Mutters
Agenda
zweiten Band
Bevor ich herunter kam, wollte ich eine kurze Notiz aufschreiben. Diese Notiz... ist das Ergebnis all dessen, was gerade geschieht. Sie war fast der Ausdruck eines Protestes. Ich dachte: Ein Heiliger oder ein Weiser zu sein ist schließlich nicht so schwierig! (Mutter lacht) Aber die supramentale Transformation, das ist eine ganz andere Angelegenheit!
Es wurde sehr akut seit... 1 In den letzten Tagen habe ich nichts mehr gelesen, weil ich nach all meiner Korrespondenz eine Blutung im einen Auge hatte – die Handschriften bereiten mir Schwierigkeiten, und dies ist das Ergebnis. Deshalb streike ich, ich habe gesagt: "Acht Tage lang lese ich keine Briefe mehr! Ihr könnt mir schreiben, soviel ihr wollte, das ist mir gleich, ich lese nichts mehr." Aber kurz bevor ich aufhörte (ich habe nur drei Tage aufgehört), hatte ich etwas gelesen, wo Sri Aurobindo deutlich erklärt, was er unter "supramentaler Transformation" versteht, und seine eigene Erfahrung und Arbeit beschreibt. Das war für mich eine Bestätigung und erklärte mir viele meiner Erfahrungen seit der des Aufsteigens des Körpers [vom 24.1.61] (der Aufstieg des Körperbewußtseins und die darauffolgende Herabkunft der supramentalen Kraft in den Körper). Kurz darauf ging alles... Äußerlich, aus der Sicht des gewohnten Bewußtseins wurde ich krank, aber das ist eine idiotische Redeweise: ich wurde nicht krank! Alle nur möglichen Schwierigkeiten im Unterbewußtsein des Körpers erhoben sich auf einmal – es mußte so kommen, und wahrscheinlich war das auch Sri Aurobindo passiert: jetzt verstehe ich! Das ist kein Witz! Ich hatte mich gefragt, warum all diese Dinge ihn so wütend befielen – jetzt verstehe ich! Denn ich erlebe denselben Angriff.
Im Grunde handelt es sich dabei um all das, was im materiellen Bewußtsein noch von Angriffen der gegnerischen Kräfte berührt werden kann, nicht direkt im Bewußtsein des Körpers, aber man könnte sagen in der Substanz, so wie sie vom Mental angeordnet wurde: die ersten Regungen des Mentals im Leben, das, was den Übergang vom Tier zum Menschen ausmacht – die erste Mentalisierung der Materie. (Wahrscheinlich gäbe es ähnliche Schwierigkeiten im Tier, aber darum geht es hier nicht: beim Tier findet nicht der Versuch statt, es zu supramentalisieren, folglich ist dort alles in Ordnung.) Etwas protestiert dort, und durch seinen Protest verursacht es natürlich die Störungen. In letzter Zeit sah ich... Dieser Weg wurde noch von niemandem begangen! Sri Aurobindo war der erste, und er ging, bevor er uns sagte, was er tat. Ich muß mir wirklich einen Pfad durch den Dschungel schlagen – schlimmer als im Dschungel.
Seit zwei Tagen habe ich jetzt das Gefühl, ÜBERHAUPT NICHTS zu wissen. (Dieses Gefühl hatte ich schon sehr lange, aber jetzt wurde es sehr akut, so wie es in Augenblicken der Krise ist, kurz bevor die Dinge sich ändern – oder sich klären oder bersten oder...) Ich glaube nicht, daß es viele Leute gibt, die das vom rein materiellen, chemischen, biologischen, medizinischen oder therapeutischen Gesichtspunkt verstehen (vielleicht gibt es welche?), jedenfalls scheint mir das noch nicht ganz klar zu sein – ich zumindest weiß es nicht. Auf der yogischen Ebene (ich will nicht sagen spirituell, denn das war der erste Teil meiner Sadhana) ist es sehr leicht, ein Heiliger zu sein! Es ist sogar sehr leicht, ein Weiser zu sein: ich habe das Gefühl, damit geboren worden zu sein, so spontan und natürlich und einfach erscheint mir das. Man weiß alles, was zu tun ist, und man tut es ebenso leicht, wie man es weiß, das ist eine Kleinigkeit. Aber diese Transformation der Materie!... Was ist zu tun? Wie ist es zu tun? Was ist der Weg?
Gibt es überhaupt einen Weg? Gibt es eine Vorgangsweise? – Wahrscheinlich nicht.
(Schweigen)
Man kann in diesem Zustand verharren, wo alles Der Höchste ist, alles wunderbar ist, alles prachtvoll ist, alles wunderbare Liebe ist, alles... tiefe Freude ist (und das ist ein unwandelbarer Zustand, unveränderlich: in jedem Augenblick ist er da), aber dann widerlegt die Materie des Körpers Das mit allen nur möglichen Torheiten: die Sicht versagt, die Kräfte schwinden, Schmerzen hier, Schmerzen dort, Störungen, Schwächen – Unzulänglichkeiten aller Arten. Aber GLEICHZEITIG, was auch immer ihm widerfährt, antwortet der Körper: "O Herr, Deine Gnade ist unendlich." Dieser Widerspruch ist SEHR beunruhigend.
Ich weiß genau (weil ich die Erfahrung hatte), wenn man sich damit begnügt, ein Heiliger oder ein Weiser zu sein, geht alles gut, solange man nur die richtige Einstellung bewahrt: der Körper wird nicht krank oder selbst wenn er angegriffen wird, erholt er sich sehr leicht, alles geht gut... SOLANGE MAN NICHT DIESEN WILLEN ZUR TRANSFORMATION HAT. Die Störungen sind der Protest gegen den Willen zur Transformation. Solange man sagt: "Schön und gut, sollen die Dinge bleiben, wie sie sind, das ist mir gleichgültig, ich bin vollends zufrieden in meinem verklärten Zustand", dann fühlt sich der Körper zufrieden!
Das ist die Schwierigkeit: die Einführung von etwas völlig Neuem in diese Materie, da protestiert der Körper.
Als ich die Natur "befragte" und sie mir ihre Mitarbeit zusagte, 2 dachte ich, diese Schwierigkeit wäre überwunden – viele Dinge verbesserten sich auch beträchtlich (EIN TEIL der Natur arbeitet mit) –, aber nicht hier. Klarerweise stammt dies vom Unterbewußten und Unbewußten (überall, wo das Bewußtsein zugegen ist, geht es gut), es quillt von unten herauf, ständig, die ganze Zeit – und mit widerwärtiger Beharrlichkeit.
Natürlich wird das von all den gewohnten Suggestionen begleitet (aber das ist nichts, das kommt von einem Bereich, der leicht zu beherrschen ist). Suggestionen der Art: "Sieh doch, Sri Aurobindo selber hat es nicht geschafft!" (Ich weiß, warum er es nicht tat, aber die anderen wissen es nicht.) Alle gegnerischen Vibrationen benutzen das natürlich: "Wie kannst du auf Erfolg hoffen, wo er versagte!" Aber... darauf habe ich stets dieselbe Antwort: "Wenn der Herr mir sagt: "Es ist vorbei", werde ich wissen, daß es vorbei ist; dann ist es vorbei, und das ist mir egal!" Dann hören sie damit auf.
Das hält sie aber nicht davon ab, wieder anzufangen! Das kam besonders, nachdem ich diese Stelle von Sri Aurobindo las, wo er bestätigt: "DIESMAL bin ich DAFÜR gekommen – und ich werde es tun." Als ich das eines Tages las, stellte ich ihm nicht direkt die Frage, aber ich wandte mich zu ihm, da antwortete er: "Lies das Buch bis zum Ende!" Und ich weiß selber, daß es wahr ist: wenn ich das Buch zu Ende gelesen habe, werde ich verstehen, was er tat, und ich werde auch diesen Suggestionen begegnen können. In der Zwischenzeit versucht alles, was dagegen ist, mich daran zu hindern; alle diese dunklen und unterbewußten Willenskräfte tun ihr bestes, um mich vom Lesen abzuhalten, sie gaben mir sogar diese Blutung im Auge.
Weil ich denke (ich weiß nicht, ob ich es mit Recht tue), daß der Arzt in dieser Beziehung mehr Erfahrung besitzt als ich, daß er vom therapeutischen und biologischen Standpunkt etwas mehr weiß als ich, zeigte ich ihm mein Auge und fragte ihn, ob ich lesen kann. Er sagte: "Lieber nicht lesen, bis es weggeht." Und er empfahl mir, die Augen in Glukose zu baden (ich gebe das als Rat an alle weiter, die müde Augen haben: die Glukose zu gleichen Teilen mit etwas wie unserem "blauen Wasser" vermischen – flüssige Glukose in Ampullen, wie sie auch für Spritzen verwendet wird –, die Ampulle öffnen und beides in eine Augenbadetasse geben). Ich habe es bereits versucht und fand, daß es die Augen sehr stärkt. Ab morgen werde ich es regelmäßig tun.
Was veranlaßte Sri Aurobindo, aufzuhören?
Er hat nicht aufgehört.
Du meinst physisch aufzuhören?
Ja, was veranlaßte ihn dazu?
Er entschied, daß er gehen mußte.
Wir versuchten alles – ich insbesondere setzte alle meine Macht daran, ihn am Weggehen zu hindern, und das verursachte ihm großes Leiden, denn... er WOLLTE gehen, er hatte es entschieden – "er": der Höchste Herr entschied, wegzugehen.
Aber warum gerade diese Unterbrechung? Er war doch dafür gekommen.
Aber nichts ist unterbrochen worden! Das ist es ja, er weigert sich anzuerkennen, daß es eine Unterbrechung gab. Nichts wurde unterbrochen. Er kam dafür, und er ordnete die Dinge so an, damit... um die besten Erfolgschancen zu geben ("Chancen" ist eine Redeweise), die besten Möglichkeiten. Um alle Trumpfe auf unserer Seite zu haben.
(langes Schweigen)
Wenn ich jetzt wegginge, dann kann ich sagen, daß es tatsächlich eine Unterbrechung wäre, denn im Moment sehe ich niemanden, der weitermachen könnte. Aber die Chancen stehen gut... Wir werden ja sehen...
Wir werden sehen.
Alles hängt vom Gleichgewicht ab (nicht Gleichgewicht: vom Anteil), vom Ausmaß des Widerstands in der Substanz und vom Ausmaß der Macht.
Aber handelt es sich dabei um rein materielle Widerstände oder sind es gegnerische Kräfte?
Nein, sobald man die Materie verläßt, haben die gegnerischen Kräfte kein BISSCHEN Macht – NICHTS.
Es ist in der Materie?
In der Materie, eine fast unbewußte Materie.
Sie liegen in der unbewußten Materie?
Um es genauer auszudrücken: sie machen die Unbewußtheit der Materie aus! "Gegnerisch" ist nur unsere Art zu reden.
Verstehst du... (Mutter setzt an, etwas zu sagen, dann unterläßt sie es). Jetzt ist nicht der Augenblick, diese Dinge zu sagen.
Wir werden sehen.
(Schweigen)
Wie ich schon anfangs sagte, für einen Heiligen oder Weisen hat das Körpergebilde nur eine sehr begrenzte, zweitrangige Bedeutung. Doch für diese supramentale Arbeit ist die Beschaffenheit des Körpers von beinahe entscheidender Bedeutung, und zwar keineswegs vom Standpunkt der spirituellen Elemente oder der mentalen Kraft – diesen Dingen fällt ÜBERHAUPT KEINE Bedeutung zu –, sondern das Bedeutende ist die Fähigkeit durchzuhalten und zu überdauern.
In dieser Hinsicht ist mein Körper unbestreitbar besser beschaffen als Sri Aurobindos.
Hier lag das eigentliche Problem. Denn die Vereinigung der beiden [Sri Aurobindo und Mutter] war fast ein Kinderspiel – ob ich mich mit ihm verschmelze oder er mit mir, war nicht das Problem, das war nicht schwierig. Und dieser Punkt (und viele andere auch, die zu erwähnen jetzt noch nicht an der Zeit ist) war Gegenstand zahlreicher Diskussionen, denn wir sahen... gewisse Bedingungen waren zu berücksichtigen, und ich sagte ihm, daß ich ohne jegliches Bedauern und mit großer Leichtigkeit diesen Körper verlassen würde, um mich mit ihm zu verbinden (dies sagte ich ihm nicht nur in Gedanken, sondern ausgesprochen). Er antwortete mir auch mit ausgesprochenen Worten: Your body is indispensable for the Work. Without your body the Work cannot be done [Dein Körper ist unerläßlich für Die Arbeit. Ohne deinen Körper kann Die Arbeit nicht getan werden]. Dann sagte ich nichts mehr – es war nicht mehr meine Angelegenheit, das Thema war abgeschlossen.
Dies war 1949 gesagt worden, also etwas mehr als ein Jahr, bevor er ging.
(Schweigen)
Und es ist wirklich so.
Doch jetzt werde ich mit dieser Tatsache konfrontiert... Mit der Unermeßlichkeit oder... Die Arbeit ist so ungeheuer!
Letzten Endes hängt alles vom Höchsten Willen ab, denn schaut man tief genug, bedeuten Ihm selbst die physischen Gesetze und Widerstände nichts. Aber das liegt an der äußersten Grenze, in anderen Worten: daß Sein Wille sich sozusagen im Widerspruch zur Gesamtheit der Gesetze der Manifestation ausdrückt, geschieht nur... in der allerletzten Sekunde. In Savitri drückt Sri Aurobindo das so gut aus! Mindestens dreimal beschreibt er das in diesem Buch. Dieser Wille überwiegt gegen sämtliche bestehenden Gesetze und alle Konsequenzen dieser Gesetze und die ungeheure Gesamtheit der Manifestation; damit Das trotz all dem zum Ausdruck gelangen kann, das geschieht an der äußersten...man kann sagen Sekunde, an der äußersten Grenze des Möglichen.
Ich muß gestehen, nachdem Sri Aurobindo mir seine Arbeit überlassen hatte, empfand ich eine Zeitlang etwas wie eine Spannung (nicht gerade Besorgnis), aber eine Spannung, sie zu tun, eine Spannung des Willens. Jetzt ist auch das vorüber (Mutter breitet ihre Arme ins Unendliche aus). Auch das ist vorüber. ABER vielleicht bleibt noch etwas im Unterbewußten oder Unbewußten, das noch angespannt ist – es ist möglich, ich weiß es nicht. Warum? – Ich weiß nicht. Jedenfalls wurde mir zu keiner Zeit gesagt, weder direkt noch von Sri Aurobindo, daß ich bis zum Ende gehen werde. Das wurde mir nie gesagt – auch das Gegenteil wurde mir nicht gesagt. Mir wurde nichts gesagt. Und wenn ich manchmal nicht direkt eine Frage habe, aber mich zu Dem wende, um zu wissen, ist die Antwort stets dieselbe: "Das geht dich nichts an. Kümmere dich nicht darum." Deshalb habe ich jetzt gelernt, mich nicht darum zu kümmern. Bewußt kümmere ich mich nicht darum.
(Schweigen)
Es kommt dosiert! Mit einer Weisheit!... Ich will damit sagen, das Bewußtsein (auf Englisch würde man awareness sagen: nicht genau Bewußtsein, sondern zwischen Bewußtsein und Wahrnehmung), das Bewußtsein der ungeheuren Schwierigkeit der "Sache" wird mir sozusagen tropfenweise gegeben... damit ich nicht davon erdrückt werde.
Aber ich muß beträchtliche Fortschritte gemacht haben, denn in letzter Zeit wird mir die Ungeheuerlichkeit der Sache sehr viel... konkreter dargeboten!... Wie ich dir sagte: es ist so weit, daß mir jegliches spirituelle Leben bei all diesen Leuten und Völkern, die sich seit Anbeginn der Erde bemühten und so große Anstrengungen unternahmen, all das erscheint mir wie nichts, ein Kinderspiel. Es ist nichts: man lächelt und dann... freut man sich. Es ist nichts, überhaupt nichts!...
Auch ist es (um die Dinge in gewöhnlicher Sprache auszudrücken) eine ruhmlose Arbeit, mein Kind! Es gibt keine Ergebnisse, keine Erfahrungen, die einen mit Ekstase oder Freude oder Bewunderung erfüllen, nichts dergleichen – eine schreckliche Mühsal.
Hätte man nicht die klare Vision und die beständige Aspiration in sich, wäre es eintönig, ärgerlich... fahl, grau... uff!
(Schweigen)
Vor einigen Monaten (inzwischen sind es schon mehrere Monate), als der Körper wieder einmal ein Schlachtfeld und voller Hindernisse war und er so schwebte und sich fragte, ob... auf welcher Seite es enden würde (keine intellektuelle Frage, nein, aber eine Art Wahrnehmung, eine Empfindung: Auf welcher Seite wird es landen?), da erfüllten sich plötzlich alle Zellen mit dem Eindruck (und ich weiß, woher das kam): "Wenn wir aus diesem Gebilde aufgelöst werden, wenn diese Verbindung aufgelöst wird, sich nicht mehr halten kann, dann werden wir alle direkt, ganz gerade zu Sri Aurobindo und seiner supramentalen Welt gehen, die dort vor uns liegt." Das war wie eine wunderbare Flamme. Und es herrschte eine solche Freude! Ein solcher Enthusiasmus, eine solche Freude drang in all diese Zellen! Es war ihnen vollkommen gleichgültig geworden, ob sie aufgelöst wurden... "Ach, was kann uns das ausmachen!"
Das bedeutete wirklich eine entscheidende Etappe für die Arbeit der Erleuchtung des Körpers.
Sämtliche Zellen fühlten sich viel stärker als diese blödsinnige Kraft, die sie auflösen könnte. Alles, was man als "Tod" bezeichnet, war ihnen völlig gleichgültig: "Was kann uns das anhaben? Wir gehen DORTHIN, und wir werden bewußt an Sri Aurobindos Arbeit und an der Transformation der Welt teilnehmen. Zwischen den beiden Arten – hier oder dort, so oder so –, welcher Unterschied!"
Ich glaube, das war vor mehr als einem Jahr. Es verließ mich nie mehr. Nie. Alle Besorgnis und gerade all diese bewußte Spannung verschwand.
Nur (es gibt ein "nur" in all dem), herrschte ein großzügigeres Gleichgewicht zwischen einem freien Alleinsein, das ich als "tröstend" bezeichnen könnte, und der Notwendigkeit der kollektiven Arbeit, so gäbe es wahrscheinlich weniger Schwierigkeiten... Ich erinnere mich, ungefähr am Ende des ersten Jahres, nachdem ich nach oben zog [Ende 1958] (vielleicht sogar früher), jedenfalls einige Zeit, nachdem ich mir angewöhnt hatte, beim Japa zu gehen, erlebte ich Zeiten des Gehens!... Verstehst du, wenn es ein persönliches Ziel gegeben hätte, wäre es damit offensichtlich erreicht worden – das ist unbeschreiblich, absolut jenseits aller beschreibbaren Pracht.
In diesem Augenblick erhielt ich den Befehl des Höchsten, der hier anwesend war (Mutter hält ihre Hände vor ihr Gesicht), er sagte mir: "Das ist ein Versprechen für später. Jetzt muß die Arbeit getan werden."
Diese Arbeit ist nicht individuell, sondern kollektiv. Natürlich wurde es, so wie es gesagt wurde, mit Freude angenommen und sofort ausgeführt.
Aber wenn ich mich erinnere, wie diese Erfahrung war, und was ich jetzt erlebe...
(Schweigen)
Jedenfalls ist es etwas Äquivalentes, aber sehr viel Umfassenderes und Vollständigeres und Absoluteres, das Sri Aurobindo tat, als er seinen Körper verließ – denn er besaß die Erfahrung, er hatte das, ich sah ihn, ich sah ihn supramental auf seinem Bett, wie er auf seinem Bett saß.
(Schweigen)
Das schrieb er: ich tue dies nicht für mich individuell, sondern für die gesamte Erde. Und bei mir war es genau dasselbe – oh, was für eine Erfahrung!... Ja, danach zählte nichts mehr: die Leute, die Erde – sogar die Erde hatte keinerlei Bedeutung mehr.
(Die Uhr schlägt)
*
* *
Später, kurz vor dem Weggehen:
Weißt du, der gegenwärtige Zustand gibt einem den Eindruck, daß wir im Grunde überhaupt nichts wissen, nichts, nichts, nichts. Alles andere, alles, was zum spirituellen Leben führt, zur Befreiung, ja, all das ist schön und gut... Aber im Vergleich zum Wissen, das es erfordern würde, um diese Arbeit zu tun...
Vielleicht ist es besser, nicht zu wissen.
Denn offensichtlich kann ich nicht behaupten, meine Erfahrungen wären das Ergebnis einer Aspiration oder eines Willens oder eines mentalen Wissens – ich weiß überhaupt nichts. Ich weiß nichts. Ich weiß nicht, wie es sein sollte, was sein sollte, nichts. Weder, was zu tun ist, noch, was nicht zu tun ist – nichts. Ja, es ist wirklich ein blindes Voranschreiten... (Geste des Tastens) in einer Wüste voller Fallen und Schwierigkeiten und allen möglichen Hindernissen – all das ist dort aufgestaut. Man hat verbundene Augen, weiß nichts (selbe tastende Geste), man geht weiter.
Folglich gibt es nur eines zu tun, und zwar so zu sein (Mutter öffnet ihre Hände nach oben, in einer Geste der Hingabe), aber dabei darf man nicht einschlafen! Man darf nicht in einen verklärten Zustand übergehen, wo man... Nein, man muß weitergehen.
Ich weiß nicht, was zu tun ist. Nicht angenehm.
(Mutter steht auf)
Ah, ich habe dir etwas mitgebracht – ich vergaß, es dir zu geben 3 (Mutter lacht)!
Das ist Teil einer Erfahrung... Mir ist gesagt worden, daß NICHTS zurückgewiesen werden darf von dem, das Freude ist – eine völlig andere "Freude", das hat nichts mit dem zu tun, was man Freude nennt, wenn man im Vital lebt, nichts derartiges! (Lachend) Eine sonderbare Freude!
1 Seit Mutter On Himself liest, die Briefe Sri Aurobindos, in denen er über sich selbst spricht – als hätten diese Briefe sie mit allen Schwierigkeiten der Aufgabe in Berührung gebracht.
2 Erfahrung vom 8.11.1957. Mutter kommentierte diese Erfahrung im Gespräch des 1.1.1958 (siehe Agenda Bd. 1, S. 129)
3 Eine Dose Leberpastete, wenn ich mich recht erinnere!