SITE OF SRI AUROBINDO'S & MOTHER'S  YOGA
      
Home Page | 05 Bande

Mutters

Agenda

fünften Band

26. Februar 1964

Mutter hat eine beginnende Hämorrhagie im linken Auge.

Hast du Augenweh?

Augenweh?

Nein??

Ich weiß nicht... Ist etwas?

Ja.

Ah! Das hab' ich nicht gesehen... Heute morgen tat es mir weh, und dann... Schau mal einer an, niemand hat mir etwas gesagt.

Das hat noch gefehlt! Ich werde überhaupt nichts mehr tun können. Es tat mir weh, aber ich habe nicht darauf geachtet.

Ist es denn sehr rot?

Weniger als andere Male... Aber hier, wenn du nach unten schaust, ist es sehr rot. Wenn du das Augenlid senkst, zeigt sich eine ganze blutunterlaufene Stelle, bis hinauf zur Iris.

Dann hat's also wieder angefangen... Nun, gut.

Es ist eine solche Lawine, verstehst du...

Wenn man die Arbeit in Ruhe tun könnte, wenn man nicht gehetzt wäre... würde es nichts ausmachen, es wäre nichts. Nur muß man eben eine Arbeit, für die man normalerweise eine Stunde brauchen würde, in zehn Minuten erledigen, das ist das Schlimme daran.

(Schweigen)

Diese Woche hätte ich ruhig sein müssen (d.h. ich wäre es gerne gewesen), weil diese Intensität der Aspiration [im Körper] mir eine kristallklare und fast ununterbrochene Wahrnehmung gibt, bis zu welchem Grad die materielle Substanz aus Falschheit und Unwissenheit aufgebaut ist – sobald das Bewußtsein klar, im Ruhezustand, friedlich, auf das Licht ausgerichtet ist, ist es, als ob von überallher sämtliche Falschheiten auftauchten. Es ist keine aktive Wahrnehmung in dem Sinne, daß ich "versuchen" würde zu sehen, nein, es sind Dinge, die dem Bewußtsein VERGEGENWÄRTIGT werden. Und dann wird einem klar, was für eine ungeheure Macht der Wahrheitskraft vonnöten ist, um all dies zu klären und zu transformieren!... Und man bemerkt, daß die Intensität der Aspiration – welche die Transformation beschleunigt und der Verwirklichung näherbringt – Gefahr läuft... (Mutter berührt ihr Auge), nun, das Resultat siehst du ja.

Und ich stelle fest, daß ringsum alles, was sich in der Nähe des Zentrums der Herabkunft befindet, regelrecht durchgeschüttelt wird. Ich sehe sehr wenige Körper um mich herum, die fähig wären, dies zu ertragen. Und wenn dem so ist, wird die Herabkunft dermaßen gedämpft und gemildert, daß... was wird da noch durchkommen?

Heute morgen tat es mir ein wenig weh, aber ich sagte mir: "Es ist nichts, es DARF NICHTS sein", es ärgert mich, daß es gekommen ist. Das ist ein Zeichen, daß die Herabkunft zu stark ist. Wenn wir jetzt noch weitere vier Jahre warten müssen – 1968...

Und was wird wohl kommen?... Wie ein völlig harmloser Nieselregen wird das sein, ein Nieselregen, der für das gewöhnliche Bewußtsein nicht einmal wahrnehmbar ist.

Vielleicht ginge die Arbeit rascher voran, wenn ich statt einer solch oberflächlichen Arbeit, mit der man mich überschüttet, wie "blessings" [Segenswünsche] zu schreiben, Fotografien zu signieren,...

Ja, ganz bestimmt!...

Und dann muß ich all diese Leute empfangen, einen nach dem andern, ununterbrochen, dutzendweise... Jeder sagt, denkt und fühlt: "Aber ich nehme ja nur eine Minute in Anspruch!" Nur, wenn man die Minuten zusammenzählt, du verstehst...

(Schweigen)

Aber auch das zeigt etwas: Wenn ich meine Umgebung zu weit hinter mir zurücklasse, ist es auch wieder nicht gut. Wenn nämlich die anderen das nicht ertragen könnten, was ich möglicherweise herabbringe, käme das auch einer Katastrophe gleich.

Man muß Geduld haben.

Geduld habe ich.

Viel Geduld.

*
*   *

Kurz darauf

Ich habe den Eindruck, daß die Leute vom letzten Bulletin 1 nichts verstanden haben – sie wagten nichts zu sagen, aber sie haben nichts verstanden! Sogar jene, die bewußt verstehen müßten: Nolini, Amrita, Pavitra, André... und schon gar nicht all die anderen, die intellektuell weniger entwickelt sind – nichts haben sie verstanden.

Ich habe den Eindruck, den vagen Eindruck, daß irgendwo jemand, der physisch sehr weit weg ist, davon entscheidend angerührt werden wird; ich hatte diesen Eindruck nämlich in dem Moment, als ich die Erfahrung hatte – was ich dir sagte und was du aufgezeichnet hast, war nur die Erinnerung an die Erfahrung. Aber in dem Moment, als ich die Erfahrung hatte und wo ich antwortete (Mutter deutet durch eine Geste eine mentale Kommunikation an), hatte ich den Eindruck, daß irgendwo jemand auf radikale Art und Weise berührt wurde, und daß dies für die intellektuelle Atmosphäre der Erde von Bedeutung war – wer ist dies? Ich habe keine Ahnung.

Deswegen ließ ich diesen Artikel erscheinen, denn sonst... Verstehst du, wenn ich etwas lese oder mir z.B. Nolini die Übersetzung vorliest, lese ich mit dem Bewußtsein der anderen – es war so platt geworden! Schrecklich platt: die ganze Kraft war weg.

Ich habe da gewisse Entdeckungen gemacht, nämlich wie die Leute verstehen und lesen – die "hochkultivierten" Leute...

Sie verstehen nicht zu lesen, sie lesen mit ihrem Kopf.

Sie lesen mit einer Grammatik im Hinterkopf!

Das sind diese Gelehrten, das ist schrecklich, ich habe wirklich nie versucht, einen Gelehrten zu überzeugen!

Sie hören nicht, was dahinter liegt, sie versuchen nicht, auf diese Art von Musik zu hören – es sind bloße Sätze für sie.

Mein Artikel gibt ihnen den Eindruck von etwas, das langweilig und ein wenig kindisch zugleich ist – beides zusammen zu allem Überfluß! Die äußere Form ist ja einfach, keine literarischen Prätentionen, kein Gehirnfutter, überhaupt nicht (ich versuche im Gegenteil, den Kopf so weit wie möglich ruhigzustellen).

Nein, jene, die dich am besten verstehen, sind die Leute mit einem einfachen Herzen.

Ja, die lassen sich berühren.

Und sie verstehen unendlich mehr als die "kultivierten" Leute – sie verstehen besser, sie sind intelligenter!

Empfänglicher. Ja, sie fühlen.

Sie fühlen richtig, sie mentalisieren weniger.

(Mutter tritt in einen Zustand der Kontemplation)

*
*   *

Unmittelbar vor dem Gehen

Wenn du also bis zu unserem nächsten Treffen etwas fühlst oder siehst oder denkst oder wenn du einen "Traum" hast, sag es mir bitte... Ich habe nicht mehr viel Hoffnung... die letzten Tage waren nämlich von einer solchen Intensität, einer Intensität, die recht schwer zu ertragen war – ungeheuerlich –, und heute morgen, als ich aufstand, hatte die Intensität ein wenig nachgelassen. Die Nacht war gut (ich nehme das allgemeine Unterbewußte und den Zustand der Empfänglichkeit, die Bedingungen wahr – sie war nicht schlecht, recht befriedigend), aber ich bemerkte, daß der Druck, die Intensität des Druckes, geringer war.

Erst während der Arbeit hier (mit den Sekretären), dieser Stunde Arbeit (es ist keine Arbeit, sondern eine Mühsal) fühlte ich hier (an der Stirne und den Schläfen) etwas, das ein wenig müde war, wie eine Art Müdigkeit, die von außen kam... Nun, was soll's...

Jetzt gilt es durchzuhalten.

 

1 Mutter spielt auf einen Abschnitt der Agenda vom 7. September 1963 an, der im letzten Bulletin unter dem Titel "Dialog mit einem Materialisten" veröffentlicht wurde.

Rückwärts zum Text

 

 

 

 

 

 

 

in French

in English