Mutters
Agenda
ersten Band
2. Juli 1958
Ramdas 1 ist wahrscheinlich eine Fortsetzung der Reihe von Chaitanya, Ramakrishna usw...
(Schweigen)
Ein Thema für heute abend...
Eines habe ich nie vollständig gesagt. Einerseits gibt es die Einstellung, wie sie die Leute in dem Film von gestern abend 2 hatten: Gott ist alles, Gott
ist überall, Gott ist in dem, der euch schlägt (wie Sri Aurobindo schreibt: "Gott versetzte mir einen heftigen Schlag, soll ich ihm sagen: "O Mächtiger, ich vergebe dir den Schmerz und die Grausamkeit, doch tue es nicht wieder!"?" 3), eine Einstellung, die, ins äußerste Extrem getrieben, die Welt akzeptiert, so wie sie ist: die Welt ist der vollkommene Ausdruck des göttlichen Willens. Die andere Einstellung ist jene des Fortschritts und der Transformation. Dazu muß man voraussetzen, daß es Dinge in der Welt gibt, die nicht so sind, wie sie sein sollen.
In The Synthesis of Yoga sagt Sri Aurobindo manchmal: diese Vorstellung von Gut und Böse, Rein und Unrein, dieses Konzept ist für die Handlung notwendig. Aber die Puristen wie Chaitanya, Ramakrishna und die anderen lassen das nicht gelten, sie akzeptieren nicht, daß dies für die Handlung unerläßlich ist. Sie sagen einfach: das ist weil ihr die Handlung für etwas Notwendiges haltet, und das widerspricht eurer Wahrnehmung des Göttlichen in allen Dingen.
Wie die beiden in Einklang bringen?
Ich erinnere mich, einmal versucht zu haben, darüber zu sprechen, aber keiner konnte mir folgen und keiner hat auch nur verstanden, deshalb ließ ich es dann. Es ist geblieben, ich konnte nichts damit machen, weil niemand einen Sinn daraus entnehmen konnte. Doch jetzt könnte ich eine sehr einfache Antwort geben:
Laßt doch den Höchsten die Arbeit verrichten; schließlich muß Er sich weiterentwickeln, nicht ihr!
Ramdas ist überhaupt nicht der Ansicht, daß die Welt gut ist, so wie sie ist.
Nein, aber ich kenne diese Leute, gründlich! Chaitanya, Ramakrishna, Ramdas, ich kenne sie genau, sie sind mir äußerst geläufig: das stört sie nicht. Sie leben in einem Gefühl, sie haben eine sehr konkrete Erfahrung, leben in dieser Erfahrung, und es ist ihnen völlig egal, ob ihr Konzept (das sie nicht einmal herauskristallisieren, sie lassen es vage) Widersprüche enthält, denn sie bringen sie anscheinend in Einklang. Sie stellen sich keine Fragen, verspüren kein Bedürfnis nach einer absolut klaren Vision: ihr Gefühl ist völlig klar, und das genügt ihnen. Ramakrishna war so; er sagte die widersprüchlichsten Dinge, ohne sich im geringsten daran zu stören, und sie sind alle gleichermaßen genau wahr.
Doch diese Eigenschaft, die Sri Aurobindo besaß, diese kristallklare Sicht, in der alles an seinem Platz steht und bei der es keine Widersprüche mehr gibt – die erreichten sie nie. Das war ja Sri Aurobindos Eigenheit, diese wirklich supramentale Sicht, kristallklar, vollkommen, sogar vom Standpunkt des Verständnisses und des Wissens. So weit sind sie nie gegangen.
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Kurz darauf
Jedes Element, sagen wir jedes individuelle Element (obwohl es nicht genau das ist) steht an seinem Platz in Abhängigkeit davon, ob die Gnade auf das Individuum oder auf die Gesamtheit wirkt.
Wenn die Gnade auf die Gesamtheit wirkt, belegt jedes Ding, jedes Element, jedes Prinzip seinen Platz als Konsequenz der karmischen Logik der allgemeinen Bewegung. Das gibt uns den Eindruck der gegenwärtigen Störung und Verwirrung.
Wenn die Gnade individuell wirkt, gibt sie jedem den höchsten möglichen Platz entsprechend dem, was er ist, was er verwirklicht hat.
Und dann gibt es in wenigen Ausnahmefällen sozusagen eine Super-Gnade, die einen nicht in Abhängigkeit dessen plaziert, was man ist, sondern dessen, was man sein sollte. Das heißt, die universelle kosmische Stellung ist dem individuellen Fortschritt voraus.
In diesen Fällen sollte man den Mund halten und auf die Knie fallen.
1 Ein Yogi aus dem Nordwesten Indiens, der den Weg der Liebe (bhakti) verfolgte. Sein ganzes Yoga bestand darin, den Namen Râm zu wiederholen. Er gründete das Anandashram in Kanhargad. Er wurde 1884 geboren und starb 1963.
2 Bishnupriya, ein bengali Film.
3 Centenary Edition, XVII.81.