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Mutters

Agenda

ersten Band

20. August 1960

(Mutter macht sich an die Klassifizierung alter Papiere, Notizen usw., und stößt auf einen Plan des nahegelegenen Sees mit einem Projekt für ein Film-Studio)

Das liegt am See. Das Grundstück gehörte damals der Mission, und der Verwalter war ein guter Freund von uns, obwohl er Missionar war, und er hatte uns versprochen, er würde es einrichten, daß wir das Grundstück kaufen können. Alles wurde vorbereitet, und mir wurde das Geld für den Kauf versprochen (sie verlangten mehr als fünfzig- oder sechzigtausend Rupien). Dann kam das Geld nicht, und der Missionarsfreund ging weg. Er ist nicht mehr dort, jetzt ist es jemand anderes.

(Mutter betrachtet ein Stück Papier) "Antonin Raymond anrufen". Das war für die Bebauung: der Architekt. 1

Und da stand auch "das vorläufige Quartier für Z, den amerikanischen Filmregisseur, einrichten". Dann starb Z.

So geht es: die Dinge ändern sich. Nicht, daß das Projekt zum Stillstand kommt, aber es wird gezwungen, andere Wege einzuschlagen.

Aber wurde dieses ganze Projekt des Kinos jetzt völlig aufgegeben?

Nein, nein. Es ging nicht um ein Kino, sondern eine Schule – eine Schule für Fotografie, Fernsehen und Film. Das Projekt wurde überhaupt nicht fallen gelassen.

Aber L hat das Programm erweitert (Mutter deutet auf die Karte des Sees). Das ist nur ein kleiner Teil seines großen Projekts. Da ist eine Landwirtschaftsschule, eine moderne Molkerei mit Weidegründen: viel Landwirtschaft – Obst, große Reisfelder, viele verschiedene Dinge. Dann eine Keramik-Werkstätte. Meine Keramikfabrik am anderen Ende des Sees, um den Ton zu verwenden – denn es wurde mit der Regierung vereinbart, daß eines Tages der See ausgebaggert werden muß. Die fruchtbare Oberschicht wird für die Felder verwendet. Zuerst werden wir die Steine von den Feldern entfernen (weißt du, die Hügel dort), die Steine dienen zur Konstruktion: ein Steinbruch. Die Steine hinterlassen Löcher, und die Löcher füllen wir mit der Erde vom See. Aber unter dieser oberen Erdschicht liegt eine Tonschicht, ein so dichter, fester, harter Ton, daß er für die Landwirtschaft untauglich ist, unmöglich zu verwenden – aber hervorragend, um Keramik herzustellen. Deshalb machen wir am Ende, dort, auf indischem Boden [im Staat Madras] eine große Keramikfabrik. Auf der anderen Seite haben wir eine kleine Schamottefabrik.

All das ist riesig. Ein enormes Programm! 2

Das können wir zu den anderen Sachen legen.

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(Mutter betrachtet eine alte Notiz vom 10. Februar 1956 3)

Das war Anfang Februar 56, ungeheuer. Ungeheuer, ich empfing alle asurischen Kräfte der Zerstörung... Sie versuchten ihr Bestes.

Und natürlich bedient sich das in großzügiger Weise der Menschen meiner Umgebung! – Das ist ihre einzige Möglichkeit, meinen Körper zu erreichen.

Ich bin daran gewöhnt.

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(Mutter nimmt eine andere Notiz)

Ich weiß nicht mehr, in welcher Zeit das war. Jemand hatte seine Hände auf meine Schultern gelegt – ich war etwas überrascht. Es war jemand, der sich einbildete, ich würde irgend etwas Außerordentliches fühlen! Ich muß wohl mein Gesicht verzogen haben (ich hatte das nicht erwartet). Hinterher fragten sie mich: "Welche Erfahrung hatten Sie (!), was fühlten Sie?" – Ich antwortete nicht. Als ich allein war, schrieb ich dies:

Ungefähr das,
was der Christ fühlen mußte,
als er das Gewicht
des Kreuzes
auf seinen Schultern spürte.

Ich erinnere mich noch an die Erfahrung. Es war vollkommen wahr. Nichts Intellektuelles. Genau der Eindruck, den der Christ empfinden mußte, als er das Gewicht des Kreuzes auf seinen Schultern spürte. Das Gewicht einer ganzen Düsternis, einer Unbewußtheit, eines allgemeinen schlechten Willens, eines vollkommenen Unverständnisses... Und es war wirklich so... als trug ich eine schreckliche Last – schrecklich wegen ihrer Düsterkeit, nicht wegen ihres Gewichts. Und ich sagte mir: "Sieh! So muß der Christ es empfunden haben, als man das Kreuz auf seine Schultern legte."

So viele! (Mutter deutet auf einen Stapel verschiedenster Zettel) In einem anderen Stapel sind nochmal so viele! Diese krankhafte Angewohnheit, Papiere aufzuheben!

Aber nein, Mutter, zum Glück heben wir sie auf!

Oh! Aber ich habe so viele, viele! Da gibt es sicher noch einige Schachteln voll.

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*   *

(Kurz darauf, über eine spätere Klassifizierung dieser Notizen)

Mit viel Geduld und viel Zeit könnten wir sie ordnen, aber ich müßte erst überzeugt sein, daß es der Mühe wert ist. All diese alten Papiere sind wie totes Laub. Wir sollten ein Freudenfeuer daraus machen.

Oh! Nein!

Das ist EURE Meinung, nicht meine. Ich werde dir genau sagen, welchen Eindruck das auf mich macht: jedesmal, wenn jemand diese Dinge ordnen wollte, dachte ich immer: "Oh, ja, diese Ordnung wird sehr nützlich sein... nach meinem Tod!"

Ich würde es vorziehen, nicht zu sterben... wenn möglich. Und wenn ich nicht sterbe, ist all das vollkommen überflüssig, denn wenn ich nicht sterbe, ist es der Beweis für einen ununterbrochenen Aufstieg; folglich wird das, was am Ende kommt, sehr viel interessanter sein.

Du bist der einzige, der mich überzeugte, daß die "Geschichte" des Wegverlaufs irgendein Interesse bergen könnte, deshalb lasse ich dir freie Hand... Oben habe ich einen schönen Ordner mit all dem zusammengestellt. 4 Er füllt sich, das wird überwältigend sein! (Mutter lacht) Mit einer erschreckenden Dokumentation!

Aber nein!

Jedenfalls... ich tue es sehr sorgfältig. Ich sammele alles, lege alles zusammen.

Aber es gibt einen, der diese Arbeit überaus schätzt, und das ist Nolini 5 . Einmal fragte er mich zaghaft: "Könnte ich wohl eine Kopie bekommen?" Ich sagte gut. Oh, das schätzt er! Und etwas wie die letzten Notizen, etwas Amüsantes, gebe ich ihm dann. Damit ist er glücklich. Er ist dir ewig dankbar! (Mutter lacht) Oh! Ohne dich, wäre das nie zustande gekommen, da kannst du beruhigt sein. Nie.

Gut, mein Kind.

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*   *

(Mutter steht auf, um hinauszugehen, und hält das erste Exemplar des Orpailleur in den Händen, das Satprem gerade aus Frankreich erhalten und ihr gegeben hatte)

Ich nehme dein Buch mit, oder...? Du willst es nicht haben?

Ich brauche es nicht.

Du willst es nicht haben. Mir gefällt es sehr, sehr – es ist ein sehr guter Freund (Mutter drückt das Buch an sich).

Ah! Ich müßte Briefe hier und dort nach Frankreich schreiben [um das Erscheinen des Buches bekanntzugeben]. An A habe ich schon geschrieben, aber ich muß ihm noch einmal schreiben. Doch ich nehme an, er weiß, daß es erschienen ist – er muß es wissen. Ich hatte ihm geschrieben, er solle das genau verfolgen...

Ich weiß nicht, ob es schon in den Buchläden ist, ich glaube es soll Anfang September herauskommen.

Oh, das war nur der Vorläufer!

Ich glaube. So lautete jedenfalls das Programm [von Éditions du Seuil].

Hast du ihnen gesagt, daß es angekommen ist?

Ja, ja, ich habe einen Brief geschrieben.

Hast du ihnen gesagt, daß du froh bist?

Ja, ja.

(Schelmisch) Hast du ihnen gesagt, daß Mutter froh ist? Darauf pfeifen sie! (Mutter lacht)

(Satprem, unerschütterlich): Sie wissen nicht so recht, wer das ist, "Mutter".

Nein, zum Glück! Zum Glück, mein Kind! Zum Glück.

(Beim Hinausgehen, auf der Türschwelle, erzählt Mutter Satprem, daß sie drei Romane sah, eine Trilogie, deren dritter über sie wäre. Sie fügt hinzu:)

Sri Aurobindo sagte mir während meinem Japa: I will help him all through. [Ich werde ihm bis zum Ende helfen.]

 

1 Der Architekt, der auch "Golconde", die Gästeherberge des Ashrams entworfen hatte.

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2 Vielleicht der Anfang von Auroville.

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3 Die Notiz ist nicht mehr erhalten geblieben.

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4 Die zukünftige "Agenda".

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5 Der älteste Schüler.

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