SRI AUROBINDO
Briefe über den Yoga
Band 4
1. Die Umwandlung des Mentals
Es gibt keinen Grund, warum man [das Licht usw.] über das denkende Mental nicht empfangen sollte, genauso wie man über das Vital, das Emotional und den Körper empfängt. Das denkende Mental besitzt wie diese die Fähigkeit zu empfangen, und da es wie das übrige umgewandelt werden muss, sollte es im Empfangen geschult werden – andernfalls könnte seine Umwandlung nicht stattfinden.
Es ist die gewöhnliche, unerleuchtete Tätigkeit des Intellektes, die ein Hindernis für die spirituelle Erfahrung darstellt, genauso wie die gewöhnliche, ungeläuterte Tätigkeit des Vitals oder das dunkle, sich töricht widersetzende Bewusstsein des Körpers ein Hindernis ist. Wovor der Sadhak hinsichtlich der falschen Denk-Vorgänge besonders gewarnt werden muss, ist erstens, mentale Ideen und Eindrücke oder intellektuelle Schlussfolgerungen für die Verwirklichung zu halten, und zweitens vor der rastlosen Tätigkeit des reinen Mentals, welche die spontane Genauigkeit der seelischen und spirituellen Erfahrung beeinträchtigt und für die Herabkunft des wahren, erleuchtenden Wissens keinen Platz lässt oder aber sie entstellt, sobald die menschlich-mentale Ebene voll berührt wird oder sogar noch vorher. Es gibt natürlich auch die üblichen Untugenden des Intellektes – sein Hang zu fruchtlosem Zweifel anstelle eines klaren Empfangens und einer ruhigen, erleuchteten Unterscheidung; seine Arroganz, welche ihn Dinge beurteilen lässt, die über ihn hinausreichen, ihm unbekannt sind und gemessen an den Normen seiner eigenen begrenzten Erfahrung zu tief für ihn sind; seine Versuche, das Überphysische mit Hilfe des Physischen zu erklären oder seine Forderung, höhere und okkulte Dinge mit Hilfe von Kriterien zu beweisen, die der Materie und dem Mental in der Materie eigen sind; andere mehr, die zu zahlreich sind, um hier aufgezählt zu werden. Ständig ersetzt er das wahre Wissen durch seine eigenen Darstellungen, Gestaltungen und Meinungen. Wenn aber der Intellekt hingegeben, offen, ruhig und aufnahmebereit ist, besteht kein Grund, warum er nicht ein Instrument für den Empfang des Lichtes oder ein Hilfsmittel für die Erfahrung spiritueller Zustände und die Fülle einer inneren Wandlung sein sollte.
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Einen entwickelten Intellekt zu haben, ist immer förderlich, wenn man ihn von oben erleuchten und einem göttlichen Zweck zuführen kann.
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Auch der Tumult der mentalen (intellektuellen) Aktivität muss zum Schweigen gebracht werden, genauso wie die vitale Aktivität des Begehrens, damit Ruhe und Frieden vollkommen werden. Wissen darf nur von oben kommen. In dieser Ruhe werden die üblichen mentalen Tätigkeiten ebenso wie die gewöhnlichen vitalen Tätigkeiten zu Oberflächenbewegungen, mit denen das schweigende innere Selbst nicht verbunden ist. Die Befreiung ist notwendig, damit die Tätigkeiten der Unwissenheit durch das wahre Wissen und die wahre Lebens-Tätigkeit ersetzt oder umgewandelt werden können.
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Intellektuelle Tätigkeiten sind nicht Teil des inneren Wesens – der Intellekt ist das äußere Mental.
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Der Intellekt kann ein ebenso großes Hindernis sein wie das Vital, wenn er beschließt, seine eigenen [Gedanken-] Konstruktionen der Wahrheit vorzuziehen.
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Der Intellekt ist ein Teil des Mentals und wie das übrige Mental ein Instrument der Halb-Wahrheit.
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Was du gesagt hast, ist durchaus in Ordnung. Die Wahrheit zu erkennen, hängt nicht von einem großen oder kleinen Intellekt ab. Es hängt davon ab, ob man mit der Wahrheit in Verbindung steht und ein schweigsames und ruhiges Mental sie empfangen kann. Die größten Intellektuellen können die gröbsten Fehler begehen und Wahrheit mit Falschheit verwechseln, wenn sie nicht den Kontakt mit der Wahrheit oder die unmittelbare Erfahrung [davon] haben.
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Die Aufgabe des Intellektes besteht darin, von den Wahrnehmungen des Mentals und der Sinne her zu urteilen, Schlussfolgerungen zu ziehen und die Dinge in logische Beziehung zueinander zu bringen. Ein wohl geübter Intellekt ist eine gute Vorbereitung des Mentals für größeres Wissen, vermag als solcher aber nicht, yogisches Wissen zu vermitteln oder das Göttliche zu erkennen – er kann vom Göttlichen nur Vorstellungen haben, doch bedeutet Vorstellungen zu haben nicht Wissen. Der Intellekt muss im Verlauf der Sadhana in das höhere Mental umgewandelt werden, das als solches ein Übergangsstadium auf dem Weg zum wahren Wissen ist.
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Der Intellekt der meisten Menschen ist höchst unvollkommen, schlecht geschult und halbentwickelt – daher sind die intellektuellen Folgerungen der meisten voreilig, unbegründet und irrig oder, wenn richtig, dann mehr aus Zufall als aus [eigenem] Verdienst oder einwandfreiem Funktionieren. Die Folgerungen werden ohne Kenntnis von Tatsachen oder von korrekten oder hinreichenden Daten gezogen, einfach durch einen voreiligen Rückschluss, wobei der Vorgang, durch den man von den Gegebenheiten zu den Rückschlüssen gelangt meist unlogisch und fehlerhaft ist – und da der Vorgang, durch den man zur Folgerung gelangt, anfechtbar ist, ist aller Voraussicht nach auch die Folgerung trügerisch. Dabei aber ist der Intellekt meist arrogant und dünkelhaft und verficht seine unvollkommenen Rückschlüsse vertrauensselig als Wahrheit, während er solche, die nicht damit übereinstimmen, als fehlerhaft, dumm oder töricht herabsetzt. Selbst wenn er voll geübt und entwickelt ist, vermag der Intellekt nicht zur absoluten Gewissheit oder vollständigen Wahrheit zu gelangen; er kann aber zu einem Aspekt oder einer Seite der Wahrheit sowie zu einer vernünftigen oder glaubhaften Bestätigung kommen; ungeschult hingegen ist er ein reichlich unzulängliches Instrument – zur gleichen Zeit voreilig und keinen Widerspruch duldend, unsicher und unzuverlässig.
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Das Mental berichtet über die Dinge nicht wie sie sind, sondern wie sie ihm erscheinen. Es erfasst einzelnes, übersieht anderes; später vermischen sich Erinnerung und Einbildung und geben eine ganz andere Darstellung der Sache.
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Es ist nicht Willensschwäche oder ein Ergebnis der Passivität, sondern eine übereilte Entscheidung aufgrund eines mentalen Impulses. Das ist die gewöhnliche Bewegung des Mentals – und manchmal das Ergebnis einer bestimmten Art von sattwischem Eifer. Aufgrund der Eile aber nimmt man sich nicht genügend Zeit, die andere Seite zu sehen, die Mängel der getroffenen Entscheidung oder den etwaigen Einwand, der vorgebracht werden könnte. Friede ist die Grundlage, aber zum Frieden muss sich das Wirken eines bestimmten Lichtes von oben gesellen, wodurch jedes Ding in seinen richtigen Dimensionen als Ganzes erscheint – denn das Mental ist ohne die Führung durch ein solches höheres Licht bestenfalls unvollkommen und in seinen Wahrnehmungen meist einseitig.
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Die meisten Menschen ohne [echtes] Wissen neigen zur Starrsinnigkeit – sie haben ihre Ideen und wollen nicht, dass sie geändert werden oder ihre Starrheit beeinträchtigt wird.
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Der springende Punkt ist, dass sich die Menschen nicht die Mühe nehmen zu erkennen, ob ihnen ihr Intellekt die richtigen Gedanken, die richtigen Folgerungen, die richtigen Ansichten über Dinge und Personen vermittelt sowie die richtigen Hinweise über ihr eigenes Verhalten, ihre eigene Handlungsweise. Sie haben ihre Idee und akzeptieren sie als Wahrheit oder folgen ihr, einfach weil es ihre Idee ist. Selbst wenn sie erkennen, dass ihr Mental Fehler begangen hat, messen sie dem keinerlei Bedeutung bei und bemühen sich auch nicht um größere mentale Umsicht. Im vitalen Bereich wissen die Menschen, dass sie ihren Begierden und Impulsen nicht folgen dürfen ohne sie zu zügeln oder zu kontrollieren; es ist ihnen bekannt, dass sie ein Gewissen oder ein moralisches Empfinden haben sollten, das zwischen dem unterscheidet, was sie tun können oder sollten, und dem, was sie nicht tun können oder sollten; im intellektuellen Bereich ist man nicht so umsichtig. Es wird von den Menschen erwartet, dass sie ihrem Intellekt folgen, dass sie ihre eigenen Ideen haben und, ob richtig oder falsch, sie ohne Überprüfung geltend machen; der Intellekt ist, wie es heißt, des Menschen höchstes Instrument und hat seinen Ideen gemäß zu denken und zu handeln. Das aber ist nicht wahr; der Intellekt bedarf ebensosehr wie das Vital eines inneren Lichtes, das ihn führt, prüft und kontrolliert. Es gibt etwas, das über dem Intellekt steht, das man entdecken muss, und der Intellekt sollte lediglich ein Mittler für das Wirken jener Quelle des wahren Wissens sein.
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Menschliches Denken erkennt, dass jedes Ding stets viele Seiten hat und es entscheidet seiner eigenen Neigung oder Vorliebe oder seinen gewohnten Ideen gemäß oder aus einem Grund, der sich dem Intellekt als der beste anbietet. Es gelangt zur wirklichen Wahrheit erst dann, wenn es durch etwas anderes ein höheres Licht empfängt – wenn die Seele oder Intuition es berührt und zum Fühlen oder Erkennen bringt.
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Viele Dinge sind nur deshalb schlecht, weil die Menschen sie so sehen. Dinge, die du für richtig hältst, empfinden andere als schlecht; was du für schlecht ansiehst, finden andere ganz in Ordnung.
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Die wahre Sache ist, alles mit unbewegter Ruhe zu betrachten – sowohl das „Gute“ als auch das „Schlechte“ als Oberflächen-Bewegung der Natur zu sehen. Dies aber in Wahrhaftigkeit ohne Irren, Egoismus oder falsche Reaktionen zu tun, bedarf eines Bewusstseins und Wissens, die nicht persönlichkeitsgebunden und begrenzt sind.
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Es ist durchaus üblich, dass intuitive Suggestionen auf diese Weise kommen und dass sie vom Mental nicht beachtet werden. Der Grund hierfür ist, dass das Mental daran gewöhnt ist, seinem eigenen (Denk-]Prozess zu folgen, und die Intuition, wenn sie kommt, weder erkennt noch ihr vertraut. Das Mental muss lernen, diese Dinge wahrzunehmen, wenn sie eintreten, und ihnen Wert beizumessen, wenn die Erfahrung ihre Wahrheit bestätigt.
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In der Sphäre des Spirits gibt es nur ewige Wahrheiten – dort ist alles in sich ewig, es gibt keine Entwicklung, nichts Unverwirklichtes, nichts, was danach trachtet, sich zu erfüllen. Etwas Derartiges wie Möglichkeiten gibt es daher [dort] nicht.
Im Leben hingegen ist alles ein Spiel von Möglichkeiten – nichts ist verwirklicht, alles trachtet danach, sich zu verwirklichen oder, wenn es noch nicht danach trachtet, wartet es hinter dem Schleier darauf. Nichts ist in seiner höchsten Form verwirklicht, in seiner Wahrheit oder Vollständigkeit, aber alles ist möglich. Alle diese Möglichkeiten stammen von den Wahrheiten über uns, zum Beispiel die Möglichkeit des Wissens, die Möglichkeit der Liebe, die Möglichkeit der Freude, usw.
Intellekt, Wille usw. sind Vermittler, die versuchen von den verborgenen höheren Wahrheiten etwas zu erhaschen, um sie in das Leben zu bringen, oder aber das Leben zu ihnen zu erheben, damit jene Möglichkeiten des Daseins hier [auf Erden] die vollendeten Wirklichkeiten werden mögen, die über uns bereits bestehen.
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Der Intellekt setzt sich aus Vorstellungen, Wahrnehmungen, Rückschlüssen zusammen. Der reine Verstand ist etwas ganz anderes, doch sind nur wenige fähig, ihn zu gebrauchen. Was das Wissen im Yoga anbelangt, so kommt es zuerst vom höheren Mental, das aber selbst nicht die volle Wahrheit, sondern nur Teile davon erkennt.
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Der reine Verstand befasst sich mit den Dingen als solchen, mit Ideen, Begriffen, mit der essentiellen Natur der Dinge. Er lebt in der Welt der Ideen. Seiner Natur nach ist er philosophisch und metaphysisch.
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Alles hängt von der Bedeutung ab, die du den verwendeten Worten verleihst; es ist eine Frage der Terminologie. Im allgemeinen sagt man, dass ein Mensch Intellekt habe, wenn er richtig denken kann; die Art, der Ablauf und der Bereich des Denkens spielen keine Rolle. Wenn du den Intellekt so auffasst, dann kannst du sagen, dass er verschiedene Bereiche habe und Ford dem einen Bereich des Intellektes angehöre und Einstein einem anderen – Ford hat einen praktischen, ausübenden Geschäfts-Intellekt, Einstein einen wissenschaftlichen, entdeckenden und theoretisierenden Intellekt. In seinem Bereich theoretisiert, erfindet, entdeckt aber auch Ford. Dennoch, würdest du Ford als einen Intellektuellen oder einen Mann von Intellekt bezeichnen? Ich würde es vorziehen, für die allgemeine Fähigkeit des Mentals das Wort Intelligenz zu gebrauchen. Ford hat eine große und machtvolle praktische Intelligenz, scharfsinnig, rasch, sicher, dynamisch. Er hat einen Kopf, der auch mit Gedanken umzugehen weiß, aber selbst hier herrscht sein Hang zum Praktischen vor. Er glaubt zum Beispiel an Wiedergeburt (Metempsychose) nicht aus irgendeinem philosophischen Grund, sondern weil sie das Leben als eine Schule der Erfahrung erklärt, in dem man immer mehr Erkenntnis sammelt und sich hierdurch weiterentwickelt. Einstein andererseits hat einen hohen wissenschaftlichen Entdecker-Intellekt – nicht wie Marconi, der eine machtvoll praktische, einfallsreiche Intelligenz zur Anwendung wissenschaftlicher Entdeckungen besitzt. Alle Menschen haben natürlich irgendeine Art von „Intellekt“; zum Beispiel können alle diskutieren und debattieren (wofür, wie du richtig sagst, der Intellekt gebraucht wird); aber erst dann, wenn man sich in den Bereich der Ideen erhebt und sich dort frei umherbewegt, sagt man, „dieser Mensch hat Intellekt“. Wende dich an eine Versammlung von Bauern, und du wirst sehen, dass sie dir, wenn du ihnen Spielraum [für ihre Phantasie] gibst, ihren Standpunkt darlegen und Fragen stellen, die oft einen Parlaments-Abgeordneten nach Luft schnappen lassen würden. Wir aber begnügen uns damit zu sagen, dass diese Bauern viel praktische Intelligenz besitzen.
Die Fähigkeit zu diskutieren und debattieren ist, wie ich sagte, eine allgemeine menschliche Eigenschaft – und Gewohnheit. Vielleicht beginnt hier der Mensch, sich vom Tier zu unterscheiden; denn Tiere besitzen große Intelligenz, und viele Tiere, sogar Insekten, haben eine elementare Fähigkeit des praktischen Folgerns; aber soweit uns bekannt ist, kommen sie nicht zusammen, um ihre Anschauungen über Dinge zu vergleichen oder sich in einer Debatte an den Kopf zu werfen1 wie es selbst die ungebildetsten Menschen tun können – und sehr ausgiebig tun.
Diese Fähigkeit aber, obwohl ein Allgemeingut der Menschheit, wird sehr häufig auf eine [negative] Weise spezialisiert, so dass jemand, dem in einer Debatte über Literatur oder Wissenschaft zu begegnen gefährlich ist, wie ein Narr in einem Sumpf von Fehlern und Trugschlüssen umherwaten kann, wenn er über Politik und Wirtschaft oder meinetwegen Spiritualität und Yoga diskutiert. Seine einzige Rettung ist die segensreiche Tiefe seiner Unwissenheit, die ihn daran hindert zu erkennen, was er angerichtet hat. Und dennoch, ein Mensch mag in Fragen des Rechts oder der Politik, die einander meist die Hand reichen, scharfsinnig debattieren können, ohne intellektuell zu sein. Ich gebe zu, dass man einen gewissen logischen Intellekt haben muss, um gut debattieren zu können. Doch ist es schließlich das Ziel der Debatte, als Sieger hervorzugehen, seinen Standpunkt darzulegen, was man auch dann tun kann, wenn der Standpunkt falsch ist; der Erfolg und nicht die Wahrheit ist das Ziel einer Debatte. Deshalb stimme ich dir mit Vorbehalt zu.
Ich gehe auch damit einig, dass etikettierte Aufschriften, selbst wenn weniger entwickelte Personen damit versehen werden, unbefriedigend sind. In Wirklichkeit greifen wir nur ein hervorstechendes Merkmal heraus und etikettieren damit die Person als ob sie hieraus allein bestünde. Aber ohne [diesen Vorgang] ist eine Klassifikation unmöglich, und der Intellekt des Menschen hat immer das Bedürfnis zu klassifizieren, Unterscheidungen festzulegen und eine Sache mit einem Etikett versehen auf die Seite zu stellen. Die Philosophen haben darauf hingewiesen, dass dies von der Wissenschaft auf zu starre Weise gehandhabt werde und fälschlich die Wahrheit der Dinge durchschneide. Aber ohne das können wir keine Wissenschaft haben.
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Selbst wenn der Intellektuelle einen immer größeren Horizont, eine immer größere [geistige] Weite erlangt, können wir dann auch erwarten, dass seine Inbrunst, Tiefe und Süße der des emotionalen Menschen ebenbürtig ist?
Möglicherweise wird der homo intellectualis in einer größeren Weite, der homo psychicus hingegen tiefer im Herzen weilen (selbst wenn das innere Mental des letzteren sich öffnet).
Verwechsle nicht höheres Wissen mit mentalem Wissen. Der intellektuelle Mensch wird fähig sein, dem was er an höherem Wissen empfängt, einen reicheren und geordneteren Ausdruck zu verleihen als der homo psychicus; daraus folgt aber nicht, dass er mehr [Wissen als jener] besitzt. Das wird erst dann der Fall sein, wenn er sich zu einer den höheren Wissensebenen entsprechenden Weite, Plastizität und Einsicht erhebt. Dann wird er seine mentale durch seine über-mentale Fähigkeit ersetzen. Für viele sogenannte Intellektuelle aber kann die Intelligenz ein Hindernis sein, da sie sich an mentale Begriffe binden oder da sie ihr seelisches Feuer unter dem schweren Gewicht des rationalen Denkens ersticken. Auf der anderen Seite habe ich verhältnismäßig ungebildete Menschen gekannt, die höheres Wissen mit einer erstaunlichen Vollständigkeit, Tiefe und Genauigkeit zum Ausdruck brachten, was man angesichts der Schwerfälligkeit ihrer geistigen Bewegungen niemals für möglich gehalten hätte. Warum also wollen wir von vornherein auf mentale Weise bestimmen, was erreichbar ist und was nicht, wenn das Über-Mental herrscht? Was sich das Mental als das muss sein vorstellt, braucht nicht das Maß für das es wird sein zu sein. Dieser oder jener homo intellectualis mag sich als ein inbrünstigerer Gott-Liebender erweisen als der überschäumende emotionale Mensch; dieser oder jener emotionale Mensch mag ein höheres Wissen empfangen und ausdrücken als sein Intellekt oder gar als der Intellekt des Intellektuellen hätte fassen oder aufbauen können. Es ist besser, die Erscheinungsformen des höheren Bewusstseins durch die Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten einer niedrigeren Ebene nicht festzulegen.
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Ein nicht-intellektuelles Mental sollte das [Höhere] Wissen nicht herabbringen können? Und wie steht es dann mit Ramakrishna? Willst du damit sagen, dass die Mehrzahl der Sadhaks hier, die nichts von Logik wissen und keine Kenntnis der Philosophie haben, niemals zu Wissen gelangen wird?
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Wenn man Glauben und Offenheit hat, das ist genug. Außerdem gibt es zwei Arten des Verstehens – Verstehen mit Hilfe des Intellektes und Verstehen im Bewusstsein. Ersteres in exakter Form zu haben, ist gut, aber nicht unerlässlich. Das Verstehen über das Bewusstsein tritt ein, wenn Glaube und Offenheit vorhanden sind, es mag aber nur allmählich und durch schrittweise Erfahrung kommen. Ich habe aber Menschen ohne Erziehung oder Intelligenz gekannt, die auf diese Weise den Yoga-Prozess in sich ausgezeichnet verstanden haben, während intellektuelle Menschen große Fehler begehen, zum Beispiel eine neutrale mentale Ruhe für spirituellen Frieden halten und sich weigern, sie hinter sich zu lassen, um weiterzugehen.
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Ja, das aktive Mental in Menschen mit einer sehr intellektuellen Neigung kann ein Hindernis für die tiefere und eher schweigende spirituelle Bewegung sein. Später, wenn es in das höhere Denken verwandelt ist (intuitiv oder obermental), wird es im Gegenteil eine große Kraft.
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Das denkende Mental muss lernen, völlig zum Schweigen zu kommen. Nur dann kann das wahre Wissen eintreten.
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Gut, das Aufhören des Denkens und anderer Vibrationen ist der Höhepunkt des inneren Schweigens. Wenn man das erreicht hat, ist es für das wahre Wissen leichter, von oben herabzukommen und an die Stelle des mentalen Denkens zu treten.
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Es ist notwendig, die Ungeduld des Mentals ein wenig zu zügeln. Wissen ist progressiv – wenn es versucht, auf einmal zum höchsten Punkt emporzuschnellen, kann es eine voreilige Gestaltung bilden, die es später wieder auflösen muss. Wissen und Erfahrung müssen allmählich und schrittweise kommen.
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Im Mental herrscht immer eine gewisse Hast, das rasch zu ergreifen, was ihm als die höchste Wahrheit dargeboten wird. Das ist unvermeidlich, doch je ruhiger man im Mental wird, desto weniger wird es die Dinge verzerren.
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Das ist immer die Schwierigkeit mit dem Mental. Es muss lernen zu schweigen und das Wissen kommen zu lassen, ohne zu versuchen, es für sein eigenes Spiel zu ergreifen.
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Eines der hauptsächlichen Hemmnisse ist immer, dass Mental und Vital versuchen, „die Erfahrung an sich zu reißen.
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Einer Erfahrung sollte man ihre volle Zeit zugestehen, um sich zu entwickeln oder ihre volle Auswirkung zu haben. Sie sollte nicht unterbrochen werden, außer wenn es sich als notwendig erweist oder natürlich, wenn es keine gute Erfahrung ist.
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Während die Erfahrung stattfindet, sollte das Mental ruhig sein. Nachdem die Erfahrung beendet ist, kann es aktiv werden. Wenn es während der Erfahrung aktiv ist, bricht diese möglicherweise ganz ab.
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Es ist nicht richtig, über eine Erfahrung nachzudenken oder Fragen zu stellen, solange sie andauert; es beendet oder vermindert sie. Lass die Erfahrung ihr volles Spiel haben, wenn sie aus dieser „neuen Lebenskraft“ oder aus Frieden, Kraft oder irgendetwas anderem Förderlichen besteht. Nachdem sie beendet ist, kannst du darüber nachdenken – nicht aber, solange sie stattfindet. Denn diese Erfahrungen sind spirituell und nicht mental, und das Mental hat ruhig zu sein und sich nicht einzumischen.
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Etwas in dir will die Gewohnheit, alles zu mentalisieren, nicht aufgeben. Solange du keine echten Erfahrungen hattest, spielte es keine Rolle. Wenn aber die echten Erfahrungen einmal beginnen, musst du lernen, auf die richtige Weise mit ihnen umzugehen.
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Du musst durch Erfahrung lernen. Mentale Information (schlecht verstanden, wie ohne Erfahrung immer) könnte eher hindern als helfen. Tatsächlich gibt es kein festes mentales Wissen über diese Dinge, die unendlich verschieden sind. Du musst lernen, das Verlangen nach mentaler Information hinter dir zu lassen und dich für den wahren Weg des Wissens zu öffnen.
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Es gibt zwei Zentren oder Teile des Bewusstseins – der eine ist ein Betrachter, sākṣī, der beobachtet, der andere Bewusstseins-Teil ist aktiv, und was du fühltest war, dass dieses aktive Bewusstsein tief in das vitale Wesen hinabging. Wenn dein Mental nicht aktiv geworden wäre, hättest du gewusst, wohin es sich wandte und was es dort erfahren oder tun wollte. Wenn dir eine Erfahrung zuteil wird, solltest du nicht beginnen, darüber nachzudenken, da dies gar keinen Sinn hat und nur die Erfahrung beendet – du solltest ruhig bleiben, sie beobachten und bis zu ihrem Ende ablaufen lassen.
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Es war nicht eine Einbildung, sondern eine Erfahrung. Während einer solchen Erfahrung kann der Versuch, sie mental zu erfassen und fortzusetzen, sie im Gegenteil unterbrechen. Es ist das beste, sie von selbst sich fortsetzen zu lassen; wenn sie aufhört, wird sie wahrscheinlich wiederkehren.
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Während die Erfahrung stattfindet, ist Streben nicht erforderlich. Während der Zwischenzeiten sollte es vorhanden sein.
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Wenn das persönliche Mental still ist, wird jede erforderliche mentale Tätigkeit von jener Kraft aufgenommen und getan, die alles notwendige Denken übernimmt und es fortschreitend umwandelt, indem sie eine immer höhere Ebene der Wahrnehmung und des Wissens in es einbringt.
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Es ist durchaus möglich, Arbeit in einer gänzlichen Leere zu tun, ohne irgendein Dazwischentreten oder irgendeine Tätigkeit der niederen Teile des Bewusstseins.
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Im Schweigen des Mentals kann die stärkste und freieste Tätigkeit stattfinden, zum Beispiel ein Buch zu schreiben oder zu dichten oder inspiriert zu sprechen usw. Wenn das Mental aktiv ist, wirkt es störend auf die Inspiration ein, bringt seine eigenen kleinen Ideen vor, die mit der Inspiration vermischt werden, oder bringt die Inspiration überhaupt zum Stillstand durch das Aufsprudeln von allen möglichen rein mentalen Eingebungen. Ebenso können Intuitionen oder die Arbeit usw. ohne die übliche untergeordnete Bewegung des Mentals einfacher stattfinden. Auch kann im Schweigen des Mentals das Wissen am leichtesten von innen oder oben kommen – von der Seele oder vom höheren Bewusstsein.
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Das Nichtvorhandensein des Denkens ist genau das Richtige – denn das wahre innere Bewusstsein ist ein schweigendes Bewusstsein, das die Dinge nicht auszudenken braucht, sondern die rechte Wahrnehmung, das rechte Verstehen und Wissen auf spontane Weise von innen erhält und demgemäß spricht oder handelt. Es ist das äußere Bewusstsein, das von äußeren Dingen abhängig ist und darüber nachdenken muss, weil es diese spontane Führung nicht besitzt. Wenn man in diesem inneren Bewusstsein gefestigt ist, kann man sich willentlich dazu zwingen, die frühere Tätigkeit wieder aufzunehmen, doch ist es keine natürliche Bewegung mehr, und sie wirkt nach längerer Zeit ermüdend. Träume sind etwas anderes. Träume über zurückliegende Dinge steigen aus dem Unterbewusstsein auf, das die alten Eindrücke und Keime der vergangenen Bewegungen und Gewohnheiten bewahrt, lange noch nachdem das Wachbewusstsein sie fallengelassen hat. Vom Wachbewusstsein aufgegeben, kommen sie dann im Traum empor; denn das äußere physische Bewusstsein wendet sich im Schlaf hinab in das Unterbewusstsein – oder wendet sich ihm zu –, von woher viele Träume aufsteigen.
Das Schweigen, in dem alles ruhig ist und man ein Betrachter bleibt, während etwas im Bewusstsein spontan die höheren Dinge herabruft, ist das gänzliche Schweigen, das eintritt, wenn die volle Kraft des höheren Bewusstseins auf Mental, Vital und den Körper einwirkt.
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Die reine Inspiration, das reine Empfangen sind etwas ganz anderes – sie kommen von tief innen oder hoch oben. Das [wovon du sprichst] ist das niedrige vitale Mental, das dabei ist, Gestaltungen zu bilden. Wenn die Stille in dir herrscht, können alle möglichen Dinge zur Oberfläche aufsteigen – sie dürfen nicht angenommen, sondern müssen einfach betrachtet werden. Mit der Zeit wird sich die Ruhe so sehr entwickeln, dass sie auch das vitale und äußere Mental zu bezwingen vermag, und in diese vollständige Ruhe werden die wahren Erkenntnisse eintreten.
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Erlaube dem Mental nicht, von allen möglichen Ideen und Gefühlen überzuschäumen, sondern bleibe ruhig und lerne nur das zu denken und zu fühlen, was wahr und richtig ist.
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Hinsichtlich der mentalen Kräfte besteht die Gefahr, dass sie bei der Herabkunft des höheren Bewusstseins dazu neigen, im Bewusstsein aktiv zu werden (außer es besteht ein tiefes Schweigen), um mentale Ideen zu formen, die immer falsch angewendet werden können. Als erstes sollte eine Grundlage aus völliger Stille, Frieden und Schweigen vorhanden sein – wenn eine Tätigkeit stattfindet, sollte es die eines Herabkommens von Wissen sein, welches das schweigende Mental exakt empfängt. Das ist leicht zu erreichen, vorausgesetzt das Mental ist ruhig.
Beim Vital besteht die Gefahr darin, dass es die Liebe, den Ananda, den Schönheitssinn ergreift und für seine eigenen Zwecke gebraucht, also für Beziehungen oder Austausch von vital-menschlicher Art oder irgendein reines eigenes Vergnügen.
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Im Westen dominiert das physische Mental zu sehr, so dass die Seele nicht leicht eine Chance erhält – es sei denn in außergewöhnlichen Menschen.
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Schließlich hat Indien mit seiner Denkungsart und Methode auf dem spirituellen Gebiet hundertmal mehr getan als Europa mit seinen intellektuellen Zweifeln und Fragen. Selbst wenn ein Europäer das Zweifeln und Fragen überwindet, ist es für ihn bei der gleichen Kraft der Persönlichkeit schwer, ebenso rasch und weit zu kommen wie ein Inder, weil der mentale Impuls bei ihm größer ist. Nur wenn er den überwindet, kann er zum Ziel gelangen, was aber nicht so einfach für ihn ist.
Auf der anderen Seite jedoch ist deine Behauptung richtig. Wenn du die Zeiten berücksichtigst und die Tatsache, dass die westliche Mentalität allenthalben dominiert, ist es ganz natürlich. Wahrscheinlich wird es auch notwendig sein, dem entgegenzutreten und es zu überwinden, bevor eine supramentale Verwirklichung im Erdbewusstsein möglich ist – denn es ist die Haltung des physischen Mentals gegenüber spirituellen Dingen; und da der Widerstand zuerst im Physischen überwunden werden muss, bevor das Mental auf die Weise, die dieser Yoga fordert, überschritten werden kann, war es unumgänglich, dass seine [des Mentals] Schwierigkeiten so stark wie nur irgendmöglich hervortraten.
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Die Zurückweisung der Zweifel ist gleichbedeutend mit der Kontrolle der eigenen Gedanken – soviel steht fest. Die Kontrolle der eigenen Gedanken aber ist ebenso notwendig wie die Kontrolle der eigenen vitalen Begierden und Leidenschaften oder die Kontrolle der eigenen Körperbewegungen – notwendig für den Yoga und nicht nur für den Yoga. Man kann nicht einmal als ein voll entwickeltes mentales Wesen gelten, wenn man seine Gedanken nicht beherrscht, ihr Beobachter, Richter und Meister ist, der mentale Purusha – manomaya puruṣa, sākṣī, anumantā, īśvara. Es steht dem mentalen Wesen nicht länger an, der Spielball aufrührerischer und unkontrollierbarer Gedanken zu sein oder ein ruderloses Schiff im Sturm der Begierden und Leidenschaften oder ein Sklave der Trägheit oder der Impulse des Körpers. Ich weiß, dass es schwierig ist, denn der Mensch, der in erster Linie ein Geschöpf der mentalen Prakriti ist, identifiziert sich mit den Bewegungen seines Mentals und kann sich von den Wirbeln und Strömungen des mentalen Strudels nicht mit einem Mal absetzen. Es fällt ihm verhältnismäßig leicht, seinem Körper eine Kontrolle aufzuerlegen, zumindest einem bestimmten Teil der Körperbewegungen; nicht so leicht, aber noch durchaus möglich, wenn er sich darum bemüht, ist es für ihn, seinen vitalen Impulsen und Begierden eine mentale Kontrolle aufzuerlegen; weniger einfach hingegen ist es, wie der tantrische Yogi am Fluss über dem Wirbel seiner Gedanken zu verharren. Immerhin, es ist möglich; alle mental entwickelten überdurchschnittlichen Menschen müssen auf die eine oder andere Weise oder zumindest zeitweilig und für bestimmte Zwecke die beiden Teile des Mentals trennen, den aktiven Teil, der eine Gedankenfabrik ist, und den, der der ruhige Meister und zugleich ein Betrachter und Wille ist, der sie [die Gedanken] beobachtet, beurteilt, zurückweist, eliminiert, akzeptiert, Richtigstellungen und Veränderungen anordnet – der der Herr im Haus des Mentals ist und der eigenen Herrschaft fähig, sāmrājya.
Der Yogi geht noch weiter; er ist dort nicht nur Meister, sondern tritt, solange er gleichsam noch im Mental lebt, sozusagen daraus heraus und steht darüber oder ganz davon zurück und ist frei. Für ihn trifft das Bild der Gedankenfabrik nicht länger zu; denn er sieht, dass Gedanken von außerhalb kommen, vom universalen Mental oder von der universalen Natur, manchmal geformt und eindeutig, manchmal ungeformt, um dann irgendwo in uns Form zu erhalten. Die Hauptaufgabe unseres Mentals besteht darin, diese Gedankenwellen entweder anzunehmen oder zurückzuweisen (so wie auch die vitalen Wellen oder die feinstofflichen Energie-Wellen) oder der Gedanken-Substanz (oder den vitalen Bewegungen) aus der sie umgebenden Natur-Kraft persönlich-mentale Form zu geben. Ich schulde Lele großen Dank, dass er mir dies gezeigt hat. „Sitze und meditiere“, hatte er gesagt, „aber denke nicht, betrachte nur dein Mental. Du wirst sehen, wie die Gedanken in es eintreten; und bevor sie das tun können, weise sie von deinem Mental zurück, bis es des gänzlichen Schweigens fähig ist“. Ich hatte noch nie von Gedanken gehört, die sichtbar in das Mental von außen eintreten, dachte aber nicht daran, die Richtigkeit oder Möglichkeit [seiner Behauptung] in Frage zu stellen, sondern setzte mich einfach hin und tat es. In einem einzigen Augenblick gelangte mein Mental zum Schweigen und wurde wie die windstille Luft auf einem hohen Berggipfel, und dann sah ich einen Gedanken und dann einen anderen auf konkrete Weise von außerhalb kommen; ich warf sie zurück, bevor sie eintreten und das Gehirn erfassen konnten, und in drei Tagen war ich frei. Das mentale Wesen in mir wurde von diesem Augenblick an im Prinzip eine freie Intelligenz, ein universales Mental, nicht mehr beschränkt auf den engen Kreis des persönlichen Gedankens wie ein Arbeiter in einer Gedankenfabrik, sondern ein Empfänger des Wissens aus all den hundert Bereichen des Wesens, und frei zu wählen, was es wollte in diesem weiten Reich der Schau und des Denkens. Ich erwähne dies nur, um darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeiten des mentalen Wesens nicht begrenzt sind und dass es ein freier Betrachter und Meister in seinem eigenen Haus sein kann. Es ist nicht gesagt, dass jeder es auf die gleiche Weise wie ich zu tun vermag und mit der gleichen Schnelligkeit einer entschlossenen Bewegung (natürlich dauerte die spätere und vollste Entwicklung dieser neuen, ungebundenen mentalen Macht lange Zeit, viele Jahre), aber eine fortschreitende Freiheit und Meisterung des eigenen Mentals ist durchaus innerhalb der Möglichkeiten eines jeden, der den Glauben und Willen hat, dies anzugehen.
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Der Irrtum entstand deshalb, weil du glaubst, dass es deine Gedanken sind, dass du sie machst und dass keine Gedanken vorhanden sind, wenn du keine hervorbringst (das heißt, wenn du nicht denkst). Mit etwas Beobachtungsgabe hättest du erkannt, dass nicht du deine Gedanken erzeugst, dass sie sich vielmehr in dir ereignen. Gedanken werden wie Dichter geboren, nicht fabriziert – wie das Sprichwort sagt. Natürlich ist eine gewisse Arbeit oder Bemühung erforderlich, wenn du Gedanken hervorzubringen oder über ein bestimmtes Thema nachzudenken versuchst, doch handelt es sich dann um eine Konzentration mit dem Ziel, Gedanken entweder entstehen oder eintreten oder herabkommen zu lassen – je nachdem –, um sie dann zusammenzufügen. Die Vorstellung, dass du die Gedanken formst oder zusammenfügst, ist eine egoistische Täuschung. Sie tun es selbst, oder die Natur tut es für dich, allerdings unter einem gewissen Zwang; du musst sie oft prügeln, damit sie es tut, und die Prügel haben nicht immer Erfolg. Aber wenn das Mental oder die Natur oder die mentale Energie es tut – du kannst es nennen wie du willst –, geschieht es auf eine bestimmte Weise, wobei eine bestimmte Richtung von Gedanken verfolgt wird, wahllose Intelligenzialitäten (entschuldige den Barbarismus!) oder Dummheiten, starr geordnete oder mangelhaft geordnete Intellektualitäten, logische Folgerichtigkeiten und logische Folgewidrigkeiten usw. usw. Wie soll es einer Intuition gelingen, in dieses walzende und kollidierende Gedränge zu gelangen? Manchmal geschieht es tatsächlich; das Mental einiger Menschen empfängt häufig Intuitionen, die aber sofort von den gewöhnlichen Gedanken umringt und bei lebendigem Leib aufgefressen werden; worauf sie, während das Fragment der gemordeten Intuition durch ihre nicht-intuitiven Mägen schimmert, dich lächelnd anschauen und sagen: „Wir sind eine Intuition, Sir“. Sie sind aber nur Intellekt, Intelligenz oder gewöhnliches Denken, das den Bruchteil einer entstellten und daher irreführenden Intuition enthält. Bei einem leeren Mental hingegen – leer, aber nicht träge (das ist wichtig) – haben Intuitionen eine Chance, heil und lebendig einzutreten. Doch glaube nun um Himmels willen nicht, dass alles, was in ein leeres Mental eintritt, intuitiv ist. Irgendetwas, jegliche verdammte Idee kann dort eintreten. Man hat wachsam zu sein und das Empfehlungsschreiben des Gastes zu prüfen. Mit anderen Worten, das mentale Wesen muss gegenwärtig sein, schweigend aber wachsam, unvoreingenommen aber unterscheidend. Das alles gilt jedoch nur, wenn du dich auf der Suche nach der Wahrheit befindest. Um zu dichten, ist so viel [Aufwand] nicht notwendig. Hierfür braucht nur die dichterische Qualität des Gastes geprüft zu werden, und das kann man tun, wenn er sein Päckchen zurückgelassen hat – anhand der Resultate.
Auf diese Weise kommen die Dinge, nur bemerkt man es nicht. Gedanken, Ideen, glückliche Einfälle usw. usw. wandern ständig umher (in Gedanken-Wellen oder anderswie ) und suchen ein Mental, das sie verkörpern könnte. Das eine Mental ergreift sie, betrachtet sie und weist sie zurück – das andere ergreift sie, betrachtet und akzeptiert sie. Zwei verschiedene Mentale fangen die gleiche Gedanken-Form oder Gedanken-Welle auf; da aber die mentalen Aktivitäten verschiedenartig sind, entstehen daraus verschiedenartige Ergebnisse. Oder die Gedanken-Form, wenn sie zu jemandem kommt, der nichts mit ihr anfangen kann, geht weiter und sagt: „Oh, dieses träge Tier!“, während sie bei einem anderen, der sie spontan willkommen heißt, sich niederlassen und Ausdruck verleihen kann, freudig sprudelnd vor Inspiration, Erleuchtung oder dem Enthusiasmus der ursprünglichen Entdeckung oder Erschaffung, während der Empfänger lauthals ruft: „Ich, ich habe dies vollbracht!“ Ego, Sir, Ego! Du bist der Empfänger, das bestimmende Medium, wenn du es so willst – nichts sonst.
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Diese Gedanken-Wellen, Gedanken-Keime, Gedanken-Formen, oder was immer sie auch sind, haben vor allem verschiedenen Wert und kommen von verschiedenen Ebenen des Bewusstseins. Die gleiche Gedanken-Substanz kann höhere oder niedrigere Vibrationen annehmen entsprechend der Bewusstseinsebene, von welcher die Gedanken kommen (zum Beispiel die Ebene des denkenden Mentals, des vitalen Mentals, des physischen Mentals, des unterbewussten Mentals), oder entsprechend der Macht des Bewusstseins, das sie auffängt und sie in den einen oder anderen Menschen hineindrängt. Zudem gibt es in jedem Menschen eine Mental-Substanz, deren sich der eintretende Gedanke bedient, um sich zu formen oder zu übersetzen (wir nennen es meist „übertragen“), doch ist die Substanz in dem einen Mental feiner oder gröber, stärker oder schwächer usw. usw. als in einem anderen. Auch hat jeder [Mensch] eine andere Mental-Energie – wirklich oder potentiell – und diese Mental-Energie kann in ihrer Aufnahmefähigkeit des Gedankens hell oder dunkel sein, sattvisch, rajasisch, tamasisch mit Konsequenzen, die von Fall zu Fall verschieden sind.
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Die Ideen im universalen Mental nehmen im [ menschlichen] Mental Wort-Form an, sobald sie in es eintreten – außer sie kommen von Wesen und nicht als reine Ideen-Kräfte.
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Das ist eine falsche Psychologie. Denken ist ohne Worte durchaus möglich. Kinder haben Gedanken, auch Tiere – Gedanken können eine andere Form als Worte annehmen. Die Gedanken-Wahrnehmungen finden zuerst statt – die Sprache kommt dann, um die Wahrnehmungen auszudrücken, und führt als solche wiederum zu neuen Gedanken.
Mentales Wissen ist von geringem Wert, außer vielleicht als eine Einführung, die auf das wahre Wissen hinweist, welches von einem direkten Bewusstsein der Dinge stammt.
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Ist es das gleiche, Wissen von oben zu erhalten oder vom Mental in seiner eigenen Fähigkeit? Wenn das Mental fähig ist, besteht keine Notwendigkeit für das Wissen von oben; es kann das Wissen dann durch seine eigene Größe erlangen.
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Nicht mentales Wissen ist notwendig, sondern eine seelische oder unmittelbare Wahrnehmung im Bewusstsein. Mentales Wissen kann immer durch die Tricks des Vitals geblendet werden.
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Eine größere Vervollkommnung des Wissens kann nur durch eine weitere Entwicklung stattfinden und durch das Wirken einer anderen Art von Wissen, das sich dem Physischen mitteilt und allmählich die Funktionen des Mentals in all seinen Teilen übernimmt.
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Wissen ist immer besser als Unwissenheit. Es macht die Dinge, wenn auch nicht augenblicklich, so doch zu einem späteren Zeitpunkt möglich, während Unwissenheit tatsächlich hemmend und irreführend wirkt.
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Es gibt verschiedene Arten von Wissen. Die eine ist die Inspiration, das heißt etwas, das wie ein Blitz von den Wissens-Ebenen herkommt und in einem einzigen Augenblick das Mental der Wahrheit öffnet. Das ist Inspiration. Sie vermag sich leicht in Form von Worten auszudrücken; so schreibt zum Beispiel ein Dichter oder spricht ein Redner aus Inspiration – wie die Leute sagen.
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Die Idee ist nicht genug. Sie vermittelt nur ein halbes Licht. Du musst zur vollen Wahrheit gelangen, die hinter beiden, der Idee und Sache steht. Sein, Bewusstsein, Kraft – das ist das dreifache Geheimnis.
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In der Idee ist eine Macht – eine Kraft, deren Form die Idee ist. Und hinter der Idee, der Kraft und dem Wort steht das, was der Spirit genannt wird – ein Bewusstsein, das die Kraft hervorbringt.
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Alles Bewusstsein kommt von dem einen Bewusstsein – Wissen ist ein Aspekt des Göttlichen Bewusstseins.
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Spirituelles Wissen ist die bewusste Erfahrung der Wahrheit, innerlich geschaut, gefühlt, gelebt, und es ist auch eine spirituelle Wahrnehmung (direkter und konkreter als die intellektuelle Wahrnehmung) der wahren Bedeutung der Dinge, die sich im Denken und Sprechen ausdrücken kann, an sich aber davon unabhängig ist.
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Ich sprach von deiner Erfahrung des höheren Bewusstseins, deinem Sehen der Mutter in allen Dingen – es ist das, was man als spirituelle Verwirklichungen, spirituelles Wissen bezeichnet. Verwirklichungen sind die Essenz des Wissens; Gedanken darüber und ihr Ausdruck in Worten sind ein geringeres Wissen, und wenn die Gedanken rein mental sind, ohne Erfahrung oder Verwirklichung, werden sie im spirituellen Sinn überhaupt nicht als jnana [Wissen] betrachtet.
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Das Mental in seinen höheren Teilen ist sich des Einsseins mit dem Göttlichen bewusst – auf jede Weise, in allen Dingen; und da es dieses höchste Wissen besitzt, wird es durch die eigene Unwissenheit und Unfähigkeit in seinen niedrigeren instrumentalen Teilen nicht gestört; es betrachtet all das mit einem Lächeln und verharrt glücklich und leuchtend mit dem Licht des höchsten Wissens.
Das Bewusstsein der Einung mit dem Göttlichen ist für den spirituell Suchenden das höchste Wissen.
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Ja, es geschieht auf diese Weise. Ein Anflug von Verwirklichung reicht aus, um das höhere Mental-Wissen oder das erleuchtete Mental-Wissen fließen zu lassen.
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Man sollte den Fluss des höheren Wissens durch solche Fragen nicht anhalten. Später kann man darüber nachdenken und die Antwort erhalten. Das Wissen, das kommt, ist in seinem Ausdruck nicht unbedingt vollständig oder vollkommen; man sollte es aber frei kommen lassen; später kann es dann erweitert oder verbessert werden.
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Weder das Wissen noch irgend etwas anderes ist zu Beginn beständig – und selbst wenn es der Fall wäre, kann man nicht erwarten, dass es immer aktiv ist. Das kommt später.
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Es ist das Ego, das aufgegeben werden muss. Wissen wird notwendigerweise beschränkt sein, solange nicht die vollständige Weite von oben herrscht; es hat keine Bedeutung.
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Dein Mental ist zu aktiv. Wenn es ruhiger wäre und weniger fragen, argumentieren und ruhelos nach Lösungen suchen würde, hätte das Wissen, wie mir scheint, eine größere Chance herabzukommen und das intuitive, nicht-intellektuelle Bewusstsein könnte sich in dir entwickeln.
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Solange das äußere Mental nicht ruhig ist, kann sich die Intuition unmöglich entwickeln. Du wirst also für immer damit fortfahren müssen, intellektuelle Fragen über das zu stellen, was jenseits des Intellektes ist, bis sich die Intuition trotz dieser Fragerei entwickelt.
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Es ist das physische Mental, das all diese Fragen stellt und nicht verstehen oder die richtige Antwort geben kann. Wahres Wissen und Verstehen kann nur dann eintreten, wenn du aufhörst, mit dem kleinen physischen Mental Fragen zu stellen, und einem tieferen und weiteren Bewusstsein in dir erlaubst hervorzutreten und zu wachsen. Du würdest dann automatisch die wahre Antwort und wahre Führung erhalten. Dein Fehler ist, dem äußeren Mental und seinen Ideen und Wahrnehmungen so viel Bedeutung beizumessen, statt dich auf das Wachsen des inneren Bewusstseins zu konzentrieren.
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Man kann über alles, was es auch sei, tausenderlei Fragen stellen, und es würde Bände füllen, sie zu beantworten – und selbst dann verstünde das Mental nichts. Nur durch ein Wachsen des Bewusstseins selbst kannst du eine unmittelbare Wahrnehmung dieser Dinge erlangen. Hierfür aber muss das Mental ruhig sein und an seine Stelle ein direktes Fühlen, eine direkte Intuition treten.
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Wenn du die wahre intuitive Ebene erreichst, sind Anweisungen oder Fragen, wie die Sadhana auszuüben sei, nicht mehr notwendig. Die Sadhana wird sich im Licht der Intuition von selbst entwickeln.
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Dinge, die über die Sadhana oder irgendeine echte Wahrheit gesagt wurden, erhalten mit dem Wachsen des Bewusstseins und der Erfahrung größere Bedeutung. Daher wird immer, wenn man eine neue Bewusstseins-Ebene erreicht, die Wahrheit, die das Mental früher erkannte, eine neue und weit tiefere Sache.
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Die Hauptsache ist immer, den Frieden und die Macht wirken und dem Mental nicht zu erlauben, sich ablenken und stören zu lassen. Alle Werte des Mentals sind Gestaltungen der Unwissenheit – erst wenn dein seelisches Wesen hervortritt, hast du das wahre Wissen, denn das seelische Wesen weiß.
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Ja, so ist es. Das gewöhnliche Mental, das von den vitalen Begierden und seinen eigenen mentalen Gestaltungen beherrscht wird, vermag nicht zu verstehen – es muss ruhig werden und den Frieden und die Kraft wirken lassen, damit sie ein anderes Bewusstsein mit dem wahren Licht darin hervorbringen. Wenn das geschehen ist, werden diese Zweifel und ihre Reaktionen aufhören.
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Du musst dem Bewusstsein nur erlauben, sich zu entwickeln. Zuerst wird es sowohl Fehler als auch richtige Ideen geben; wenn aber eine hinreichende Entwicklung in dir stattgefunden hat und die Kraft und das Wissen der Mutter unmittelbar in dir wirken, ordnen sich die Dinge mehr und mehr – und nicht nur das, sondern du wirst auch die innere Gewissheit erlangen. Gegenwärtig beharrt noch ein zu großer Teil des alten physischen Mentals darauf, dass seine Wahrnehmungen immer richtig sind. In dem Maß, wie Friede und Kraft unmittelbar und vollständig vom physischen Bewusstsein Besitz ergreifen, ändert sich das, und das Bewusstsein wird sich mit größerer Sicherheit und in einem helleren Licht entwickeln.
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Kehre zurück zu dem wahren Gefühl der Kraft und des Friedens – das Verstehen wird mit dem Wachsen jenes Gefühls und jener Erfahrung zunehmen. Denn mit der Kraft und dem Frieden kommt immer etwas von dem Licht, und dieses Licht, welches das Mental erleuchtet, bringt das Verstehen. Fehler und Nicht-Verstehen sind unvermeidlich, solange du mit dem nicht-erleuchteten Mental zu begreifen versuchst.
Es liegt in der Natur des physischen Mentals, nichts Überphysisches zu glauben oder anzuerkennen, wenn es nicht erleuchtet ist und durch das Licht dazu gezwungen wird. Identifiziere dich nicht mit diesem Mental, betrachte es nicht als einen Teil von dir, sondern lediglich als ein dunkles Wirken der Natur. Rufe das Licht herab, bis es [das physische Mental] dazu gezwungen wird zu glauben.
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Ja, das physische Mental folgert, meistens aber auf der Grundlage von äußeren Tatsachen – von Dingen, so wie sie dem äußeren Mental und den Sinnen oder den üblichen, gewohnten Vorstellungen oder einem rein äußerlichen Wissen erscheinen.
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Das physische Mental ist das Instrument des Verstehens und der geordneten Einwirkung auf physische Dinge. Anstatt aber dunkel und unwissend zu sein und umherzutappen, wie es jetzt der Fall ist, oder sich nur von einem äußeren Wissen leiten zu lassen, muss es sich des Göttlichen bewusst werden und in Übereinstimmung mit einem inneren Licht, Willen und Wissen handeln – es muss den Kontakt mit der physischen Welt aufnehmen und zu einem verstehenden Einssein mit ihr gelangen.
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Es bedeutet, dass im äußeren physischen Mental eine gewisse Dunkelheit herrscht, die das Wissen daran hindert hervorzutreten. Diese Dunkelheit im äußeren physischen Mental ist etwas Universales – du empfindest es gerade jetzt so sehr, weil der Widerstand gegenwärtig im physischen Bewusstsein zentriert ist. Dies wird vorübergehen, sobald die [Yoga-] Kraft durch das Mental und Vital herabkommen und direkt auf die physische Natur einwirken kann.
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Was du fühltest, war die Dunkelheit des äußeren physischen Mentals und der äußeren physischen Natur (das Zentrum im Hals ist das Zentrum dieses äußeren Mentals). Solange sie besteht, bleibt sowohl die äußere Natur als auch die äußere Tätigkeit immer die gleiche, und es gibt keine Übereinstimmung zwischen ihnen und dem inneren spirituellen Bewusstsein und der inneren spirituellen Erfahrung. Das wird nicht durch eine einzige Erfahrung anders; ein ständiger Wille zur Wandlung ist erforderlich.
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Was du sagst, ist ganz richtig. Keine persönliche Bemühung kann diese Dinge zuwege bringen; daher raten wir dir immer, dich ruhig zu verhalten und Frieden und Kraft wirken zu lassen. Was das Verstehen anbelangt, so ist es dein physisches Mental, das verstehen will; das physische Mental jedoch ist aus sich heraus unfähig, diese Dinge zu verstehen, denn es besitzt weder das Wissen noch die Mittel des Wissens. Auch sind seine Normen von denen des wahren Wissens ganz verschieden. Alles was das physische Mental tun kann ist, ruhig zu sein und das Licht in sich eintreten zu lassen, es zu akzeptieren, ohne seine eigenen Ideen geltend zu machen – dann wird es immer mehr das Wissen empfangen. Auf diese Weise jedoch kann es das Wissen nicht empfangen, es muss sich überantworten.
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Es ist die Aufgabe des äußeren physischen Mentals, sich mit äußeren Dingen auseinanderzusetzen – aus diesem Grund will es sich immer damit beschäftigen. Es muss lernen ruhig zu sein und nur dann zu handeln, wenn der Wille es benützen will und es wirklich gebraucht wird, und auch nur auf das einzuwirken, womit sich der Wille auseinandersetzen will – und nicht aufs Geratewohl umherzuschweifen. Wenn es ruhig geworden ist, kann es sich nach innen wenden und mit dem inneren physischen Bewusstsein in Kontakt und zu einer Einheit kommen. Die Weite und der Friede können in dem Maß wie sie zunehmen viel dazu beitragen, das physische Mental zu beruhigen und in ihm die innere Quelle einer tieferen Tätigkeit zu schaffen.
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Was du jetzt gesehen und in deinem Brief beschrieben hast, ist die gewöhnliche Tätigkeit des physischen Mentals, das voll ist von den üblichen gewohnheitsmäßigen und fortwährend wiederkehrenden Gedanken und immer mit äußeren Dingen und Tätigkeiten beschäftigt. Was dich früher zu beunruhigen pflegte, war das mentale Vital, das etwas anderes ist – denn das ist immer mit Emotionen, Leidenschaften und Begierden beschäftigt, mit allen möglichen Reaktionen auf die Kontakte des Lebens und das Benehmen anderer. Auch das physische Mental kann auf diese Dinge reagieren, aber auf andere Weise – seine Natur ist weniger die des Begehrens als der gewohnheitsmäßigen Aktivität, der kleinen, gewöhnlichen Interessen, Leiden und Vergnügen. Wenn man es zu überwachen oder zu unterdrücken versucht, wird es umso aktiver.
Um mit diesem Mental umzugehen, sind zwei Dinge notwendig: 1. Nicht so sehr zu versuchen, es zu überwachen, oder mit ihm zu kämpfen oder es zu unterdrücken, als sich vielmehr von ihm zu lösen; man betrachtet es und erkennt, was es ist, weigert sich aber, seinen Gedanken zu folgen oder sich in die Dinge, die es beschäftigt, einzumischen und bleibt im Hintergrund des Mentals ruhig und losgelöst. 2. In dieser Loslösung die Ruhe und Konzentration zu üben, bis die Gewohnheit der Ruhe das physische Mental ergreift und die Gewohnheit jener kleinen Tätigkeiten ersetzt. Natürlich nimmt das alles Zeit in Anspruch und kann nur durch Übung geschehen. Was du zu tun vorschlägst, ist daher richtig.
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Löse dich von der gewohnten Bewegung der Gedanken, lass sie sich außerhalb deines Mentals abspielen als etwas, das du beobachten kannst, so wie du Dinge beobachtest, die sich auf der Straße abspielen. Solange du das nicht tust, ist es schwierig, der Meister des Mentals zu sein.
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Ganz richtig. Aber das ist eine allgemeine Erfahrung – es ist erstaunlich, wie lange es dauert, bis es dem physischen Mental dämmert, das Einfache und Richtige zu tun.
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Die Seele kann sehr großen Einfluss auf das physische Mental ausüben, indem sie ihm zur richtigen Einstellung verhilft und zum rechten Weg, die Dinge zu betrachten, damit es [das physische Mental] das emotionale Wesen in seinem Streben, seiner Liebe und Hingabe unterstützt und selbst Interesse und Glauben an der inneren Wahrheit der Dinge sowie Einblick in sie erhält, anstatt nur ihre äußeren Aspekte zu sehen und den falschen Folgerungen und Erscheinungen zu folgen. Sie hilft ihm auch, sich von Enge und Zweifel zu befreien, welche die hauptsächlichen Unvollkommenheiten des physischen Mentals sind.
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Die Seele kann, wenn sie das physische Mental und vitale Physische ergreift, deren Willen, Anschauung und Orientierung völlig verändern und sie der wahren Auffassung der Dinge und dem rechten Impuls öffnen. Mental und höheres Vital können viel dazu beitragen.
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Das durch das Vital erregte physische Mental ist nicht leicht zu überzeugen, da ihm seine Folgerungen vom Vital eingeflößt werden, das seinen eigenen Begierden und Gefühlen entsprechend denkt – außer es kommt ihm eine große Klarheit von der Seele oder vom denkenden Mental her zu Hilfe.
Es ist das seelische Bewusstsein – zwar noch nicht vollendet, doch gut entwickelt –, das einige der von dir erwähnten Menschen stützt und es ihnen leicht macht, sich im Glauben zu festigen (es hat sich in ihnen jedoch erst nach viel vitaler Schwierigkeit entwickelt), und es gibt keinen Grund, warum das nicht auch rasch in dir geschehen sollte.
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Das physische Mental ist dann intuitiv, wenn man beginnt, Dinge mit einem feineren physischen Mental und Gefühl zu sehen und nicht mehr wie sie dem äußeren Mental und den äußeren Sinnen erscheinen – zum Beispiel intuitiv zu erkennen, was geschehen soll, wie es geschehen soll, was das Objekt (selbst sogenannte unbelebte Gegenstände) verlangt oder braucht, was sich voraussichtlich als nächstes ereignen wird (oder sich manchmal mit Sicherheit ereignet), welche Kräfte auf der physischen Ebene am Werk sind usw. usw. Selbst der Körper wird auf diese Weise intuitiv bewusst und spürt, ohne dass das Mental es ihm sagt, was er zu tun und zu lassen hat, was bevorsteht oder im Begriff ist zu kommen (obwohl noch nicht sichtbar) usw. usw.
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Das gewandelte physische Mental kann dem physischen Vital die wahre Haltung und das wahre Gefühl aufzwingen, es kann das Eindringen der falschen Suggestionen und Impulse erschweren und den wahren Bewegungen die volle Kraft zuwenden. Dieses Wirken des physischen Mentals ist unerlässlich für die Wandlung des gesamten physischen Bewusstseins, sogar des ganz Stofflichen, obwohl hierfür die Erleuchtung des Unterbewussten unerlässlich ist.
Für jemand, der die Sadhana ausüben will, muss die Sadhana an erster Stelle stehen – Lesen und mentale Entwicklung können nur untergeordnete Dinge sein.
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Mentale Entwicklung kann zur Sadhana beitragen oder auch nicht – wenn das Mental in gewissen rationalistischen Richtungen zu intellektuell entwickelt ist, kann es ein Hemmnis sein.
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Es ist mir nicht bekannt, dass sie [mentale Arbeit] die Sadhana fördert, und ich verstehe nicht ganz, was mit der Redewendung gemeint sein soll. Es ist allerdings richtig, dass sowohl mentale als auch physische Arbeit zu einem Teil der Sadhana gemacht werden kann – aber nicht indem sie mit der Sadhana rivalisiert oder als eine gesonderte Tätigkeit betrachtet wird, die mit der Sadhana gleichberechtigt und dabei weniger selbstsüchtig und egoistisch ist als die Suche nach dem Göttlichen.
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Es ist ganz klar, dass Poesie zu schreiben kein Ersatz für die Sadhana, sondern nur eine Begleiterscheinung sein kann. Eine Empfindung der Weihung oder Hingabe in dir kann durch Dichtung ausgedrückt und bestätigt werden; auch eine Erfahrung kann durch sie zum Ausdruck gebracht werden und die Kraft der Erfahrung stärken. So wie das Lesen von Büchern – der Upanishaden oder der Gita – oder das Singen von weihevollen Gesängen in dem einen oder anderen Stadium hilfreich sein kann, kann auch das hilfreich sein. Hierdurch wird auch eine Verbindung zwischen dem äußeren Bewusstsein und dem inneren Mental oder Vital hergestellt. Wenn man aber hier Halt macht, ist nicht viel gewonnen. Die Sadhana muss die Hauptsache sein, und Sadhana bedeutet die Läuterung der Natur, die Weihung des Wesens, das Sich-Öffnen der Seele und des inneren Mentals und Vitals, die Fühlungnahme mit dem Göttlichen und seiner Gegenwart, die Verwirklichung des Göttlichen in allen Dingen, Hingabe, Weihung, das Weiten des Bewusstseins in das kosmische Bewusstsein, in das Selbst, das eins in allen ist, die seelische und spirituelle Umwandlung der Natur. Wenn diese Dinge vernachlässigt werden und lediglich die Poesie, die mentale Entwicklung und der gesellige Kontakt die ganze Zeit beanspruchen, dann ist das nicht Sadhana. Auch muss die Poesie im wahren Geist geschrieben werden, nicht um des Ruhmes oder der Selbstbefriedigung willen, sondern als ein Mittel, um durch Inspiration den Kontakt mit dem Göttlichen herzustellen oder als Ausdruck des eigenen inneren Wesens, so wie es früher durch jene geschah, die all die weihevolle und spirituelle Dichtung Indiens hinterlassen haben; sie ist [der Sadhana] nicht förderlich, wenn sie im Geist des westlichen Künstlers oder Literaten geschrieben wird. Selbst Arbeit und Meditation bringen keinen Erfolg, wenn sie nicht im rechten Geist der Weihung und spirituellen Aspiration geschehen, die das ganze Wesen erfassen und alles übrige beherrschen. Diese Unterlassung, das ganze Leben, die ganze Natur zu sammeln, um sie auf das eine Ziel auszurichten, ist die Schwäche in so vielen hier – es senkt die Atmosphäre und ist ein Hemmnis für das, was von mir und der Mutter getan wird.
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Das Studium kann nicht von gleicher oder größerer Wichtigkeit sein als die Sadhana.
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Wenn der Sadhak fähig ist, lange zu meditieren, wird er natürlich meditieren und sich wenig um das Lesen kümmern – außer er hat das Stadium erreicht, in dem alles zu einem Teil des immerwährenden yogischen Bewusstseins geworden ist. Das Ziel eines Sadhaks ist die Sadhana, nicht die mentale Entwicklung. Wenn er aber Zeit erübrigt und eine mentale Neigung besteht, wird er sie natürlich zum Lesen oder irgendeinem Studium verwenden.
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In diesem Yoga ist beides, sowohl dhyāna als auch Arbeit, für jene nützlich, die beides zu tun vermögen. Auch das Lesen kann zu einer Hilfe werden.
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Eine halbe Stunde Meditation täglich sollte möglich sein – und sei es nur zu dem Zweck, das Bewusstsein an die Konzentration zu gewöhnen; es wird dazu beitragen, erstens bei der Arbeit weniger nach außen gerichtet zu sein, und zweitens die Neigung zur Empfangsbereitschaft zu entwickeln, was selbst in der Arbeit Früchte tragen kann.
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Ja, Lesen als Teil der Sadhana kann zur Verbesserung des mentalen Instrumentes beitragen.
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Zu Beginn der Sadhana brauchst du nichts anderes zu tun, als was du selbst sagst: „Konzentration verbunden mit Glauben, Hingabe und Wahrhaftigkeit“, ausgerichtet auf eine Erscheinungsform des Göttlichen Wesens – du kannst ein Gebet oder den Namen [Gottes] hinzufügen, wenn du willst.
Das Lesen von guten Büchern kann im frühen mentalen Stadium eine Hilfe sein – es bereitet das Mental vor, versetzt es in die rechte Schwingung, kann sogar, wenn man sehr sensitiv ist, einen kurzen Einblick in die Verwirklichung auf der mentalen Ebene gewähren. Später verringert sich der Nutzen – alles Wissen und jede Erfahrung musst du in dir selbst finden.
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Es ist eine ganz normale Bewegung. Indem du diese Bücher liest, kommst du mit der Kraft in Kontakt, die hinter ihnen steht, und dies ist es, was den Impuls zur Meditation in dir auslöst und eine entsprechende Erfahrung vermittelt.
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Ja, wenn man viel über eine bestimmte Art von Verwirklichung nachgedacht und die Idee tief in sich absorbiert hat, ist es ganz natürlich, dass ihre spirituelle Erfahrung als eine der ersten kommt.
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Dein Einwand war, dass das Erlernen von Sprachen, besonders des Französischen, dem Frieden und Schweigen nicht förderlich sei, da es [mentale] Aktivität bedeute. Wenn sich das Mental nicht in Meditation oder einem absoluten Schweigen befindet, ist es immer mit der einen oder anderen Sache beschäftigt – mit seinen eigenen Ideen oder Wünschen oder mit anderen Menschen, mit Dingen, mit Sprechen usw. Das alles ist nicht weniger eine Aktivität als das Erlernen von Sprachen. Jetzt hast du deinen Standpunkt geändert, und dein Einwand ist, für Meditation keine Zeit zu haben, weil du lernen musst. Das ist absurd, denn wenn Menschen den Wunsch haben zu meditieren, werden sie ihre Zeit für das Studium dementsprechend einrichten; wenn sie diesen Wunsch nicht haben, muss der Grund dafür in etwas anderem als dem Studium [der Sprachen] liegen; wenn sie aber nicht lernen, werden sie einfach weiterhin über unbedeutende Dinge nachdenken. Weder Zeitmangel noch der Drang zu lernen ist ein Grund dafür, dass sie nicht meditieren.
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Studium und inneres Schweigen sind gut, entwickeln aber nur einen Teil des Wesens – das innere Schweigen kann auch eine größere Arbeit, ein umfassenderes Leben stützen.
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Streng genommen verinnerlicht das Lesen nicht, es verlagert dich lediglich vom mehr physischen zum mehr mentalen Teil des äußeren Bewusstseins.
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Es wird eine Zeit kommen, in der weder das Lesen noch irgendeine andere äußere Beschäftigung mit dem Druck [der Yoga-Kraft] oder dem Wirken des höheren Bewusstseins in Konflikt geraten.
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Das Lesen muss lernen, sich dem Druck anzupassen – das heißt, es muss durch das äußere Mental geschehen, während das innere Wesen in Konzentration verharrt.
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Das ist gut. Lesen sollte das Bewusstsein nicht absorbieren – es sollte größtenteils im Hintergrund bleiben, losgelöst und auf eine umfassendere Weise bewusst.
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Du kannst zu Beginn an das Göttliche denken und dein Lesen darbringen und zum Schluss nochmals. Es gibt ein Bewusstseinsstadium, in welchem nur ein Teil des Bewusstseins liest oder die Arbeit verrichtet, während im Hintergrund immer das Bewusstsein des Göttlichen herrscht.
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So ist es, wenn die Leidenschaft zu lesen und zu lernen das Mental erfasst: man will die ganze Zeit damit zubringen. Es ist eine Kraft, die sich befriedigen will – wie andere Kräfte auch – und die das Bewusstsein für ihren Zweck in Beschlag nimmt. Man muss diese Kräfte gebrauchen, ohne sich von ihnen beherrschen zu lassen; denn das zentrale Wesen sollte immer über die Kräfte der Natur, die auf es einwirken die Kontrolle bewahren; es sollte selbst die Wahl treffen, was anzunehmen und wie das Wirken der Kräfte zu nützen und zu ordnen ist. Andernfalls würde sich jegliche Kraft eines Teils der Person (sei es des Lernenden, des geselligen oder des erotischen Menschen oder des Kämpfers) bemächtigen, sich des Wesens bedienen und es antreiben, statt von ihm beherrscht und benützt zu werden.
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Die von dir beschriebenen Bewegungen sind nicht eigentümlich für dich; sie sind der natürliche Hang des vitalen Mentals und nehmen eine ähnliche Form bei den meisten Menschen an. Dieses Mental muss in der Sadhana zur Ruhe kommen, wie alles übrige auch, und seine Energie muss überwacht, umgewandelt und dem eigentlichen Zweck zugeführt werden; das aber nimmt Zeit in Anspruch und tritt erst mit dem Wachsen des größeren Bewusstseins ein. Der Druck dieser Bewegungen ist für das vitale Mental etwas durchaus Normales, so dass es keinen berechtigten Grund zur Entmutigung hat.
Ich halte nichts davon, dass du das Lesen aufgibst, solange es als Leidenschaft nicht von selbst vom Mental abfällt; das geschieht dann, wenn Bewusstsein und Erfahrungen von höherer Ordnung im Wesen ihren Anfang nehmen. Es ist auch nicht gut für dich, wenn du dich zu ausschließlich zu der einen Arbeit des Malens zwingst. Ein Zwang, der solcherart auf Mental und Vital ausgeübt wird, neigt dazu, entweder erfolglos zu sein und sie noch rastloser zu machen oder aber eine Art von Dumpfheit und Trägheit zu erzeugen.
Was die Arbeit anbelangt, so strebe einfach danach, dass sich die [Yoga-] Kraft deiner bediene, stelle innerlich die Verbindung mit der Mutter her, wenn du die Arbeit verrichtest, und mache es dir zum Ziel, als Instrument zu dienen, um Schönheit zum Ausdruck zu bringen, ohne auf persönlichen Ruhm, auf Lob oder Tadel der anderen zu achten.
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Über gewöhnliche Themen zu schreiben, bringt einen Hang zur Veräußerlichung mit sich, es sei denn, man ist daran gewöhnt, mit dem inneren Bewusstsein zu schreiben (welcher Art das Thema auch sei) – losgelöst und frei von dem, was das äußere [Bewusstsein] tut.
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Es ist nicht so leicht, mentale Arbeit zu verrichten und gleichzeitig die Sadhana auszuüben, denn die Sadhana wird mit dem Mental ausgeübt. Es ist erst dann möglich, wenn man sich sowohl vom Mental als auch vom Körper loslösen kann und im inneren Purusha-Bewusstsein lebt.
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Der einzige Weg besteht darin, die Prakriti vom Purusha zu trennen. Wenn du etwas in dir wahrnimmst, das alle mentalen Tätigkeiten beobachtet, doch von ihnen getrennt ist – genauso wie du Dinge beobachten kannst, die sich draußen auf der Straße abspielen –, dann ist das die Trennung des Purusha von der mentalen Prakriti.
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Das bedeutet lediglich, dass du dich von deinem mentalen Bewusstsein, wenn es tätig ist, nicht loszulösen vermagst. Wenn du natürlich dein mentales Bewusstsein vom Lesen abwendest, kannst du nicht verstehen, was du liest – denn es ist das mentale Bewusstsein, mit dem man versteht. Du darfst das mentale Bewusstsein und das Lesen nicht voneinander trennen, sondern musst dich selbst vom mentalen Bewusstsein loslösen. Du hast der Betrachter zu sein, der beobachtet, wenn es liest oder schreibt oder spricht, genauso wie du beobachtest, wenn der Körper tätig ist oder sich bewegt.
Ich habe nichts dagegen, dass er mit seinen Studien fortfährt – ob sie für ihn von irgendwelchem Nutzen für ein Leben der Sadhana sind, hängt von der Einstellung ab, in der er studiert. Das wirklich Wichtige ist, ein Bewusstseins-Stadium zu entwickeln, in dem man im Göttlichen leben und von dorther auf die physische Welt einwirken kann. Mentales Training, mentale Disziplin, Kenntnis von Menschen und Dingen, geistige Bildung, nützliche Fähigkeiten sind eine Vorbereitung, die zu haben für den Sadhak umso besser ist – obwohl es nicht die eine unerlässliche Sache ist. Erziehung in Indien vermittelt sehr wenig von diesen Dingen; wenn man aber weiß, wie man zu studieren hat, ohne sich viel um die Form oder den rein akademischen Erfolg zu kümmern, kann das Leben des Studierenden seinen Zweck erfüllen.
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Es besteht kein Grund, warum X seine Studien nicht vollenden oder etwas lernen sollte, das ihn im Leben nützlich werden lässt. Es ist keine Qualifikation für den Yoga, wenn man zu nichts taugt.
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Von den Dingen dieser Welt nichts zu wissen, ist für die spirituelle Erkenntnis nicht förderlich.
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Ich kann dir keine eindeutigere Antwort geben. Zu lernen ist nur dann von Wichtigkeit, wenn du auf die richtige Weise lernst, und mit der Hinwendung zu [echtem] Wissen und mentaler Disziplin.
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Lesen und Studium sind nur nützlich, um Informationen zu erwerben und den eigenen Kenntnisbereich zu erweitern. Sie führen aber zu gar nichts, wenn man nicht wahrzunehmen, zu unterscheiden und zu beurteilen weiß, wenn man nicht zu erkennen vermag, was in und hinter den Dingen ist.
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Es [das Studium der Logik] ist ein theoretisches Training – du erlernst dabei einige Regeln logischen Denkens. Die Anwendung jedoch hängt von deiner eigenen Intelligenz ab. Ein Mensch kann in irgendeiner Sphäre des Wissens oder Wirkens ein guter Theoretiker sein, aber als Praktiker versagen. Ein sehr guter Militär-Experte und Begutachter kann, wenn er als Befehlshaber einer Armee eingesetzt wird, sehr wohl all seine Schlachten verlieren, da er nicht fähig ist, seine Theorien in die Praxis umzusetzen. Solch ein theoretischer Logiker kann sich bei der Anwendung seiner Fähigkeiten mangels Einsicht, schnellem Erfassungsvermögen oder Plastizität als grober Stümper erweisen. Außerdem umfasst Logik nicht die Gesamtheit des Denkens; Beobachtungsgabe, Intuition, Verständnis und Vielseitigkeit sind wichtiger.
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Es ist mir nicht bekannt, dass man durch das Erlernen der Logik von physischen Dingen befreit wird. Einige Intellektuelle führen zwar ein mentales Leben und sind dabei den physischen Bedürfnissen gegenüber weitgehend gleichgültig – aber das sind nur wenige.
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Mentales Training besteht aus Lesen, dem Erlernen von Dingen, dem Erwerb vollständiger und genauer Information, dem Sich-Üben in logischem Denken, der leidenschaftslosen Betrachtung aller Seiten einer Frage, aus der Zurückweisung von hastigen oder falschen Folgerungen oder Rückschlüssen und ferner darin, alle Dinge klar und als Ganzes zu sehen.
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Gesunder Menschenverstand ist übrigens nicht gleichbedeutend mit Logik (die am wenigsten vernünftige Sache der Welt); er besteht einfach darin, die Dinge zu betrachten wie sie sind, ohne Übertreibung oder Untertreibung – keine unsinnigen Vorstellungen zu hegen.
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Ein wohl geübter Intellekt und das Studium sind zwei verschiedene Dinge – es gibt eine große Anzahl von Menschen, die viel gelesen haben, deren Intellekt aber nicht geschult ist. Trägheit kann jeden erfassen, selbst die gebildetsten Menschen.
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Ein Mensch kann viel gelesen haben und mental dennoch unentwickelt sein. Das Mental eines Menschen entwickelt sich durch Denken, Verstehen, durch das Empfangen von mentalen Einflüssen von Menschen, die intellektuell über ihm stehen.
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Intelligenz hängt nicht von der Menge ab, die man gelesen hat, sie ist vielmehr eine Eigenschaft des Mentals. Das Studium verschafft ihr lediglich Substanz für ihre Betätigung – genauso wie das Leben. Es gibt Leute, die weder lesen noch schreiben können und intelligenter sind als viele hoch entwickelte Menschen und das Leben und die Dinge besser als diese verstehen. Auf der anderen Seite kann sich eine gut entwickelte Intelligenz durch Lesen verbessern, weil sie mehr Stoff zur Betätigung erhält, durch Übung wächst und eine größere Bewegungsfreiheit hat. Buch-Wissen als solches ist jedoch nicht die wahre Sache, es sollte dazu benützt werden, die Intelligenz zu fördern, fördert aber oft nur die Dummheit und Unwissenheit – Unwissenheit deshalb, weil die [bloße] Kenntnis von Tatsachen eine armselige Sache ist, wenn man nicht ihre wahre Bedeutung zu erkennen vermag.
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Eine derartige Regel gibt es nicht. Es ist besser, wenn das Mental stark und entwickelt ist, doch entsteht durch Gelehrsamkeit nicht notwendigerweise ein starkes und entwickeltes Mental.
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Seine Hauptsorge hinsichtlich der Intellektuellen ist, dass er von jeder Erörterung mentaler Dinge und geistiger Anregungen abgeschnitten ist und seine mentalen Energien daher verkümmern. Doch sollte ein Mensch von mentaler Natur bestimmt nicht von anderen abhängig sein, denn dieses Leben hat seine Grundlage im Inneren – es sollten innere Quellen vorhanden sein, die aus eigener Kraft fließen.
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Du solltest nicht zum Zeitvertreib lesen, sondern mit der festen Absicht, dein Mental mit Wissen zu bereichern.
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Lies, was dem Yoga dient oder für die Arbeit nützlich ist oder die Fähigkeiten für das Göttliche Ziel entwickelt. Lies nicht wertlosen Kram oder zur reinen Unterhaltung oder wie ein mentaler Zechbruder, zur Befriedigung einer dilettantischen mentalen Neugier. Wenn man im höchsten Bewusstsein gefestigt ist, kann man nichts oder alles lesen; es spielt dann keine Rolle – aber bis dahin ist noch ein weiter Weg.
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Schreiben und Lesen absorbieren das Mental und beladen es mit Vorstellungen und Einflüssen; wenn die Vorstellungen und Einflüsse nicht von der rechten Art sind, lenken sie dich natürlich vom rechten Bewusstsein ab. Erst wenn man das wahre Bewusstsein erlangt hat, und das bereits gut gefestigt ist, kann man ohne Gefahr, es wieder zu verlieren oder ohne irgendwelchen sonstigen Schaden alles, was immer es auch sei, lesen oder schreiben.
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Es ist nicht notwendig, mit der äußeren Welt auf diese Weise in Verbindung zu sein; es mag unter bestimmten Umständen und für bestimmte Zwecke nützlich sein. Es kann aber auch als Hemmnis wirken. Alles hängt von dem Bewusstsein ab, in dem es geschieht.
Das Lesen von oberflächlichen Büchern kann als Entspannung des mentalen Bewusstseins wirken. In den frühen Stadien ist es nicht immer möglich, das Mental in ununterbrochener spiritueller Konzentration zu halten – es nimmt Zuflucht zu anderen Beschäftigungen und fühlt sich sogar instinktiv zu jenen mit leichterem Charakter hingezogen.
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Es hängt von der Art des Gelesenen ab, ob es für das Wachstum des Wesens förderlich ist oder nicht. Eine allgemein gültige Regel kann man nicht aufstellen. Man kann nicht sagen, dass Gedichte oder Tragödien gelesen oder nicht gelesen werden sollen; es hängt vom Gedicht und Schauspiel ab – und so ist es mit allem übrigen.
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Es hängt von der Art des Buches ab. Philosophie verfeinert das Mental in bestimmten Richtungen – oder sollte es tun. Der einzige Schaden, der entstehen kann, ist, wenn das Mental sich an Ideen zu klammern beginnt, an statt zur direkten Erfahrung voranzuschreiten.
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Ja, das ist der richtige Weg, diese Dinge zu lesen. Diese Philosophien sind meist mentale Intuitionen, die mit viel Spekulation vermischt sind, doch kann man, wenn man das Wissen hat, dahinter eine Wahrheit entdecken, mit der sie übereinstimmen.
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Ich weiß nicht, ob an deinen philosophischen Überlegungen etwas Falsches ist. Philosophie ist natürlich eine Schöpfung des Mentals; ihr Fehler ist nicht, falsch zu sein, sondern dass ein philosophisches System nur einen Teilaspekt der Wahrheit darstellt, den der Philosoph als Ganzes ansieht. Wenn man alle Seiten betrachtet und sich nicht derartig einengt, ist es kein Schaden zu philosophieren.
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Die Göttliche Wahrheit ist größer als irgendeine Religion oder ein Glaubensbekenntnis oder eine Schrift oder Idee oder Philosophie – du darfst dich an keines dieser Dinge binden.
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Über diesen Kommentar ist mir nichts bekannt, doch werden die meisten Kommentare über die Upanishaden mit dem erörternden und spekulierenden Intellekt geschrieben. Sie mögen für solche Menschen nützlich sein, die die Bedeutung der Upanishaden intellektuell zu erfassen suchen, können aber für dich als Sadhak, der du die Erfahrung suchst, keine Hilfe darstellen – wahrscheinlich verwirren sie eher das Mental, indem sie ihm die wahre Grundlage entziehen und es vom Weg der Erfahrung und spirituellen Empfangsbereitschaft ablenken und in den Dschungel der intellektuellen Debatte führen.
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Metaphysik setzt sich mit der letzten Ursache der Dinge auseinander und mit all dem, was hinter der Welt der Erscheinungsformen liegt. Hinsichtlich des Mentals und Bewusstseins stellt sie die Frage, was sie sind, wie sie entstanden sind und welcher Art ihre Beziehung zu Materie und Leben ist, usw. Psychologie hingegen setzt sich mit dem Mental und Bewusstsein auseinander und versucht nicht so sehr, ihr eigentliches Wesen und ihre Beziehungen zu ergründen als ihr tatsächliches Wirken sowie die Norm und das Gesetz dieses Wirkens.
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Ich bin der Meinung, dass einige Kenntnis der Naturwissenschaft für dich höchst nützlich ist – dieses Gebiet ist für die meisten Menschen hier ein unbeschriebenes Blatt, und doch wird der größte Teil des modernen Denkens und Wissens von ihr beeinflusst.
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Über die Erzählung bin ich nicht im Bilde. Die Menschen bringen die Beziehungen von Mann und Frau hinein, weil seit Jahrhunderten die Gewohnheit herrscht, dass sich jede Erzählung darum dreht, ausgenommen die wenigen, die Geschichte, Abenteuer oder ähnliche Dinge behandeln. Sollte in einer Erzählung, welche spirituelle Philosophie zur Grundlage hat, die Idee von Mann und Frau nicht in den Hintergrund treten oder ganz verschwinden, da spirituelle Liebe in keiner Weise auf Sex beruht, sondern auf der Beziehung von Seele zu Seele?
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Der einzige Nachteil beim Lesen solcher Lektüre besteht darin, dass sie dem Vital als Vorwand für sexuelle Erregung dient. Ansonsten schadet Lesen um des Wissens willen nicht – man muss die Tatsachen des Daseins kennen, und wir sollten sie mit einem freien, und leidenschaftslosen Mental kennenlernen. Wenn aber irgendeine vitale Reaktion entsteht, sollte Lektüre dieser Art gemieden werden.
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Es verstößt nicht gegen das Prinzip yogischen Lebens, zu wissen, was in der Welt geschieht – unyogisch daran ist, mit diesen Dingen verhaftet zu sein und ohne sie nicht auskommen zu können oder sie als eine Sache von großer Wichtigkeit zu betrachten. Das einzig Wichtige muss die Sadhana sein, das Wachsen in ein neues Bewusstsein und ein neues inneres Leben. Alles übrige muss mit Losgelöstsein geschehen und ohne von ihnen [den Dingen der Welt] absorbiert zu werden. Deine Einstellung muss sein, dass, wenn die Mutter dir sagen würde, niemals mehr eine Zeitung in die Hand zu nehmen, es kein Verzicht für dich wäre und du nicht einmal einen Unterschied empfinden würdest.
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Es gibt offensichtlich viele Dinge, die für alle gleichermaßen anwendbar sind und nicht auf diese Weise vermieden werden können. Die Behauptung, dass jeder seinen eigenen Weg zu gehen habe, ist nicht richtig; jeder hat auf seine eigene Weise dem allgemeinen Weg zu folgen, und diese „eigene Weise“ kann oft sehr unvollständig sein. Natürlich ist es richtig, dass die einzelnen Naturen verschieden sind und auch der Zugang, den sie zur Sadhana oder zu anderen Dingen haben. Man kann ganz allgemein sagen, dass das Lesen von Zeitungen oder Erzählungen der Sadhana nicht förderlich ist und zumindest ein Zugeständnis an das Vital darstellt, das noch nicht bereit ist, sich von der Sadhana absorbieren zu lassen – außer wenn und bis man fähig ist, auf die richtige Weise, mit einem höheren Bewusstsein zu lesen, das vom Lesen nicht nur nicht „gestört“; oder vom gesammelten Yoga-Bewusstsein abgelenkt wird, sondern auch fähig ist, vom inneren Bewusstsein und inneren Leben den rechten Gebrauch von dem zu machen, was gelesen wird.
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Begründungen beweisen natürlich nichts, sie können lediglich Entschuldigungen sein, die das Mental vorbringt, um das zu tun, was das Vital will. Es liegt auf der Hand, dass das Lesen von Zeitungen die Atmosphäre senkt. Die strittige Frage ist, ob man genügend Abstand bewahren kann, um davon nicht hinuntergezogen zu werden. Während man liest, besteht mit Sicherheit ein Bewusstseinsabfall in den frontalen und äußeren Teilen. Wenn jedoch im Hintergrund das Bewusstsein davon nicht berührt wird, kann man unmittelbar nach dem Lesen zur normalen höheren Ebene zurückkehren.
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Lediglich äußeren Regeln zu folgen, ist natürlich nicht ausreichend. Sie sind nur solange eine Hilfe für die innere Bemühung, bis das innere Bewusstsein gründlich verankert ist. Das viele Lesen von Zeitungen auf die übliche Weise bindet dich an die gewöhnliche Auffassung und Ansicht der Dinge und hält dein Interesse daran wach – wenn man das innere Bewusstsein erlangt hat, kann man die Geschehnisse der Welt mit einem anderen Auge des Wissens betrachten, und dann kann Lesen von einigem Nutzen sein – obwohl selbst dann die meisten Veröffentlichungen leer und sinnlos sind. Das einfache Nicht-Lesen jedoch bringt als solches nichts. Auch wenn man eine Ablenkung braucht, dient Zeitungen zu lesen dem Zweck.
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An äußeren Dingen interessiert zu sein, ist im Grunde nicht falsch – es hängt von der Art und Weise ab, in der man interessiert ist. Wenn es als Teil der Sadhana geschieht und man diese Dinge vom wahren Bewusstsein her betrachtet, werden sie zu einem Hilfsmittel für das Wachstum des Wesens. Das wahre Bewusstsein zu erlangen, ist das was zählt, und es ist dieses [Bewusstsein], welches dir das Gefühl des Friedens und Wirkens der Kraft vermittelt, wenn es in dich eintritt. Es gibt keinen echten Grund für dich, mit dir unzufrieden zu ein, da trotz des Widerstandes der niederen Kräfte Fortschritt erzielt wird. Von dem Druck, der sich durch das Schweregefühl im Magen bemerkbar macht, muss man sich befreien – dort ist noch der Hauptwiderstand. Es ist der innere Friede, der angestrebt wird, sowie eine freudige Zuversicht, ein freudiges Glücklichsein nach außen – dann hört diese Art von nervösem Druck und diese Störung auf.
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Englisch oder Französisch lernt man nicht zur Förderung der Sadhana, sondern zur Entwicklung des Mentals und als Teil der Tätigkeit, die das Wesen zu verrichten hat. Für diesen Zweck ist es ebenso gut, Französisch zu erlernen wie Englisch und wenn es auf die richtige Weise geschieht, sogar noch besser. Es gibt auch keinerlei Grund, sich nur auf die eine Sprache zu beschränken, wenn man die Fähigkeit hat [mehr zu erlernen].
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Sprachen zu beherrschen, gehört zum Rüstzeug des Mentals.
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Es kommt darauf an, was du mit der Sprache anfangen willst. Wenn du nur Literatur lesen willst, genügt es, lesen, aussprechen und verstehen zu lernen. Wenn eine völlige Meisterung [der Sprache] das Ziel ist, müssen Konversation und Schreiben in der betreffenden Sprache gründlich erlernt werden.
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Es kommt darauf an: viele Bücher rasch zu lesen verschafft Freiheit, Ungezwungenheit und Vertrautheit mit der Sprache. Die andere Methode ist der Gründlichkeit und Genauigkeit im Detail wegen notwendig.
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Es ist das denkende Mental, das Ideen ausarbeitet – das nach außen gerichtete Mental oder physische Mental verleiht ihnen Form in Worten. Vermutlich hast du diesen Teil nicht hinreichend entwickelt. Die Gabe des Ausdrucks durch das Wort ist verhältnismäßig selten. Die meisten Menschen Sind in ihrem Ausdruck entweder schwerfällig, oder wenn sie sehr viel schreiben, geschieht es ohne vernünftige Anordnung und Stilgefühl. Das aber ist ohne grundlegende Bedeutung in der Sadhana – die Wahrnehmungen und Erfahrungen der Sadhana klar zu vermitteln, ist [hier] das einzig Erforderliche.
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Ich habe nie gehört, dass es notwendig ist, Logik zu erlernen, um sich gut ausdrücken zu können. Soviel ich weiß, haben sich nur sehr wenig gute Schriftsteller darum bemüht, dieses Fach zu erlernen.
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Die Kraft des Ausdrucks entsteht dann, wenn man mit der inneren Quelle, von der diese Dinge stammen, in Berührung kommt. Ein ruhiges und schweigendes Mental ist eine große Hilfe für den freien Fluss dieser Kraft; es [das schweigende Mental] ist aber weder unerlässlich, noch wird es ihn von sich aus herbeiführen.
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Das Wissen von oben oder was sonst herabkommt kann in jeder Sprache zum Ausdruck kommen.
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Wenn das Wissen kraftvoll von oben herabkommt, bringt es sehr oft seine eigene Sprache mit und die Mängel des Instrumentes werden überwunden. Es gibt Menschen, die sehr wenig wissen, aber wundervoll schreiben können, wenn dieses Wissen zu fließen beginnt – sobald es nicht mehr fließt, wird ihre Sprache ungenau und gewöhnlich.
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Die Ausdrucksweise ist etwas anderes; Ramakrishna war ein ungebildeter, nicht-intellektueller Mensch, dennoch war seine Art Wissen auszudrücken so vollendet, dass die größten Intellektuellen sich dem beugten.
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Gedanke und Ausdruck vermitteln nur eine Seite der Dinge; man muss das Ganze sehen, kann es aber nur teilweise ausdrücken, außer man schreibt einen langen Aufsatz. Die meisten Denker sehen nicht einmal das Ganze, sondern nur Seiten – und Teil-Aspekte – daher der dauernde Konflikt zwischen Philosophien und Religionen.
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Was ausgedrückt wird, ist nur ein Bruchteil dessen, was sich dahinter befindet – das bleibt unausgedrückt und lässt sich in der Sprache der Schöpfung nicht ausdrücken.
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Die Stimme birgt eine Vibration von Kraft in sich, die sich viel schwerer schriftlich ausdrücken lässt, weil das Schreiben ein eher mechanisches Ausdrucksmittel ist – doch auch das geschriebene Wort kann eine besondere, ihm eigene Macht besitzen.
1 Vielleicht tun es die Krähen manchmal im Krähenparlament.