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Mutters

Agenda

zehnten Band

10. Dezember 1969

(Mutter schreibt in einem Zuge die Botschaft für das neue Schuljahr auf.)

Das, was man unterrichten will, muß man auch selbst erlebt haben.

Um über das neue Bewußtsein reden zu können, laßt es in Euch eindringen, damit es Euch seine Geheimnisse offenbart! Nur dann seid ihr kompetent, darüber zu sprechen.

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Als erste Voraussetzung, um zum neuen Bewußtsein vordringen zu können, muß man eine hinreichende mentale Bescheidenheit haben, um überzeugt zu sein, daß alles, was man zu wissen glaubt, nichts ist im Vergleich zu dem, was noch zu lernen übrig bleibt.

Alles, was man äußerlich erlernt hat, darf nur ein Trittbrett sein, um sich zu höheren Wissensformen emporschwingen zu können.

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(Schweigen)

Die Ausbildung des physischen Bewußtseins schreitet in einem extrem beschleunigten Tempo voran. Da fällt es dem Körper etwas schwer, sein Gleichgewicht zu behalten. Es ist, als bekäme er von allen Seiten Schläge. (Mutter lacht)

Innerlich ist er völlig in Ordnung. Äußerlich waren die Dinge während der letzten drei Tage sehr schwierig, und er war ein wenig müde – vorher kannte er keine Müdigkeit mehr, er wußte nicht einmal mehr, was das ist. Aber dies hielt nicht an, denn sobald er einen freien Augenblick hatte, wo er sich konzentrieren und wieder die wahre Haltung finden konnte, war es vorbei. Oh, der Fortschritt (Geste wie ein Sprung) stand in gar keinem Verhältnis zur Anstrengung. Die Anstrengung ist minimal und der Fortschritt riesig. Man sieht es deutlich.

Auch auf die anderen (die uns Nahestehenden) wirkt es sich so aus: es geht mit Riesenschritten voran – zwar erschüttert dies das Haus ein wenig, aber es geht mit Riesenschritten voran. Einige, wie zum Beispiel Z, sind sich dessen sehr bewußt. Sie ist sehr bewußt. Vor langer Zeit hatte sie sich am Bein verletzt, und dieses Bein ist nun etwas schwächer als das andere, was zu möglichen Störungen führt. Sie hat festgestellt, daß sie, solange sie die richtige Haltung einnimmt, NICHTS MEHR SPÜRT – alles ist wie weggefegt. Sobald sie aber in das gewöhnliche Bewußtsein zurückfällt, kommt der Schmerz zurück... Sie hat damit unzählige Erfahrungen gesammelt. Ich fand das sehr interessant. Anderen ergeht es ähnlich.

Das ist wirklich bemerkenswert, denn hier zeigt sich so offensichtlich und sonnenklar, daß dies EINZIG UND ALLEIN EIN BEWUSSTSEINSZUSTAND ist. Wenn man sich im Bewußtsein befindet (das heißt, im Bewußtsein, das immer wahrer wird, nicht etwas, das stillsteht, sondern ein aufsteigendes Bewußtsein), dann geht alles gut; sobald man es verläßt und in das alte, nicht fortschreitende oder sich nur ganz langsam und unsichtbar entwickelnde Bewußtsein zurückfällt, kehrt auch die Unordnung zurück. Und dies ist wie eine ganz klare und offensichtlich zu erlernende Lektion.

Wirklich interessant.

Der Körper ist dabei zu lernen. Er lernt sehr schnell.

(Schweigen)

(Lachend) Er sagt sich ständig: "Wir sind wirklich arme Trottel." Dies ist tatsächlich sein Eindruck. Wir sind so stolz darauf, Menschen zu sein – bewußt und fähig, mehr zu sein als ein denkendes Tier –, aber im Vergleich zu dem, was noch zu erobern ist, befinden wir uns erst ganz unten... nicht einmal auf der ersten Stufe der Entwicklung.

Wir glauben es gut zu machen, wir streicheln uns ein wenig, um uns zu ermutigen... Man bekommt tatsächlich den Eindruck, ein armer Trottel zu sein. (Mutter lacht)

(Schweigen)

Gewiß wird ein großer Schritt getan sein, wenn es dem Menschen als natürlich erscheint, zuerst sich selbst vervollkommnen zu wollen, anstatt die Vollkommenheit in den anderen zu erwarten... Genau diese Wende ist die Grundlage jeden wahren Fortschritts. Der erste menschliche Instinkt folgert stets: "Schuld sind die Umstände, schuld sind die Leute, schuld... Der eine ist dies, der andere ist das und wieder ein anderer ist ..." Und das geht ewig so weiter. DER ERSTE SCHRITT ist zu sagen: "Wenn ich so wäre, wie ich sein soll, oder wenn mein Körper so wäre, wie er sein soll, dann wäre alles vollkommen richtig." Wenn man jedoch, um einen Fortschritt zu machen, darauf wartet, daß die anderen ihn machen, dann kann man ewig warten.

Dies ist das erste, was man überall verbreiten sollte.

Gebt nie die Schuld einem anderen oder den Umständen, denn wie auch immer die Umstände sein mögen, selbst die scheinbar schlimmsten, sie sind für euren inneren Fortschritt ohne Bedeutung, wenn ihr nur die richtige Haltung einnehmt und das wahre Bewußtsein habt – und ich füge hinzu: sogar der Tod.

Das scheint wirklich die erste Lektion zu sein, die es zu lernen gilt.

(Schweigen)

Erinnerst du dich an die Stelle, wo Sri Aurobindo schrieb – ich übersetze frei –, daß der Begriff der Sünde eingeführt wurde, um den Fortschritt zu erleichtern, doch sofort (lachend) sah der Mensch die Sünde stets bei allen anderen, aber niemals bei sich selbst... Der Satz von Sri Aurobindo ist wirklich charmant, aber ich erinnere mich nicht mehr genau. 1

(langes Schweigen)

Hast du die Botschaft für das Neue Jahr gesehen? (Mutter sucht ein Papier)

Die Welt bereitet sich auf einen großen Wandel vor.
Willst du helfen?

Amüsant ist, daß N.S. (eine Ministerin der indischen Regierung) Glückwunschkarten drucken lassen will – sie muß zu Neujahr eine Menge Karten verteilen –, und auf der einen Seite der Karte will sie meine Botschaft drucken lassen und auf der anderen ihre Neujahrswünsche. Das will sie an alle verschicken.

Ich habe den Eindruck, daß 1970 besser sein wird als 1969, oder?

Ich glaube auch.

Ich habe den Eindruck, 1972 wird es einen wirklichen Wandel geben – einen bedeutenden Wandel.

Von überallher in der Welt, selbst von den unerwartetsten Orten, bekommen wir Briefe von Leuten, die mitziehen und verstehen, die warten... Kanada ist sehr bewegt. Sogar in Norwegen, in Schweden, viele Leute in Italien, viele in Deutschland... in Frankreich fängt es an... ein bißchen (Mutter lacht). In den Vereinigten Staaten läuft es recht gut, und in Kanada geht es gut. Sogar in Japan gibt es Leute, die...

 

1 Aphorismus 68 – "Das Gefühl der Sünde war notwendig, damit der Mensch seiner eigenen Unvollkommenheiten überdrüssig werde. Es ist das Korrektiv, das Gott dem Egoismus entgegensetzte. Aber der Egoismus des Menschen vereitelt die Strategie Gottes, denn er interessiert sich nur mäßig für seine eigenen Sünden, verfolgt aber mit Eifer die Sünden der anderen."

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