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Mutters

Agenda

siebenten Band

19. Februar 1966

(Als Folge eines Entretiens vom 9. April 1951, in dem Mutter zunächst von der Entartung des Geschmacks, dann vom Krieg gesprochen hatte, sowie davon, was ein neuer Krieg bedeuten würde:)

"Um euch die Wahrheit zu sagen: Wir sind wieder auf dem aufsteigenden Ast. Ich glaube, daß wir nun wirklich den Grund aller Zusammenhanglosigkeit, aller Absurdität, alles Bösen – des Geschmacks am Bösen und Häßlichen, am Schmutzigen und Beleidigenden – erreicht haben. Wenn man das richtig auffaßt (und ich denke, es gibt Leute, die es richtig auffassen), dann kann einen das direkt und geradewegs zum Yoga führen. Das heißt, man spürt eine Art tiefer Gleichgültigkeit für alle Dinge dieser Welt, ein großes Bedürfnis danach, etwas anderes zu finden, ein dringendes Bedürfnis, etwas zu finden, das wirklich schön und frisch und gut ist... und das führt einen auf ganz natürliche Weise zu einer spirituellen Aspiration. Diese Scheußlichkeiten haben die Menschen irgendwie in zwei Gruppen aufgespalten: in eine Minderheit, die bereit war und sehr hoch aufgestiegen ist – und in eine Mehrheit, die nicht bereit war und sehr tief gesunken ist. Letztere suhlt sich derzeit im Sumpf, und deshalb kommt man da vorläufig nicht heraus. Wenn das so weitergeht, gehen wir auf einen neuen Krieg zu, und dieses Mal wird es wirklich das Ende dieser Zivilisation bedeuten – ich sage nicht, das Ende der Welt, denn nichts kann das Ende der Welt sein, aber das Ende dieser Zivilisation. Das heißt, es muß danach eine neue aufgebaut werden. Ihr werdet mir vielleicht sagen, das sei doch gut und recht, weil diese Zivilisation am Ende ist und dabei ist zu verkommen. Aber es gab auch sehr schöne Dinge an ihr, die es verdienten, erhalten zu werden, und es wäre sehr schade, wenn all das verschwinden würde. Wenn es jedoch einen neuen Krieg gibt, so kann ich euch versichern, daß all das untergehen wird. Denn die Menschen sind sehr intelligente Wesen, und sie haben das Mittel dafür gefunden, alles zu zerstören. Und sie werden sich dessen auch bedienen, denn wozu sollte man Milliarden ausgeben, um gewisse Bomben zu erfinden, wenn man sich ihrer nicht bedienen will? Was nützt es herauszufinden, daß man eine Stadt in ein paar Minuten zerstören kann, wenn man sie nicht tatsächlich zerstört! Man will die Früchte seiner Anstrengungen sehen. Wenn es einen Krieg gibt, so wird genau das passieren."

Das ist sehr passend. Das werden wir im nächsten Bulletin veröffentlichen.

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(Dann geht Mutter zu Savitri über, zum Anfang des nächsten Gesprächs mit dem Tod:)

Once more arose the great destroying Voice:

Across the fruitless labour of the worlds

His huge denial's all-defeating might

Pursued the ignorant march of dolorous Time.1

(X.IV.643)

Der unwissende Gang der schmerzlichen Zeit... Genau das ist es, wir sind arme Teufel.

Das ist genau mein Geisteszustand seit einigen Tagen, ganz besonders heute morgen... Als Erfahrung ist das sehr interessant.

Die spontane Aktivität der Materie ist mutlos ("the all-defeating might"). Sie muß ihr surrender [ihre Unterwerfung] machen, sie muß sich auflösen, damit eine kreative Macht, eine wirklich kreative und siegreiche Macht sich manifestieren kann. Das ist überaus interessant.

Théon sagte, dieser mutlose Zustand (dessen Ergebnis der Tod ist), diese zerstörerische Macht, sei mit dem Einfließen des Vitals in die Materie entstanden. Felsen, Steine, das heißt alles, was rein und ausschließlich materiell ist, ist nicht defätistisch. Der Beginn der Zerstörung kam mit dem Eintritt der vitalen Kraft: mit dem Wasser – dem Wasser, der Luft, mit allem, was sich bewegt. Alles, was in Bewegung gerät, bringt die Kraft der Zerstörung mit sich.

In der menschlichen Materie ist diese zerstörerische Macht mit der Bewegung verbunden.

(Schweigen)

Das heißt, auf der Erde (um sich auf die Erde zu beschränken) ist der Tod erst mit dem Leben aufgetreten.

(Schweigen)

Und die ersten Manifestationen des Lebens waren doch das Wasser und die Luft, der Wind, nicht wahr?

Das Feuer... Aber das Feuer – es gibt kein Feuer ohne Luft – das Feuer ist das Symbol der Höchsten Kraft.

(langes Schweigen, Mutter kritzelt ein paar Worte auf ein Papier)

Hier ist die Antwort darauf:

Truth does not depend on any external form and shall manifest in spite of all bad will or opposition.2

Das habe ich diesem Kerl (dem Tod) als Entgegnung geschrieben. Es kam mit Macht: "Du wirst schon sehen!"

Aber ich würde gern wissen, was Savitri sagt. Was sagt Savitri?...

Wir haben nicht mehr viel Zeit, wir werden es das nächste Mal erfahren.

Was sagt sie ihm? – Sie sagt ihm immer dasselbe, glaube ich: die Allmacht der Liebe.

Da spürt man die Kraft. Andernfalls würde es sich nicht lohnen zu leben – es lohnte sich wirklich nicht zu leben, es würde keinen Spaß machen.

 

1 Noch einmal erhob sich die mächtige zerstörerische Stimme; Durch all das unfruchtbare Mühen dieser Welten folgte ihre gewaltige allesbezwingende Macht der Verneinung dem unwissenden Marsch der schmerzensreichen Zeit. (Savitri, dt. S. 657)

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2 "Die Wahrheit hängt nicht von irgendeiner äußeren Form ab, und sie wird sich trotz jeglichen schlechten Willens und aller Widerstände manifestieren."

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