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Mutters

Agenda

vierten Band

29. Mai 1963

Ich hätte gern eine Klärung eines Abschnitts aus einem vergangenen Gespräch (vom 3. Mai), wo du folgendes sagtest: "Etwas versucht, die Aufmerksamkeit und die Konzentration der anderen immer weniger auf sich zu lenken..." Und du fügst hinzu: "Das heißt, die Bedeutung des Vermittlers zu verringern, der notwendig ist, um die Kräfte und die Gedanken zu verbreiten..." Was verstehst du darunter? Meinst du deine "Rolle als Vermittlerin" für die Verteilung der Kräfte? Du willst diese Rolle einschränken – ziehst du dich zurück?

Das ist keine "Rolle"! Die Rolle ist eine Tatsache, eine unvermeidliche Tatsache, völlig unabhängig vom individuellen Willen und Bewußtsein – davon bin ich immer mehr, bis zu einem phantastischen Ausmaß, überzeugt. Das Werk wird durch eine Gesamtheit von Elementen vollbracht – ob sie dies wissen oder nicht, ob sie mithelfen oder nicht, macht nur einen geringen Unterschied. Es wurde so entschieden, es wurde so bestimmt, und es wird so ausgeführt. Ob man es will oder nicht, ob man es weiß oder nicht, ob man mithilft oder nicht – der Unterschied ist sehr gering. Das ist eher eine Frage der persönlichen Befriedigung.

Selbst die Zellen des Körpers spüren ihre Trennung nicht mehr (sie besteht fast gar nicht mehr, nicht einmal in der Empfindung), und dadurch wird die Aktion zu etwas, das getan wird (oder abläuft), ohne daß sich das Instrument dabei beobachtet. Einerseits weiß, will und handelt etwas (Geste nach oben); andererseits verharrt eine Gesamtheit von Dingen in einem Zustand glücklicher Aufnahmebereitschaft außerordentlich passiv, in einer inneren Kontemplation, ohne einzugreifen. Je weniger es beobachtet, desto besser. Es verharrt in einer inneren Versenkung oder ist vielmehr nach oben gewendet (ein Oben, das überall ist, nicht nur direkt oberhalb), vollkommen leuchtend, vollkommen bewußt, vollkommen wirkungsvoll. Mehr ist nicht nötig.

Je weniger das Bewußtsein nach außen gewendet ist, um so weniger nimmt es die Hindernisse und Widerstände wahr – all das erscheint immer irrealer, vergänglicher und von äußerster Relativität.

Im unvermeidlichen und notgedrungenen täglichen Kontakt mit den Leuten verstärkt sich die Wahrnehmung, daß jede beliebige Angelegenheit, die an sich von einer mehr als kindlichen Einfachheit ist – vollkommen einfach –, sich kompliziert, sobald sie in Kontakt mit der irdischen menschlichen Atmosphäre tritt! Und all dies ohne jede Notwendigkeit. Es scheint, daß die gewöhnliche menschliche Beschäftigung darin besteht, das zu komplizieren, was äußerst einfach sein könnte. Ich sehe dies tagtäglich in allen kleinen Ereignissen des Lebens und in jeder Minute. Sobald es das Bewußtsein gewisser Leute berührt, wird es entstellt und verkrampft sich sogar zu schrecklichen Knoten. Eine unglaubliche Arbeit ist dann nötig, um es wieder zu entwirren – all das ist völlig unnötig!

Gerade in den letzten Tagen betrachtete ich das und fragte mich: "Warum ist dies so?..." Es muß ein Mittel gewesen sein – wahrscheinlich das wirksamste Mittel, ich weiß es nicht –, um aus der Trägheit, dem Tamas herauszukommen. Wenn alles in dieser Einfachheit, dieser vollkommenen Ruhe abliefe, befände sich das menschliche Bewußtsein wohl in einer solchen Verfassung, daß es einfach einschliefe. Es wäre in den Zustand... nicht einmal den eines Tieres, sondern vielleicht einer schlummernden Pflanze eingetreten!

Das muß der Grund sein.

Wenn man es aber von der anderen Seite aus betrachtet, wirkt es so absurd – phantastisch absurd! Man kann kein einziges Wort sagen, ohne daß dessen Sinn sofort verdreht würde – man weiß nicht warum, automatisch. Etwas völlig Klares und Offensichtliches, das völlig schmerzlos und ohne Hindernisse ablaufen sollte, verwandelt sich sofort in einen Wirbel von Komplikationen.

Alle, alle Aktivitäten, das gesamte Leben ist so.

Es bestehen zwar kleine Abstufungen und Unterschiede, wobei die Unterschiede im entstellten Bewußtsein natürlich beachtliche Proportionen annehmen. Man sagt: "Oh, jetzt geht alles gut", und dann: "Ach, jetzt geht alles schlecht", aber so ist es nicht! Es ist immer DASSELBE mit lediglich kleinen Abstufungen.

Dabei ist das wahre "Alles-geht-gut", DIE WAHRE SACHE, wie sie ist, so einfach! So einfach, ruhig, unmittelbar, direkt, daß es fast undenkbar ist für das menschliche Denken und noch weniger für sein Empfinden. Voilà.

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