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Mutters

Agenda

neunten Band

9. März 1968

(Über ein älteres Gespräch aus den Entretiens vom 27. Mai 1953, in dem Mutter insbesondere sagt: "Wenn das Bewußtsein sich im Hintergrund entwickelt hat und man die Fähigkeit besitzt, es zu konzentrieren, kann man äußerlich tun oder lassen, was man will, und doch handelt stets dieses Bewußtsein.")

Das ist genau die Erfahrung von heute morgen.

Die Erfahrung war folgendermaßen: Wichtig ist nur, das Bewußtsein der höheren Gegenwart beizubehalten, das heißt, diese Gegenwart muß konkret sein; dann ist alles, was man tut oder sagt – ganz gleich, was es auch sei –, Ausdruck dieser Präsenz. Und die Erfahrung von heute morgen bestand darin, den Unterschied zwischen dem direkten und einem mehr oder weniger verschleierten Ausdruck zu finden, wobei diese Qualitätsunterschiede des Ausdrucks eine Funktion des mentalen Urteils sind, das heißt, das Mental eines jeden urteilt von diesem Unterschied aus. Das ist jedoch eine rein individuelle Frage, und im allgemeinen sind die Dinge, die uns am wenigsten klar oder ausdrucksvoll erscheinen, mitunter jene, welche den besten Ausdruck darstellen.

Das läßt sich schwer erklären.

Es war die Wahrnehmung dessen, was das mentale Bewußtsein dem Werk des Höchsten Bewußtseins HINZUFÜGT, und dieser Zusatz oder dieses Urteil ist immer noch eine vollkommen relative Sache – abhängig von der Zeit, dem Anlaß, der Person. Es ist nichts Absolutes, d.h. im einen Fall wird eine bestimmte Einkleidung den vollkommenen Ausdruck bilden, und in einem anderen Fall wird dieselbe Einkleidung das nicht leisten können... Dies ist die lange Erfahrung der Relativität, in welcher sich die mentale Welt im Verhältnis zum sich ausdrückenden Höchsten Bewußtsein befindet.

Das fiel mir nach einem Satz ein, den ich irgendwo las: "Es ist gewiß, daß der Schöpfer gelächelt haben muß, wenn man sieht, wie humorvoll die Schöpfung ist." 1 Und so sah ich, wie relativ die Formulierungen des menschlichen Bewußtseins sind – es gibt keinen absoluten Ausdruck, der Ausdruck ist immer relativ, und der Eindruck, den er hinterläßt, ist relativ, je nach dem Individuum, das ihn wahrnimmt.

Ich drücke mich unzureichend aus, aber es handelt sich um eine konkrete Erfahrung: die Relativität der mentalen Auslegung der Aktionen des höchsten Bewußtseins.

Und so führte diese Erfahrung zu folgendem Ergebnis: so passiv und durchlässig sein wie möglich, damit die Schwingung des Bewußtseins sich mit einem Mindestmaß an Deformation überträgt und ausdrückt. Dies galt es zu versuchen.

Heute könnte ich keine solchen Reden mehr halten (wie in dem alten Gespräch aus den "Entretiens"). Heute scheint mir das vermessen! (Mutter lacht)

Alle Erfahrungen, ausnahmslos alle, dienen jetzt zur Klärung des Lebens, das ist ungeheuer interessant: die Dinge werden an ihren Platz gestellt. Und all die Meinungen und Vorlieben, all die Anziehungen und Abneigungen, all dies vergeht... es geht in einer Art Lächeln auf – nicht in Gleichgültigkeit sondern in einem Lächeln: einem Lächeln über die unglaubliche Relativität der Manifestation. Und die Wahrnehmung beginnt sich abzuzeichnen, was eine wahre Manifestation sein wird: eine Art sehr geschmeidiger Harmonie, ohne Stöße und unermeßlich. Etwas sehr Interessantes ist im Entstehen.

Diese Dinge (auf die Entretiens zeigend) sind noch zu scharf formuliert. Aber ich verstehe sehr gut, daß es beinahe völlig unverständlich wäre, wenn ich jetzt Erfahrungen wie jene, die ich heute morgen hatte, beschreiben wollte – sie sind zu weit vom Bewußtsein der anderen entfernt.

 

1 Sri Aurobindos Aphorismus 478: "Ein Gott, der nicht lächeln könnte, hätte kein so humorvolles Universum erschaffen können."

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