterscheidung, die nicht intellektuell ist – eine direkte Wahrnehmung.
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Man kann, selbst solange das Ego noch besteht, Mitteilungen von der Intuitions-Ebene empfangen – aber in der Weite der Intuition zu leben, ist mit der Begrenzung des Egos nicht möglich.
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Um in der Intuition zu leben, ist es zunächst erforderlich, sich dem kosmischen Bewusstsein gegenüber zu öffnen und zuerst im höheren und erleuchteten Mental zu leben und alles von dort aus zu sehen. Ständig die Intuition von oben zu empfangen, ist nicht notwendig – es genügt, den Einen überall zu fühlen und mit Dingen und Menschen mehr durch das innere Mental und Gefühl in Kontakt zu kommen als durch das äußere Mental und die äußeren Gefühle – denn diese berühren nur die Oberfläche der Dinge und sind nicht intuitiv.
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Das kosmische Bewusstsein hat viele Ebenen – das kosmische Physische, das kosmische Vital, das kosmische Mental, und über den höheren Ebenen des kosmischen Mentals ist die Intuition und darüber das Obermental und wiederum darüber das Supramental, wo die Transzendenz beginnt. Um auf der Intuitions-Ebene zu leben (nicht nur Intuitionen zu empfangen), muss man im kosmischen Bewusstsein leben, denn dort gehen gleichsam das Kosmische und Individuelle ineinander über und die mentale Trennung zwischen ihnen ist bereits aufgehoben – aus diesem Grund kann niemand dorthin gelangen, der noch im trennenden Ego lebt.
Eine reflektierte statische Verwirklichung von Sachchidananda ist auf jeder der kosmischen Ebenen möglich, aber voll darin einzutreten, die gänzliche Einung mit dem Höchsten Göttlichen, dynamisch oder statisch, kommt erst mit der Transzendenz.
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Das individuelle Selbst hat keinen speziellen Bezug zur Intuition; die Intuition ist die höchste Macht, die das verkörperte Einzelwesen erreichen kann, ohne sich zu universalisieren – wenn es sich universalisiert, dann ist es ihm möglich, den Kontakt mit dem Obermental herzustellen. Wenn mit dem individuellen Selbst der Jivatman gemeint ist, kann es auf jeder Ebene des Bewusstseins geschehen.
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Nicht die Seele, sondern das Mental wird emporgehoben und gewandelt und seine Tätigkeit gesteigert durch die Intuitivierung des Bewusstseins. Die Seele ist essentiell immer gleich und passt ihre Tätigkeit jeder Veränderung des Bewusstseins an, ohne einer Umwandlung zu bedürfen.
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Ja, es gibt Wesen auf der Ebene der Intuition. Die Intuition ist in direktem Kontakt mit der höheren Wahrheit, aber nicht in einem integralen Kontakt. Sie empfängt die Wahrheit blitzartig und verwandelt diese Blitze der Wahrheits-Wahrnehmung in Intuitionen – intuitive Ideen. Die Ideen der wahren Intuition sind, so weit sie reichen, immer richtig; wenn aber die Intuition mit der gewöhnlichen Mental-Substanz verwässert wird, vermischt sich ihre Wahrheit mit dem Irren.
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Ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang ich das schrieb. Aber die Intuitivierung reicht nicht aus, um einen Sturz zu verhindern; wenn sie vollständig ist (und sie ist nicht vollständig, solange nur das Mental und nicht auch das Vital und Physische intuitiv sind), kann sie bewirken, dass du alle Vorgänge in dir und um dich herum verstehst und ihrer bewusst wirst, sie macht dich aber nicht unbedingt zum absoluten Meister der Reaktionen. Hierfür ist Wissen nicht genug – ein bestimmter Wissens-Wille (Wissen und Wille miteinander verschmolzen) oder eine Bewusstseins-Macht ist erforderlich.
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Das Obermental empfängt die Göttliche Wahrheit und teilt sie in vielfältige Formen und einem mannigfaltigen Spiel von Kräften auf und erschafft aus dieser Aufteilung verschiedene Welten.
In der Intuition ist die Natur des Wissens Wahrheit; sie ist nicht global oder umfassend, sondern eine im Hintergrund befindliche Wahrheit, die aus vielen Ecken und Enden und blitzartig hervortritt und sie [die Intuition] mit ihren direkten Wahrnehmungen versorgt.
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Er scheint ausdrücken zu wollen, dass sich jenseits des Obermentals eine Ebene des „höheren erleuchteten Verstandes“ befindet. Das ist unmöglich. Jenseits des Obermentals ist das Supramental – das Obermental ist die höchste der Ebenen unterhalb des Supramentals, und er hat noch keinen Kontakt mit dem Supramental Was er hier Obermental nennt, kann nicht das wahre Obermental sein. Seine Erfahrungen sind jene des Mentals, das sich den höheren mentalen Ebenen öffnet und etwas von ihnen und ihren Mächten in das Mental, das Leben und den Körper herabzubringen versucht.
Seine Einteilung in vier Welten ist ein Versuch des Mentals, etwas zu deuten, was er erfahren, aber nicht richtig verstanden hat. Wenn Mahasarasvati ihn in diesem Augenblick bremste, muss es deshalb gewesen sein, weil sein Mental etwas falsch konstruierte und es nutzlos war, das weiterzuführen.
In diesem Stadium seines Yoga hat er zu beobachten, was vor sich geht, darf aber irgendwelchen derartigen Einteilungen oder mentalen Aufgliederungen keine entscheidende oder endgültige Bedeutung beimessen. Manchmal erfährt das Mental die Dinge in diesem Stadium auf die richtige Weise, manchmal konstruiert es etwas Falsches, das, wenn ein höheres Wissen kommt, verworfen oder richtiggestellt werden muss.
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Das Bewusstsein, das du supramental nennst, befindet sich zweifelsohne über dem menschlichen Mental, sollte aber nicht supramental genannt werden, sondern einfach das höhere Bewusstsein. In diesem höheren Bewusstsein gibt es viele Abstufungen, deren Gipfel oder Ursprung das Supramental ist. Es ist nicht möglich, den Gipfel oder Ursprung gleich auf einmal zu erreichen; vor allem muss erst das niedrigere Bewusstsein geläutert und bereitgemacht werden. Das ist die Bedeutung des Lichtes, das du sahst, dessen inneren Körper oder deren innere Substanz zu dicht und machtvoll ist, um gegenwärtig durchdrungen zu werden.
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Sicher, die Obermental-Herabkunft ist für jene notwendig, welche die supramentale Wandlung wollen. Wenn sich das Obermental nicht auftut, kann kein unmittelbares supramentales Sich-Öffnen des Bewusstseins stattfinden. Solange man im Mental bleibt, selbst im erleuchteten Mental oder der Intuition, kann man indirekte Botschaften oder einen Einfluss des Supramentals empfangen, man kann aber nicht die direkte supramentale Kontrolle des Bewusstseins oder die supramentale Wandlung erlangen.
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Die Menschen sprechen recht leichtfertig über das Obermental und Supramental, so als ob es ganz einfach wäre, in sie einzutreten, und sie halten fälschlicherweise untergeordnete Bewegungen für die des Obermentals oder Supramentals; sie verwirren hierdurch die Wahrheit und verzögern den Fortschritt in der Sadhana.
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Es ist nicht sehr klar, was mit diesem Wissens-Willen gemeint ist. Es ist in der Regel eine Beschreibung des Supramentals, wo es keine Trennung zwischen Wissen und Willen gibt, da sie gegenseitig aufeinander einwirken oder vielmehr miteinander im Einssein verknüpft und daher unfehlbar sind. Du sagst, es hätte im Mental, Vital und Körper Gestalt angenommen; wenn dem so wäre, würde dies die endgültige und gefestigte Umwandlung bedeuten; es kann daher nicht das Supramental sein. Es muss eine Wahrheits-Ebene des Obermentals sein.
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Wissen und Willen müssen natürlich eins sein, bevor sie vollendet handeln können.
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Es ist die Erfahrung der transzendenten Ebenen in ihrer Beziehung zu den höheren Bewusstseinsebenen (Obermental usw.), auf denen sie sich widerspiegeln; genauso wie man eine Erfahrung von Sachchidananda haben kann und diese Ebenen sich im Mental oder Vital oder physischen Bewusstsein widerspiegeln, so ist es auch hier – die Erscheinungsform ist aber auf jeder Ebene eine andere.
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Obermental-Erfahrung findet statt, wenn man sich zur Obermental-Ebene erhebt und die Dinge so sieht, wie sie auf dieser Ebene sind oder wie sie dem Bewusstsein erscheinen, das die anderen Ebenen aus der Sicht des Obermentals betrachtet. Wenn man sich auf der mentalen, vitalen oder physischen Ebene befindet, kommt der Obermental-Einfluss herab und modifiziert das mentale, vitale oder physische Wirken in größerem Ausmaß entsprechend den Möglichkeiten oder der Sache, die in dem betreffenden Augenblick getan werden muss. Er ist dann dort nicht die einzige Macht, wie es auf seiner eigenen Ebene der Fall ist, sondern wirkt unter den mentalen, vitalen oder physischen Bedingungen. Seine Macht ist eher subjektiv als objektiv – es ist ihm ein Leichtes, unsere Ansicht, Erfahrung und unser Wissen über ein Objekt zu verändern, aber es fällt ihm nicht so leicht, das Objekt selbst, seine Natur oder Umstände oder den äußeren Zustand der Dinge auf dieser [mentalen, vitalen oder physischen] Ebene zu wandeln.
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Es gibt keine Obermental-Gefahren – wenn eine Gefahr besteht, dann lediglich weil das niedere Bewusstsein die Hinweise des Obermentals oder höheren Bewusstseins missbraucht. Es gibt auch keine Obermental-Falschheiten. Das Obermental ist Teil [der Welt] der Unwissenheit in dem Sinn, dass es das Höchste Wissen darstellt, das im Stadium der Unwissenheit erlangt werden kann, dass aber das Wissen noch immer geteilt ist und daher nur ein Wissen der Teile und Aspekte der Wahrheit sein kann, nicht aber das integrale Wissen. Als solches kann es vom Mental missbraucht und in Falschheit gewendet werden.
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Die Obermental-Erfahrung befreit nicht unbedingt von den niederen vitalen und physischen Bewegungen – es verändert sie lediglich bis zu einem gewissen Ausmaß und bereitet sie für eine höhere Wahrheit vor.
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Es ist ganz natürlich. In diesen Erfahrungen nimmst du das Bewusstsein der anderen Ebenen wahr. Daher hattest du die Erfahrung, eine Form des Göttlichen Bewusstseins, das heißt der Mutter zu sein, und solange die Erfahrung anhält, fühlst du ihre Macht – wenn die Erfahrung beendet ist, trittst du wieder in deinen normalen Zustand ein, die Macht zieht sich zurück. Diese Erfahrungen gehören zu dem Bewusstsein mit dem Obermental-Wissen und bereiten es für die Umwandlung vor.
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Ganz einfach, es ist die Anziehungskraft des Göttlichen Bewusstseins, die sich in einer konkreten Erfahrung darstellt. Es ist dieses Konkrete der Erfahrungen, was dich verwirrt. Jede Erfahrung dort neigt dazu, konkret zu sein, es gibt keine „abstrakten“ Wahrheiten wie im Mental – sogar der Gedanke ist im Obermental eine konkrete Kraft und fühlbare Substanz.
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Ja, es ist einer der Aspekte der Wahrheit – denn im Obermental gibt es viele Aspekte der Wahrheit, getrennt oder miteinander verbunden oder übereinander angeordnet.
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Warum nicht? Beides ist wahr auf verschiedenen Ebenen des Obermentals oder in verschiedenen kosmischen Gestaltungen, die vom Obermental stammen. Es gibt alle Aspekte im Obermental, selbst jene, die der Intellekt als sich widersprechend ansieht; im Obermental widersprechen sie einander nicht, sondern ergänzen sich.
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Es ist allein das Supramental, das absolut frei vom Irren ist. Das Obermental bietet die Wahrheit in allen möglichen Anordnungen dar, die, alle zusammengenommen, in etwa die ganze Wahrheit darstellen – diese aber werden wiederum in dir im Erdbewusstsein reflektiert oder durch die Herabkunft von höheren Ebenen in dein Erdbewusstsein übertragen; während dieses Vorgangs aber können im Erdbewusstsein Fehler in der Deutung, im Verstehen, in der Anwendung und Anordnung aufkommen.
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Absolute Gewissheit über alle Dinge kann allein durch das Supramental kommen. In der Zwischenzeit muss man mit dem Wissen auskommen, das man von den anderen Ebenen erhält.
1 Dieser und der folgende Brief wurden im Hinblick auf „Thought the Paraclete“ [Der Gedanke als Paraklet], einem Gedicht von Sri Aurobindo, geschrieben. Cent. Edition Vol. V. S. 582.