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Mutters

Agenda

siebenten Band

13. April 1966

(Noch einmal geht es um Satprems Buch Der Sannyasin)

Heute morgen bin ich deinetwegen wieder mehr als eine halbe Stunde zu spät aufgestanden.

Warum ist dieses Buch so schwierig?

(Lachend) Das verstehe ich ja auch nicht! Es sollte nicht so sein. Hast du vielleicht "die Idee", daß es schwierig werden wird? Begann es etwa mit der Vorstellung, daß es schwierig werden würde?

Ja.

Aha, siehst du.

Auch fällt es mir äußerst schwer, mich von der alten Form zu befreien.

Ja, ja.

Das macht mir zu schaffen.

Ja, all die alten Gewohnheiten.

Ich bin dauernd am Umschreiben, weil mir klar wird, daß es die alte Form des Buches ist – so, wie ich es früher einmal sah 1 .

Und auch die alte Arbeitsweise, genau.

Ich merke das sofort, weil ich sofort spüre, wenn es bloß "Literatur" ist.

Ja, richtig.

Aber wir treffen uns für dieses Buch an einem völlig neuen Ort, mein Kind – an einem völlig neuen Ort, einfach wunderbar! Ein wunderbarer Ort, der nichts mit den Notwendigkeiten und Zwängen dieser Erde hier zu tun hat. Er ist so voller Licht, so neu, und zugleich so präzise, so genau. Letzte Nacht betrachtete ich diese Nuancen, die von einem bestimmten Silberblau zu einem Perlgrau reichen, von so präzisen Formen, aber ohne die Härte oder Trivialität der irdischen Dinge. Man arbeitete so einfach und mühelos... Ich stehe jeden Tag um dieselbe Zeit auf, um halb fünf. Nun geschieht es schon zum zweiten Mal (ich habe dir das kürzlich erzählt): statt halb fünf wurde es zehn Minuten vor fünf. Dabei kam ich von genau demselben Ort.

Und da du um diese Zeit schläfst, habe ich den Eindruck, daß es notgedrungen in dich eindringen muß, oder nicht? Wenn man wach ist, kann es einen manchmal nicht berühren, aber im Schlaf... Und es gibt einen völlig bewußten Teil von dir, der dort ist. Was dich also daran hindert, diesen Einfluß bewußt zu fühlen, ist lediglich eine Schicht alten Krams.

Ja, die ganze alte Form des Buches ist da.

Genau.

Es wird schon durchkommen – es muß durchkommen, weil du da bist, in dieser Welt, und wenn du aufwachst, wird dieser Teil in dich eintreten. Nur die gewöhnliche Beschäftigung verhindert seinen Einfluß, verhindert, daß er sich bemerkbar macht. Aber das kommt schon. Der Unterschied besteht darin, daß es nicht wie eine Erleuchtung kommt, sondern nur allmählich, als wachsender Einfluß.

Es wird wirken.

Da ist noch etwas. Beim Übergang zwischen den beiden Bewußtseinsarten gibt es einen Punkt, wo man den Eindruck hat, man sei ein absoluter Idiot – man kann nicht mehr denken, man kann nichts mehr tun, man taugt zu nichts mehr, man hat keinen Kontakt mehr mit den Dingen. Das ist immer ein schwieriger Übergang. Selbst jetzt gibt es für den Körper, für jeden Teil, in dem Augenblick, wo er sich verändert (was ich den "Wechsel des Meisters" nenne), einen Übergang, wo er zu absolut nichts taugt. Man hat den Eindruck, hier sei Schluß. Die ersten Male ist man beunruhigt; später gewöhnt man sich daran und bleibt gelassen. Und dann erstrahlt auf einmal das Licht.

*
*   *

(Sujata überreicht Mutter eine kürzlich getaufte Blume: "Macht der materiellen Heilung" 2)

Ich wünschte mir, diese Macht würde sich endgültig etablieren. Wenn mir jemand sagt: "Mir tut es hier weh", streiche ich so mit der Hand darüber, und es ist weg.

Die Hände spüren: sie spüren, daß es möglich ist. Sie sind sich der Schwingung so bewußt – sie spüren, daß alles möglich ist. Neulich ist E ich weiß nicht wie hingefallen, sie schlug sich das Knie auf und war voller blauer Flecken und Schrammen. Sie trug ein Kleid, das über dem Knie aufhörte – deshalb sah ich es. Ich fragte: "Was ist geschehen?" Sie sagte: "Ich bin hingefallen." Worauf diese Hand (die rechte) plötzlich spontan hinging und ihr so über das Knie strich. Dabei spürte ich all diese Schwingungen in meinen Fingerspitzen: wie Nadeln – Nadeln aus Licht –, und es vibrierte und vibrierte. Ich machte mit der Hand so, und auf einmal sagte sie: "Oh!" Sie war völlig verblüfft: der ganze Schmerz war verschwunden.

Doch es gab noch Male, blaue Flecken – die müßten auch verschwinden, aber das braucht Zeit. Bei mir selber hat es eine fast unmittelbare Wirkung, besonders mit der rechten Hand.

Aber ich wünschte mir, es wäre etwas Absolutes. Die Entscheidung zum Eingreifen kommt nämlich nicht mental. Auf einmal ist die Hand einfach gezwungen zu handeln, und dann handelt sie. In diesem Falle müßte es absolut sein... Aber da ist immer noch der Einfluß der Gedanken der anderen und all das. Was für ein unnützer Kram!

*
*   *

(Wenig später legt Mutter eine Antwort ab, die sie gerade an eine Schülerin gerichtet hat.)

Dies ist ein Mädchen, das mir mehrere Male geschrieben hat (von dieser Art gibt es mehrere). Sie hat einen gut gebauten Körper und müßte eigentlich stabil und wohlauf sein. Sie hat jedoch ein leicht erregbares und sentimentales Vital, und... (leicht ironisch) sie werden nicht so "geliebt", wie sie gern geliebt würden. Resultat: die eine hat Magenschmerzen, die andere hat sonstwo Schmerzen. Und dann schreiben sie mir: "Was hat das zu bedeuten?" Neulich fragte ich mich: "Warum sage ich es ihnen nicht?" Also schrieb ich:

"You feel lonely because you want to be loved. Learn the joy of loving without demand, just for the JOY OF LOVING – the most wonderful joy in the world – and you will never more feel lonely."3

Für mich, mein Kind, ist das der Schlüssel. Der Schlüssel, der alle Probleme löst – in meiner Sicht. Ich sage nicht, daß dies für alle Ewigkeit so sein wird. Es ist nicht die höchste Wahrheit. Aber aufgrund meiner derzeitigen Erfahrung ist das zur Zeit der Schlüssel.

 

1 Eigentlich wollte Satprem dieses Buch vor vier oder fünf Jahren schreiben, und damals sah er es als eine Art griechische Tragödie.

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2 Petrea volubilis, violette Winde.

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3 Ihr fühlt euch einsam, weil ihr geliebt werden wollt. Lernt die Freude zu lieben, ohne irgend etwas zu verlangen, einfach um der FREUDE DES LIEBENS willen – die wunderbarste Freude auf Erden –, und ihr werdet euch nie mehr einsam fühlen.

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