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Mutters

Agenda

zweiten Band

27. Januar 1961

Über die moralistischen Reaktionen einer Person,
die glaubt diese oder jene Tat "verärgert" Gott:)

Ja, sie glauben nur allzu gerne, daß Gott sich über sie "ärgert"! Ich versuche, diese Einstellung so weit als möglich abzuschaffen, denn es stimmt nicht – es ist einfach nicht wahr.

(langes Schweigen)

Dieses Mal ist wirklich etwas vollbracht worden.

Seit der letzten Erfahrung [vom 24. Januar] sehe ich es jeden Tag. Am nächsten Tag war ich ziemlich krank, wahrscheinlich hatte es mit der Weiterentwicklung und Anpassung des Körpers zu tun; man hätte es normalerweise "schmerzhaft krank" genannt: der Körper litt beträchtlich, oder HÄTTE sehr gelitten, wäre er im gewöhnlichen Bewußtsein, dem Bewußtsein von vorher, gewesen. Und das zeigte mir den Unterschied – ein phantastischer Unterschied!

Ich war mir vollkommen bewußt (mit "ich" meine ich jetzt den Körper, nicht das ganze höhere Bewußtsein), der Körper war sich seiner Leiden und deren Gründe und Ursachen vollkommen bewußt, aber er hatte keine Schmerzen. Verstehst du, die zwei Empfindungen bestanden gleichzeitig. Der Körper sah die Störung und das Leiden, wie er es vor einigen Wochen empfunden hätte, er sah all das ("sah", "wußte"... ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll – er war sich all dessen bewußt, it was aware) und dennoch fühlte er keine Schmerzen. Er hatte beide Empfindungen 1 absolut gleichzeitig. Und dabei ein SEHR PRÄZISES Wissen des ganzen inneren Vorgangs von allen Dingen und was jeweils zu tun war. Das entwickelt sich jetzt wie eine aufblühende Knospe, weißt du: ein Blütenblatt öffnet sich, dann noch eines und noch eines, es braucht einige Zeit, und langsam öffnet sich die Blüte – so geschieht es auch hier, mit dieser Macht.

Ich hatte eine interessante Erfahrung, ich glaube es war gestern, es kam, wie um mir den Unterschied, die Änderung zu zeigen, als Beweis: jemand hatte einen Traum über mich, der ihm aus bestimmten Gründen von den widrigen Kräften zugeflüstert wurde (ich übergehe die Einzelheiten). Der Traum hatte ihn sehr belastet, so schrieb er ihn auf und gab ihn mir. Erst steckte ich den Brief wie gewohnt mit den anderen ein, dann wußte ich, daß ich ihn sofort lesen mußte. Also laß ich. Da sah ich die ganze Sache mit einer solchen Klarheit, Präzision und Genauigkeit: genau, wie es sich ereignet hatte, wie der Traum zustande gekommen war und wie er diese Person beeinflußt hatte – die ganze Wirkungsweise dieser Kräfte. Während ich las und sich das vor mir entfaltete, tat ich das Nötige für ihn (er war anwesend), um aufzulösen, was diese Kräfte angerichtet hatten. Schließlich, als ich am Ende war und alles gesagt und erklärt hatte, was es war und was zu tun war, da kam etwas so ENTSCHIEDENES in mich (ich kann diese Erfahrung nicht beschreiben, aber das nenne ich den "Unterschied" der Macht: etwas Entschiedenes), ich nahm den Brief, sprach einige Worte, die ich nicht wiederhole, und sagte dann: "Siehst du, das ist so: dies ist dafür", und ich riß den Brief durch, "dann das dafür", und ich zerriß ihn ein zweites Mal... und so weiter. Fünfmal riß ich das Papier durch, und beim fünften Mal sah ich, daß ihre Kraft zerstört war.

So etwas hatte ich schon früher gemacht – dieses Wissen hatte ich schon –, und wenn ich es tat, hatte es immer eine Wirkung, ich gehe also nicht von Machtlosigkeit zu Macht über, nichts dergleichen. Aber dieses... Ja, etwas Endgültiges, verstehst du, etwas Absolutes – etwas Absolutes in der Sicht, im Wissen, in der Handlung und BESONDERS in der Macht – etwas Absolutes, das die Hindernisse und Widerstände nicht einmal zu überwinden braucht, weil es sie automatisch AUFLÖST. Da erkannte ich wirklich, daß sich etwas geändert hat.

(Nach einer Abschweifung gibt Mutter
ein weiteres Beispiel der Änderung:)

Ich erzählte dir etwas über die Macht des Willens... oder nicht?

Gestern sah ich R. Er stellte mir Fragen über seine Arbeit, insbesondere über die Kenntnis der Sprachen (du weißt, er ist ein Gelehrter, der die alten Überlieferungen sehr gut kennt). Das brachte mich in Beziehung mit dieser ganzen Welt, und ich fing an, ihm etwas von meiner Erfahrung mit dem Veda zu erzählen (was ich dir hier gesagt hatte). Da kam es plötzlich auf die gleiche Weise wie damals, als ich Verbindung zu dieser Welt bekam; ein ganzer Bereich eröffnete sich, ein ganzes Wissensgebiet in Bezug auf die Sprachen, das Wort und die wesentliche Schwingung: jene, die das supramentale Bewußtsein bringen würde. All das kam so klar-klar-klar und leuchtend, unbestreitbar – leider war kein Tonbandgerät bereit!

Es ging um das Wort, den Urton. Sri Aurobindo spricht davon in Savitri: das reine Wort, wie es sich ausdrücken würde, und wie es zur Möglichkeit einer supramentalen Ausdrucksweise führen wird, die unsere Sprachen ersetzt... Ich hatte damit angefangen, über die verschiedenen Sprachen und ihre Begrenzungen und Fähigkeiten zu sprechen, und ich warnte ihn vor den Entstellungen, die man den Sprachen versetzt, mit dem Glauben, daß sie dadurch flexibler würden, etwas neues auszudrücken. Ich sagte ihm, daß all das lächerlich ist und überhaupt nicht der Wahrheit entspricht. Dann gelangte ich nach und nach zum Ursprung. Dort hatte ich gestern wieder diese selbe Erfahrung: eine ganze Welt von Wissen und Bewußtsein und von GEWISSHEIT, es gibt nicht die geringste Möglichkeit von Widerspruch, Diskussion oder Einspruch: das GIBT ES NICHT, das gibt es nicht. Der Intellekt war dabei vollkommen schweigend und reglos und hörte sogar mit sichtlicher Freude zu, denn diese Dinge waren mir noch nie ins Bewußtsein gekommen; ich hatte mich nie dafür interessiert. Das war gänzlich neu – nicht neu in Prinzip, aber in seiner Wirkung.

Die Erfahrungen vermehren sich.

Ein Ton, der die supramentale Kraft bringen kann?

Ja, verstehst du, als ich sprach, kam ich zum Ursprung des Tons (Sri Aurobindo beschreibt das vorzüglich in Savitri: der Ursprung des Tons, der Punkt, wo "Das Wort" Ton wird). Ich hatte eine Art Erkenntnis des reinen Tons, bevor er materieller Ton wird, und ich sagte mir: "In dem Augenblick, wo dieser reine Ton ein materieller Ton wird, wird eine neue Ausdrucksweise geschaffen sein, die die supramentale Welt ausdrückt." In dem Moment hatte ich die direkte Erfahrung. All das sagte ich auf Englisch, und Sri Aurobindo war sehr gegenwärtig, sehr konkret, fast greifbar.

Jetzt ist es nicht mehr da.

(Schweigen)

Ah, noch ein kleines Beispiel: du kennst die Fotos, die ich am 21. für Saraswati Puja verteilt hatte. Amrita sagte mir, er wolle sie X. 2 schicken. Ich antwortete: "Nein, besser nicht." (Der 21. war ein schrecklicher Tag für mich. Alle Dasyus der Welt waren in Aufruhr gegen mich und versuchten, mich zu behindern – später verstand ich! Nachdem ich diese Dinge gesehen hatte, 3 sagte ich mir: "Ja klar, das war es!") Dann, nach der Nacht des 24., als ich zum Balkon ging, 4 sagte ich Amrita mit einer derartigen Gewißheit, wie ein Klotz: "Heute können Sie die Fotos schicken", einfach so, ohne Erklärung, nichts, mit dem Gefühl einer Gewißheit – wie etwas Endgültiges, Absolutes: DAS IST SO.

Das ist eine Änderung, eine wirkliche Änderung.

 

1 Mutter präzisierte: "Auf Englisch würde ich sagen the two awarenesses".

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2 Satprems Tantra Guru.

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3 Die vedische oder prävedische Welt (mit dem künstlichen Orkan und der rosa Marmorbadewanne).

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4 Bis 1962 trat Mutter früh jeden Morgen auf den Balkon der ersten Etage vor die auf der Straße versammelten Schüler.

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