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Mutters

Agenda

achten Band

10. Mai 1967

(Satprem liest Mutter ein altes Entretien vom 23. Mai 1956 vor, in dem Mutter plötzlich verschiedene Fragen über die Aussprache der alten ägyptischen Hieroglyphen stellte.)

Was hat deine Fragen ausgelöst? Etwas Besonderes?

Eine Zeitlang interessierte es mich sehr, dies zu erfahren. Ich versuchte, die Erinnerung an die Elemente, die damals lebten, wieder aufzufrischen, aber...

Ja, du sagst: "Ich fragte mich, wie sie die Namen der Pharaonen und der Götter herausfanden." Danach fragst du: "Stammt die Sprache der Ägypter aus derselben Zeit wie das älteste Sanskrit oder ist sie noch älter?... Gibt es überhaupt eine menschliche Sprache, die weiter zurückreicht als das älteste Sanskrit?" Und weiter fragtest du: "Ist die hieroglyphische ägyptische Sprache mit der chaldäischen oder mit der arischen Linie verwandt?"

Ja, all dies ist sehr interessant, aber ich kann darauf keine Antwort finden. Da besteht eine vollkommene Lücke.

Hast du etwa Töne gehört? Oder was?

(Nach einem Schweigen) Ich gebe dir ein Beispiel. Vor etwa zwei Jahren hatte ich eine Vision, den Sohn von U betreffend. Sie hatte ihn zu mir gebracht (er war etwas weniger als ein Jahr alt), und ich sah ihn dort (im Musikzimmer). Er kam mir sehr bekannt vor, aber ich wußte nicht weshalb. Dann hatte ich am Nachmittag desselben Tages eine Vision. Eine Vision aus dem alten Ägypten, d.h. ich war jemand, eine Hohepriesterin oder ich weiß nicht wer (man sagt ja nicht zu sich selbst "ich bin der und der", es besteht eine totale Identifikation, es gibt keine Objektivierung, somit weiß ich es nicht). Ich befand mich in einem wunderbaren Gebäude mit riesigen hohen Räumen, aber völlig leer: es gab nichts außer einer Stelle mit großartigen Malereien, in denen ich die Malereien des alten Ägypten wiedererkannte. Ich trat aus meinen Gemächern und kam in eine Art große Halle: dort war eine Rinne, die den Mauern entlang verlief, um das Wasser zu sammeln. Und dann sah ich, wie der Kleine (der halbnackt war) darin spielte. Ich war sehr schockiert und sagte: "Wie abstoßend!" (Die Gefühle, die Ideen und all dies drückten sich in meinem Bewußtsein allerdings auf französisch aus.) Der Erzieher kam, ich hatte ihn rufen lassen. Ich schimpfte mit ihm. Ich weiß nicht, was ich sagte, ich erinnere mich nicht mehr an die Laute. Zwar hörte ich die Laute, die ich aussprach, ich wußte, was sie bedeuteten, aber die Bedeutung kam auf französisch. Ich sagte ihm: "Wie! Sie lassen das Kind darin spielen?" Er antwortete mit den Worten (ich hörte die ersten Worte nicht, aber in meinen Gedanken war es): "Dies ist der Wille von Amenhotep." Ich hörte "Amenhotep", daran erinnerte ich mich. So wußte ich, daß der Kleine Amenhotep 1 war.

Ich weiß also, daß ich dort sprach, ich redete in einer gewissen Sprache, aber ich erinnere mich nicht mehr. Ich erinnere mich an "Amenhotep", denn ich kenne das Wort in meinem aktiven Bewußtsein: Amenhotep. Aber die anderen Laute blieben mir nicht im Gedächtnis.

Ich weiß, daß ich seine Mutter war; in dem Augenblick wußte ich, wer ich war, denn ich weiß, wer die Mutter von Amenhotep war (ich forschte übrigens in Geschichtsbüchern nach). Sonst besteht keine Verbindung: eine Lücke.

Ich bewundere immer diese Medien (die gewöhnlich sehr einfache Menschen sind), die ein genaues Gedächtnis für Laute haben und sagen können: "Ja, ich habe das und das gesagt." Auf die Art hätte man eine phonetische Aufzeichnung. Wenn ich mich an die Töne erinnerte, die ich aussprach, hätte man die Wiedergabe, aber ich erinnere mich nicht.

Ich erinnere mich an diese Fragen; plötzlich sagte ich mir: "Es wäre so interessant, wenn man diese Sprache hören könnte!" Und dann eine Neugier: "Wie sind sie auf die Aussprache gestoßen? Wie nur?" Übrigens wurden alle Namen, die man uns früher in der alten Geschichte lehrte, geändert. Sie behaupten, sie hätten die Laute gefunden. Aber ich weiß nichts davon.

Dasselbe gilt für das alte Babylon: Ich habe sehr genaue und ganz objektive Erinnerungen, aber wenn ich spreche, erinnere ich mich nicht an die Laute, die ich ausspreche, es ist nur eine mentale Übersetzung.

Ich habe keine Erinnerung an die Laute.

Wie sind sie darauf gekommen? Weißt du es?

Sie haben Vergleiche angestellt. Pavitra erklärte dir übrigens in diesem Gespräch, man habe Steine mit ägyptischen, griechischen und koptischen Inschriften gefunden: derselbe Text war in diesen drei Sprachen ausgedrückt. So rekonstruierte man sie wieder.

Jetzt mit dem Grammophon und alldem wird man sich erinnern können, aber damals hatten sie keine Tonaufzeichnung.

Ich fragte mich, was all deine Fragen auslöste.

Mir wurde bewußt, daß ich keine Erinnerung an Laute habe. Manche Leute erinnern sich an Laute, aber ich nicht. Es würde mich interessieren, dies zu erlernen. Sonst, wenn mir etwas aus der Vergangenheit zweifelhaft oder interessant oder unvollständig erschien, konnte ich es immer in mein Bewußtsein zurückholen. Aber die Laute kommen nicht. Es kommt wie ein Bewußtseinszustand, der sich mental durch Worte ausdrückt, die mir bekannt sind. Das ist vollkommen uninteressant.

Auch heute noch, sogar beim Musizieren, war die Erinnerung an Töne vage und unvollständig. Ich erinnerte mich an die Töne, die ich im "Ursprung der Musik" hörte (Geste nach oben), und wenn die materielle Musik etwas von diesen Tönen wiedergab, erkannte ich es, aber es fehlt die Präzision, die Genauigkeit, die es mir gestatten würde, mit der Stimme oder mit einem Instrument den Ton exakt wiederzugeben. Es ist nicht da, es geht mir ab. Das visuelle Gedächtnis hingegen war stets verblüffend. Es genügte mir, etwas EINMAL gesehen zu haben, um es nie wieder zu vergessen.

Schon öfters drückte ich mich in Visionen (in Erinnerungen: in wiedererlebten Erinnerungen) in der Sprache jener Zeit aus, ich sprach, ich hörte mich sprechen, aber der Laut blieb nicht erhalten. Die BEDEUTUNG der Worte blieb, nicht aber der Klang.

Schade.

(Mutter sinkt in Meditation)

*
*   *

Nach der Meditation erzählt Mutter, was sie sah:

Es war das Symbol des Weges, der sich öffnet, sehr weit und leicht – nicht "leicht": in sich selbst gefährlich, aber ganz einfach, man bewegte sich leicht auf ihm fort. Es war wie eine Reise im Auto (aber das sind Bilder), und es ging mit schwindelerregender Geschwindigkeit voran, wie eine Kraft – eine unaufhaltsame Kraft.

Du warst dabei.

 

1 Mutter hatte schon früher von dieser Vision erzählt: siehe Agenda Bd. 6 am 5. Juni 1965 und Bd. 4 am 3. Juni 1963.

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