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Mutters

Agenda

zehnten Band

27. Dezember 1969

Hast du nichts zu sagen?...

Ich werde zu sehr von allen möglichen praktischen und materiellen Dingen in Beschlag genommen...

(Mutter lacht)

Man hat ein wenig den Eindruck, von der Materie verschlungen zu werden... Findest du nicht?

In letzter Zeit hatte ich eher den Eindruck, von einer TOTALEN Verständnislosigkeit umgeben zu sein – daran bin ich inzwischen gewöhnt, es ist jedoch sehr akut geworden. Ich erhielt Fragen, Vorwürfe, allerlei... Als erhebe sich überall der Geist des Unverständnisses, und mir erschien es, als geschehe dies absichtlich, weil der Augenblick gekommen ist, etwas zu tun... Lauter Beschwerden: "Warum tut man dies, warum tut man das, warum ist dies so?..." Und meistens gründen sie sich auf tendenziöse Informationen oder unrichtige Beobachtungen.

(Schweigen)

Vollzieht sich denn trotz dieses scheinbaren Verschlungenwerdens durch die Probleme und die praktische Arbeit etwas wie Yoga oder irgend etwas, selbst wenn wir äußerlich dermaßen absorbiert sind, daß wir nicht den Eindruck haben, etwas zu tun?

Oh, jetzt weiß das ganze Wesen – der Körper hat es deutlich begriffen –, daß ALLES kommt, um einen so schnell wie möglich voranschreiten zu lassen: die Hindernisse, die Widersprüche, die Verständnislosigkeit, überflüssige Tätigkeiten, alles, alles geschieht, um uns voranschreiten zu lassen; um einen Punkt zu berühren, einen anderen und noch einen anderen... und uns so schnell wie möglich einen Fortschritt erzielen läßt. Wie soll sich diese Materie sonst ändern, wenn wir uns nicht mit ihr befassen?

Es ist völlig offensichtlich, daß alle Einwände, alle Widersprüche lediglich von einem oberflächlichen Mental herrühren, das nur den Anschein der Dinge sieht. Genau vor dem muß das Bewußtsein auf der Hut sein: es darf sich nicht durch diese Dinge täuschen lassen, es muß klar sehen können, daß dies rein äußerlich und oberflächlich ist und daß dahinter alles, was geschieht, einem möglichst schnellen Marsch zur Transformation dient.

(langes Schweigen)

Auf ihrer höheren Stufe versteht die Intelligenz sehr leicht, daß sie nichts weiß, und sie nimmt sehr leicht die für den Fortschritt erforderliche Haltung ein; wenn es sich jedoch um materielle Dinge handelt, haben selbst jene, die über diese Intelligenz verfügen, instinktiv den Eindruck, daß all das bekannt, gewußt, auf gesicherte Erfahrungen gegründet ist, und da ist man verwundbar. Eben das wird nun dem Körper beigebracht: die Nichtigkeit der gegenwärtigen Weise, die Dinge zu sehen und zu verstehen, welche sich auf all diese Gegensätze gründet – das Gute und das Böse, das Gute und das Schlechte, das Lichte und das Dunkle. Alle Urteile, das ganze Verständnis des Lebens (des materiellen Lebens) gründet sich darauf. Das geschieht, um uns die Nichtigkeit dieser Grundlage beizubringen. Ich sehe das. Die Arbeit hat sich sehr zugespitzt und ist sehr beharrlich geworden, als ob es schnell gehen solle.

Selbst der praktisch veranlagte Teil des Wesens, der gelernt zu haben glaubt, wie man lebt, und zu wissen meint, was und wie etwas zu tun ist, muß ebenfalls begreifen, daß dies nicht das wahre Wissen ist und nicht die wahre Art, die äußeren Dinge zu verwenden.

(Schweigen)

Es gibt sogar amüsante Dinge... Die ganze Zeit ist es so, als ob dieses wirkende Bewußtsein den Körper hänselte; die ganze Zeit sagt es ihm: "Siehst du, du hast diese Empfindung; worauf beruht sie überhaupt? Du glaubst es zu wissen, weißt du tatsächlich, was dahinter steckt?" – bei all den kleinen Dingen des Lebens in jedem Augenblick. Und dann reagiert der Körper so (Mutter reißt erstaunt die Augen auf) und sagt sich: "Es ist wahr, ich weiß nichts." Aber seine Antwort ist stets dieselbe, er sagt: "Ich behaupte gar nicht, zu wissen: der Herr soll machen, was Er will." So ist er. Dann ist da dieser Punkt, den man wirklich auf dauerhafte Weise erfassen müßte: Sich nicht in die Arbeit des Herrn einmischen (um es ganz einfach auszudrücken).

(Schweigen)

Ich erlebe eine FAKTISCHE Demonstration durch die Erfahrung eines jeden Augenblicks, wie sehr es... man könnte sagen "lügenhaft" ist (auf jeden Fall trügerisch), wenn man die Dinge mit dieser Art erworbener Weisheit oder erlangten Wissens tut, mit dem Gefühl einer gelebten Erfahrung usw., und daß es dahinter etwas ANDERES gibt, das sich dessen bedient (wie es sich aller Dinge bedient), das aber überhaupt nicht durch dieses Wissen gebunden oder von ihm abhängig ist, auch nicht von der sogenannten "Lebenserfahrung" oder alldem. Es besitzt eine viel direktere, tiefere und "weitere" Schau, d.h. es sieht viel weiter, viel umfassender und viel weiter in die Zukunft – etwas, das keine äußere Erfahrung vermag... Aber es ist eine bescheidene, glanzlose Entwicklung, die nichts "vorzeigen" kann: stets sind es winzig kleine Dinge eines jeden Augenblicks, einer jeden Sekunde. Als ob einem etwas ständig die gewöhnliche Weise zu leben, zu sehen und zu handeln aufzeigte, und dann... die wahre Weise. Beides nebeneinander. Für alles.

Das geht so weit, daß einem die Einstellung gegenüber gewissen Schwingungen ein totales Wohlbefinden vermitteln oder einen im Gegenteil ganz krank machen kann. Die gleiche Schwingung. Verblüffende Dinge dieser Art. Und in jedem Augenblick ist es so, in jedem Augenblick, bei allem.

Gestern hörte ich Sunils Musik (aufgrund dieser Erfahrung war das so interessant). Seine Musik ist sehr gut, und dieses Bewußtsein zeigte mir, wie... Das Bewußtsein hier nimmt eine bestimmte Haltung ein, und so erfährt es die ganze Freude und Harmonie. Dann bleibt die Sache dieselbe, aber... (Mutter kippt ihre Hand geringfügig nach links) eine ganz kleine Veränderung in der Bewußtseinshaltung, und es wird fast unerträglich. Erfahrungen dieser Art habe ich ständig... um zu zeigen, daß nur EINE Sache wichtig ist, und zwar die Bewußtseinshaltung: die alte Haltung des individuellen Wesens (Geste einer Reduktion auf sich selbst) oder dies (Geste einer Ausdehnung). Wahrscheinlich (um es verständlich auszudrücken) bedeutet dies die Gegenwart des Egos und dies die Aufhebung des Egos. Das ist es.

Wie ich schon sagte, gibt einem dies bei den gewöhnlichsten Tätigkeiten des Lebens den Beweis, daß die Duldung des Egos in der Tat zu einer gesundheitlichen Gleichgewichtsstörung führen kann (sicher um verständlich zu machen, was es ist) und daß die einzige Abhilfe das Verschwinden des Egos ist – damit verschwindet zugleich jegliches Unbehagen. Und dies bei Dingen, die wir für die unbedeutendsten halten, für... Für alles, alles, alles, ständig, Tag und Nacht.

Die Sache wird erschwert durch all die Verständnislosigkeiten und Unzufriedenheiten, die sich kundtun (Geste einer sich über Mutter ausschüttenden Kippladung), als seien sie entfesselt worden und kämen ins Offene; all dies fällt einem gleichzeitig auf den Kopf, damit... um die Erfahrung umfassend und in allen Bereichen zu machen.

So erhält man gleichsam in jedem Augenblick eine praktische Demonstration der Gegenwart des Todes und der Gegenwart der Unsterblichkeit: (Mutter kippt ihre Hand leicht nach rechts oder links) für die KLEINSTEN Dinge – in allen Dingen, den geringsten wie den größten, dauernd; und man sieht ständig... ob man hier ist oder dort (gleiche Geste eines Kippens auf die eine oder andere Seite). In jedem Augenblick wird man sozusagen gezwungen, zwischen Tod und Unsterblichkeit zu wählen.

Und ich sehe, daß der Körper eine ernsthafte und sehr vollständige Vorbereitung braucht, um diese Erfahrung durchstehen zu können ohne... ohne eine Schwingung der Unruhe oder eines Zurückweichens oder... damit er stets seinen Frieden und sein Lächeln bewahren kann.

(langes Schweigen)

Es gibt die unwahrscheinlichsten Dinge.

Als wollte etwas, daß wir in allen Dingen die Gegenwart der Gegensätze erleben, um das zu finden, was IST, wenn sich die Gegensätze vereinen – wenn sie sich vereinen, anstatt voreinander zu fliehen. Das bringt ein Ergebnis hervor, und zwar im praktischen Leben.

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