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Mutters

Agenda

neunten Band

6. Januar 1968

Ich wollte dir etwas zeigen, aber dann habe ich es vergessen. Hast du es vielleicht gesehen? Etwas, das ich vor vielen Jahren in bezug auf Savitri zu M gesagt hatte, und er notierte es auf französisch. Vor kurzem (vielleicht vor drei, vier Wochen) zeigte er mir, was er aufgeschrieben hatte... Und er hat es nicht nur mir gezeigt sondern auch anderen, und schließlich hat man es ins Englische übersetzt, und jetzt wollen sie, daß ich es auf dem Sportplatz vorlese. Ich hätte gern das Französische nochmals mit dir durchgesehen; wir brauchen es dann letztlich auf englisch. Die englische Fassung ist nicht sehr gelungen, aber das macht nichts... Alle sind begeistert und überglücklich darüber – mir ist das gar nicht so lieb, denn es ist wirklich sehr persönlich.

Hast du den französischen Text gesehen?

Ja.

Und was hältst du davon?

Es ist zweifellos etwas von deiner Schwingung darin. Das spürt man. Aber ich weiß nicht, was eine Wiederholung soll... Vielleicht kannst du über Savitri etwas NEU FORMULIEREN?

Oh!... Aber sieh, ich bin nicht mehr die gleiche Person. Ich sage nicht mehr die gleichen Dinge – das ist völlig unmöglich! Ich habe mir das angesehen, die ganze Geschichte ist nochmals vor meinem inneren Auge vorbeigezogen, sozusagen als Verdeutlichung des UNGEHEUREN Unterschieds des Bewußtseinszustandes. Heute ist diese Notiz über Savitri für mich eine solch persönliche Sichtweise... Gestern hatte ich in diesem Zusammenhang einen sehr interessanten Tag.

Das physische Ego ist zerstört worden, und nun sieht es so aus (Geste nach oben mit ausgebreiteten Armen) ... Das erscheint dem Körper so komisch! Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Diese Art und Weise, sich in den Mittelpunkt aller Dinge zu stellen und sie von diesem Mittelpunkt des Bewußtseins aus zu betrachten, erscheint mir so... Jetzt handelt es sich um ein Bewußtsein, das ausgebreitet ist, das sich ebensosehr da wie dort wie hier befindet und das alles an ein höheres, zentrales Bewußtsein übermittelt (Mutter führt ihre Arme zusammen und bildet mit den Händen ein Dreieck über dem Kopf, die Fingerspitzen zum Höchsten zeigend), eine Art Lichtstrahl – einen reglosen und allmächtigen Lichtstrahl, der alle Dinge auf die gleiche Weise beleuchtet, und zwar ohne die geringste persönliche Reaktion.

Und diese letzten Überreste... gestern, bei dieser Geschichte, die man mich vorzulesen gebeten hatte, scheint es sich um die letzten Überreste gehandelt zu haben... Natürlich sage ich beim Sprechen "ich", denn es handelt sich um den Körper, der spricht, aber es gibt darin kein Ichgefühl sondern... Das ist nicht leicht zu erklären. Jedenfalls sagte ich in bezug auf diese Geschichte: "Aber wie ist das möglich? Wie kann man so etwas sagen, wenn nicht ich das bin? – Es gibt doch kein Ich mehr!" Und gleichzeitig herrschte dieses Bewußtsein oben, das sagte: "Keine persönlichen Reaktionen – es gibt kein Ich mehr –, und wenn dies getan werden muß, dann muß es eben getan werden." Über Stunden und Stunden hinweg war das ein so besonderer Zustand, in dem alles... Es gleicht Überresten, wie Rindenstücke oder ich weiß nicht was; Stücke von etwas, das ein wenig verhärtet und verknöchert ist, das sich aufgerieben hat und jetzt nur noch als Staub besteht. Und es bleibt einzig diese große Schwingung (Geste zweier großer Flügel, die im Unendlichen schlagen), so machtvoll und so ruhig – den ganzen Tag über. Dazu eine Art Wahrnehmung, daß das Leben in dieser scheinbar persönlichen Form nur für die Tat besteht – nur um handeln zu können, für die Erfordernisse des Handelns –, darin kann es keine Reaktionen geben, es muß einfach ein Werkzeug sein, das aufgrund des höchsten Antriebs handelt, ganz ohne Reaktionen. Und die Wahrnehmung war überdeutlich, daß all die Erinnerungen völlig ausgelöscht werden, damit nichts mehr besteht als... eine Masse geordneter Schwingungen, damit das geschieht, was es im Ganzen zu tun gilt, damit alles vorbereitet wird und... (Geste des Aufstiegs) mehr und mehr... der Transformation entgegenstrebt.

Diese alte Angewohnheit, das Wort "ich" zu verwenden (aus Verständigungsgründen), macht das Sprechen so schwierig – "ich", was heißt das, dieses Ich? Es entspricht überhaupt nichts mehr, außer vielleicht der Erscheinung nach. Und die Erscheinung ist das einzige, wo der Widerspruch besteht. Das ist das Interessante daran: Dieses Äußere ist offensichtlich ein Widerspruch zur Wahrheit, etwas, das noch den alten Gesetzen angehört, zumindest in seiner Erscheinung. Und aus diesem Grunde ist man noch immer gezwungen, die Dinge auf eine bestimmte Art und Weise auszudrücken, aber dem entspricht nichts Inneres mehr – es entspricht nicht mehr dem gegenwärtigen Bewußtseinszustand, in gar keiner Weise... dort gibt es nur noch ein Fließen und eine Fülle und eine Art Totalität und vor allem die wachsende Sicherheit, daß dies (der Körper) immer GESCHMEIDIGER werden muß, sozusagen fließender, um die wahre Vision ohne Widerstand und ohne Verzerrung ausdrücken zu können, d.h. die wahre Vision, den wahren Bewußtseinszustand. Und diese Möglichkeit des Fließens, diese Bildsamkeit und Aufnahmefähigkeit wird für das Bewußtsein immer offensichtlicher, und die äußere Erscheinung wirkt wie ein Anhängsel, das mehr und mehr zu einer Illusion wird. Und doch ist es gerade das, was die anderen sehen, verstehen, kennen und was sie "Ich" nennen. Und es versucht so sehr, sich immer besser anzugleichen, es gibt sich eine solche Mühe, aber... die Zeit spielt dabei noch eine entscheidende Rolle.

(langes Schweigen)

Ein sonderbares Übergangsstadium.

in French

in English