Mutters
Agenda
neunten Band
12. Juni 1968
(Nach einem Brief, in dem sich Satprem über seine Schwierigkeiten beim Schreiben oder besser beim Neuschreiben des Sannyasins sowie über die völlige Unbewußtheit seines Schlafes beklagte)
Ich habe dir nicht geantwortet, weil es nichts zu sagen gab – ich tue mein Bestes!
Aber ja, mit dem Buch geht es schon besser.
Ach! Es geht also besser.
Drei oder vier Tage vor deinem Brief dachte ich an das Buch, es erschien sehr stark – bevor du mir den Brief schriebst.
Und über die Nächte weiß ich Bescheid...
Was stelle ich nachts bloß an?
Ich habe dir schon gesagt, daß ich dich früher sehr oft sah; jetzt sind meine Nächte sehr eingeschränkt, denn ich habe Arbeit bis sehr spät in die Nacht, und dann stehe ich sehr früh auf, also bleibt nicht viel von der Nacht übrig. Ich treffe dich aber immer am selben Ort, und dort bist du sehr aktiv und vollkommen bewußt... Die Verbindung zwischen diesem Teil deines Wesens und dem wachen Teil fehlt – ach, das ist mitunter ein bloßes Nichts, eine winzige Kleinigkeit... Weißt du, wie eine Lücke zwischen zwei Dingen. Ansonsten bist du sehr bewußt, du arbeitest auch sehr logisch: eine Sache, die weitergeht und sich entwickelt. Und es betrifft stets irdische Belange – die Organisation der Erde. Und ich treffe dich immer am selben Ort, wir arbeiten immer am selben Ort. Es macht einen sehr koordinierten Eindruck.
Ich habe mich schon öfters gefragt, ob diese Lücke nicht für dein eigenes Wohl besteht. Wenn dir nämlich dieser Teil deines Wesens sehr bewußt wäre... Man ist dort so frei, so ruhig, so machtvoll, daß man dann unter Umständen von der Erde angewidert wäre. Ich fragte mich also schon öfters, ob dies nicht zu deinem eigenen Schutz ausradiert wird.
Denn das Leben dort setzt sich fort, verstehst du: Das sind keine "Träume" sondern eine Wirklichkeit, die weitergeht.
Früher begab ich mich immer dorthin; jetzt sind die Nächte sehr kurz, also gehe ich nur noch von Zeit zu Zeit hin, ich treffe dich aber stets dort an.
Was macht dein Buch? Korrigierst du es oder...
Nein, ich schreibe fast alles neu.
Oh!
Ich bin fast fertig damit.
Was möchtest du am Ende sagen? Was möchtest du sozusagen darlegen?
Das letzte Mal, als du es mir vorlasest, war das Ende nicht klar, ich verstand nicht genau, was du erreichen wolltest, es schien in Gleichgültigkeit zu enden.
Nein, nein!
Möchtest du zeigen, daß der Weg des Sannyasins nicht der wahre Weg ist, oder möchtest du eher zeigen, wie er zum wahren Weg führt?
Ja. Ich möchte zeigen, daß es sich um einen Teil des Weges handelt, daß der gesamte innere Bereich, die inneren Erfahrungen, die ganze Öffnung des Bewußtseins oben, im Grunde nur ein Ausgangspunkt sind.
Ja, das ist es.
Und daß man danach dazu geführt wird, etwas anderes zu suchen, dem HIER eine Realität zukommt.
Ja, genau. Soweit habe ich es verstanden, aber am Ende war das nicht sehr klar.
Das wird jetzt alles vollkommen neu geschrieben.
Ja, das ist sehr nützlich. Es ist sehr gut zu zeigen, daß dieser Weg seine Zeit hatte und seinen Zweck erfüllte, um den Suchenden mit einer Welt in Kontakt zu bringen, die er nicht kannte, daß man aber darüber hinausgehen muß.
Ja, ich möchte diesem Sannyasin die bestmögliche Form geben, ich möchte ihn in seinem besten Licht zeigen, ihn nicht leichtfertig abwerten, ganz im Gegenteil, dabei aber sein Ungenügen zeigen.
Ja, zeigen, daß der Weg anderswohin führt.
Denn gleichzeitig zerstört es alle Religionen und all ihre "jenseitigen" Ziele. Mit dem Sannyasin berühre ich ein ganzes Spektrum spiritueller Haltungen.
Ja, darum geht es, das ist sehr gut.