Mutters
Agenda
siebenten Band
(Mutter beginnt mit der Lesung ihrer Botschaft für das Jahr 1967:)
Men, countries, continents!
The choice is imperative:
Truth or the abyss.
[Menschen, Länder, Kontinente!
Die Wahl ist zwingend:
Die Wahrheit oder der Abgrund.]
*
* *
Willst du mir etwas sagen?
Ich habe mich gefragt, wie ein falscher Ausdruck (und er ist falsch, ich spüre, daß der ganze Ausdruck falsch ist)... ob es sich trotzdem lohnt, etwas davon zu retten. Lohnt sich eine Korrektur überhaupt, diese ganze Arbeit, wo ich doch spüre, daß dieser Ausdruck nicht der wahre ist? Kann es trotzdem nützlich sein?
Das ist nicht das Problem.
Bestimmt wirst du zwei Dinge bemerkt haben. Zum einen Unterschiede der Bedingungen, unter denen du schriebst, zum anderen einen unterschiedlichen "Druck" bei den Dingen, die zum Ausdruck drängten. Hast du diese Unterschiede während des Schreibens bemerkt?
Ja, gewiß.
Siehst du. Und wenn das einmal objektiv auf dem Papier steht, kannst du dir klar werden über die Beziehung zwischen dem Druck, den du spürtest, und den Dingen, die du schriebst und die von unterschiedlicher Qualität sind. Als du mir zum Beispiel diese paar Seiten vorgelesen hast, sah ich bei einigen Dingen das Licht dahinter. Bei anderen war es wie ein horizontaler Ursprung oder Wille (waagerechte Geste zur Stirn). Es war schön und gut – verstehst du, ich sage dies keineswegs von einem literarischen Standpunkt aus, auch spreche ich nicht von der Schönheit der Form, nein, es geht um die Qualität der Schwingung in dem, was du schreibst. Und während des Vorlesens spürte ich die beiden Ursprünge und eine Art Konflikt zwischen dem, was so kam (Geste von oben), und dem, was gewohnheitsmäßig kam (waagerechte Geste vor der Stirn). Es war vor allem eine alte Gewohnheit, etwas, das aus der Vergangenheit kam und in einem mentalen, künstlerischen, literarischen Bereich lag, der die Form, gewisse Emotionen, gewisse Ausdrucksweisen, all das liebt. Und zusammen bildete dies eine ganze horizontale Welt, die nach einem Ausdruck drängte – größtenteils aus Gewohnheit, aber auch mit einer Art Willen zu sein, dem Willen fortzubestehen. Die andere Art war ein Licht, das herabfiel und sich ganz natürlich ausdrückte – spontan, mühelos, und OHNE SORGE UM DIE ÄUSSERE FORM. Und dies war viel direkter in seinem Ausdruck. Nur läßt sich das natürlich nicht sauber trennen, so daß man sagen könnte: "Aha, dieses kommt so (Geste auf einer gewissen Ebene), und jenes kommt so (Geste auf einer anderen Ebene)." Aber eine Bewegung ist oben und die andere unten.
Ich denke also, die "Sadhana" besteht in einem Aussortieren oder vielmehr in der Entwicklung einer gewissen Sensibilität, so daß die Unterschiede deutlich zutage treten, und dann ist es nicht mehr das Mental, das auswählt: "Dies hier geht, jenes geht nicht". Es wäre eine spontane Hinwendung zu dem, was in dieses Licht von oben gehüllt ist, und ein Verwerfen dessen, bei dem dies nicht der Fall ist. Die Sadhana besteht dann im Entwickeln dieses Feingefühls, in dem du dich von der alten Bewegung abtrennst, sie aus dir verbannst.
Ich verstehe das sehr gut, dein Brief war mir insofern eine Gnade, als ich jetzt klar sehe. Ich habe dies wirklich klar erkannt. Nur erscheint mir das ganze Buch... mangelhaft.
Ja, ich glaube, das ganze Buch ist so. Du hast mir zwar nicht alles vorgelesen, aber in dem, was ich kenne, selbst bei dieser Aufzeichnung des Traums zum Beispiel, habe ich hin und wieder den Einfluß der alten Gewohnheit gespürt.
Aber lohnt es denn überhaupt, das alles zurechtzubiegen? Das Buch müßte neu geschrieben werden.
Du meinst, es wäre besser, ein neues zu schreiben?
Ja.
Ich habe dir ja gesagt: "Das Buch MUSS geschrieben werden", aber nicht notwendigerweise dasjenige, das du schon geschrieben hast. Ich meine damit das Buch, das du schreiben mußt! (Mutter lacht) Verstehst du, für mich ist das ein Unterschied. "Irgendwo" existiert etwas, das gesagt werden MUSS, und dieses Etwas ist sehr nützlich: ich denke da zum Beispiel an die Leser, die aufgrund des Buches über Sri Aurobindo Vertrauen zu dir gewonnen haben – sie werden dich mit einem offenen Geist lesen, und wenn du ihnen in diesem Zustand ein Gespür für die Erfahrung gibst, wird ihnen das sehr helfen. In diesem Sinne ist das Buch nützlich, meine ich. Aber für dich persönlich ist es unerheblich, ob du es ganz neu schreiben oder korrigieren willst... Allerdings mußt du, um das Buch neu schreiben zu können, ohne in den alten Zustand zurückzufallen, ein klares Bewußtsein der unterschiedlichen Zustände haben. Angenommen, du sagst: "Ich werde das Buch neu schreiben", und sobald du dich ans Schreiben machst, setzt derselbe Konflikt wieder ein – das wäre nutzlos... Etwas muß sich im Mental ändern, genau dort mußt du dir der Schwingungen voll und ganz bewußt werden.
Ich sehe recht klar, was alles herausgenommen werden muß... aber es gibt so viel davon!
Das ist dir klar?
Ja, aber mir scheint, daß fast alles herausgenommen werden müßte. Es ist die ganze Ausdrucksweise...
Ja, es ist vor allem eine Art – eine Art zu empfinden, eine Art zu denken.
Doch von der äußeren Form her gesehen bleibt die Frage, was einfacher ist: Den bereits geschriebenen Text nehmen oder ganz von vorn anfangen? Allerdings neu schreiben... Verstehst du, wenn du nicht Herr deines Tuns bist...
... falle ich in denselben Konflikt zurück, ja.
Das ist nutzlos.
Also gut, dann werde ich es korrigieren.
Ja, ich glaube, korrigieren ist besser. Das ist vielleicht nicht gerade lustig, aber sehr nützlich vom Standpunkt der mentalen Disziplin aus.
Dein Brief war wirklich eine Gnade für mich, denn ich selbst würde alles hinschmeißen.
Nein!
Du hast mir gezeigt, wie falsch dies ist.
Notwendig ist nicht zu zerstören, sondern Herr über den Ausdruck deiner Inspiration zu werden. Du mußt der Meister sein, das heißt, du empfängst es nicht, "wie es kommt", und du schreibst es nicht, "wie es kommt". Du empfängst die Inspiration und bist dir des Phänomens des Ausdrucks bewußt. Dann wird es perfekt sein.
Ich hatte die Gewohnheit, unbewegt zu bleiben und den Dingen ihren Lauf zu lassen.
Ja, aber dein Mental ist aktiv – das Mental ist aktiv. Verstehst du, Sri Aurobindo konnte dies tun, weil sein Mental nicht mehr existierte. Es war absolut reglos, und alles ging hindurch wie reine Luft. Dein Mental aber... In der Tat ist das die Disziplin, die du üben mußt, weil dein Mental die Gewohnheit hat, immer wieder aktiv zu werden. Es ist gut, wenn das, was von oben kommt, einfach so durchgeht, aber unter der Voraussetzung, daß das Mental völlig reglos ist. Andersherum ausgedrückt: Es geht darum zu lernen, dein Mental reglos zu halten und trotzdem zu schreiben.